Vielleicht sprecht ihr in der Redaktion einmal darüber, dass diese geballte Informationsflut über das Negative in der nahen und fernen Welt Angst macht und Menschen Hoffnungen raubt. Und dass es zur Abstumpfung führt, Jedes und Alles Negative durch den Wolf zu drehen. Ich möchte auch in den Nachrichten einmal wieder etwas darüber hören, was ein Leben als gesellschaftliches Mitglied in diesem Land lebenswert und schön macht. Und nicht nur, was es bedroht, von Innen und von Außen.
Ihr macht Meinung in den Medien, Onkel Otto. Und Stimmung. Vergeßt das nicht.
Hallo
@Kobold ,
über diesen Beitrag von Dir habe ich sehr lange nachgedacht und auch mit der Antwort gezögert; ich habe sie gewissermaßen vor mir hergeschoben.
Ist das noch der Kobold, den ich von früher™ kenne?
Natürlich respektiere ich Deine Meinung und mir ist klar, dass Dein Bauchgefühl hier mit die Feder geführt hat - umgekehrt aber überlege ich auch, welchen Anspruch Du an die Medienmacher (in dem Fall, stellvertretend:
@OnkelOtto ) heranträgst und welche Erwartungshaltung Du zeigst.
Dein Bedürfnis nach einem weniger stressigen Tagesanfang mit entspannenden Nachrichten und weniger Hektik ist menschlich vollkommen nachvollziehbar. Allein, die Welt richtet sich nicht danach und wir werden plötzlich recht unsanft damit konfrontiert, wie sehr wir uns an die doch recht große Komfortzone gewöhnt haben. Wie empfindlich wir auf Störungen unseres Alltagsglücks reagieren.
Natürlich kann ich Deinen Wunsch nachvollziehen, aber ebenso weise ich ihn auch zurück. Denn hier setzt eine - durchaus nicht ungefährliche - Scheuklappenmentalität ein, wie sie mir vor längerer Zeit in der Verwandschaft begegnet ist.
- Exkurs -
Im Kern ging es um erzkonservative evangelikale (nicht: evangelische) Missionierung und das Streitthema Gleichberechtigung und Homosexualität. Bei diesen drei Pfeilern lag der Zoff spürbar in der Luft. Der evangelikale Teil der Verwandschaft löste den drohenden Konflikt durch Ausklammerung: Es wurde nicht mehr darüber geredet bzw. vom Familienoberhaupt ein radikaler Themenwechsel "befohlen". Für die Leute ist jetzt alles in Butter, denn wo nicht drüber gesprochen wird, gibt es auch kein Problem. Für die andere Seite mit u.a. mir als einem dieser liberalen Arschlöcher ist das frustrierend, denn das Problem ist unausgesprochen und ungelöst ein schwelender & schwebender Dauerbrenner, der nicht thematisiert werden darf. Nur: Wem ist jetzt damit gedient?
Die eine Gruppe belügt sich selbst, glaubt aber glücklich zu sein, die andere Seite würde ja gerne mal offen sprechen, darf aber nicht.
- Exkurs Ende -
Im vorgenannten Konstrukt wäre jetzt ein unabhängiger Beobachter und Berichterstatter
der Medienmensch, der diese Fronten darstellen müsste. Unter seiner Zuhörerschaft würden die glücklichen Menschen sagen: Lalala, das wollen wir nicht hören, aber mein Garten ist so schön. Und die anderen: Oh ja, da schwelt was, wie kriegen wir das Problem denn gelöst oder droht gar die Gefahr, dass da eines Tages die Bombe (nicht physisch) in der Mitte unserer Gesellschaft platzt?
Ich möchte auch in den Nachrichten einmal wieder etwas darüber hören, was ein Leben als gesellschaftliches Mitglied in diesem Land lebenswert und schön macht.
Ich weiß nicht, ob das die Aufgabe der Nachrichten ist. Wir reden hier über Nachrichten, nicht über Magazine, Boulevard oder die schönsten Eisenbahnstrecken.
Es steht Dir wahrlich frei, auf der Homepage der Tagesschau nur die Rubrik "Schlusslicht" zu lesen oder die mitunter augenzwinkernden Video-Blogs der Auslandskorrespondenten. Du kannst Dir im TV eine Mischung aus dem perfekten Dinner, den Wiederholungen der Zoo-Sendungen und 3sat nano anschauen. Vielleicht ist das Balsam für die Seele und Opium fürs Volk. Schön, dass wir die Freiheit dazu haben und ich gönne sie Dir auch.
Spätestens jedoch, wenn "das Volk" - wie aktuell in der Türkei? - Dein Begehr mehrheitsfähig zur Pflicht für Nachrichtenredakteure macht, ist es um die freie Berichterstattung geschehen, die eben auch ein Teil unserer Komfortzone ist. Selbst wenn die Nachrichten nicht immer so sind, wie wir sie gern hätten.
Aber wir sind hier nun mal nicht im Taka-Tuka-Land und daher müssen wir äußere Einflüsse nehmen, wie sie kommen.
Ich glaube zu wissen, dass Du alt genug bist um Tschernobyl miterlebt zu haben. Wie bist Du damals mit der sich ständig wechselnden Nachrichtenlage umgegangen? Hat der Kobold nun Pilze gegessen oder nicht - oder gar selbst gesammelt?
Mal ganz ehrlich: Was ist heute so sehr viel anders - abgesehen davon, dass wir beide älter geworden sind?