Das Ende des Telefon-Mitschnitts

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Mannis Fan

Benutzer
Ich hatte heute erstmals das Vergnügen, einem unserer hiesigen Radiosender in "Telefon-Interview" geben zu dürfen, das nicht wirklich über Telefon lief, sondern als Whats-App Sprachnachricht. Die Redakteurin stellte ihre Fragen über einen Festnetzanschluss, zeitgleich habe ich mit dem Smartphone über Whats-App Sprachnachricht geantwortet.
Beim Sender schwärmt man von der deutlich besseren Tonqualität und generell dem leichtern Handling, weil nicht im Sendestudio aufgezeichnet werden muss, sondern der Ton stets abrufbereit im Whats-App Eingang liegt, wo er bei Bedarf herausgeholt und dann im Studio zurechtgeschnitten werden kann.

Ich weiß nicht, ob das längst Standard ist und nur an mir bisher vorbeigegangen ist, aber ich bin ziemlich sicher, dass damit die Ära der Telefonmitschnitte, Telefoninterviews, Telefon-O-Töne etc., beendet wird.
 
Eine 12,-kg Nagra schleppt niemand mehr durch die Landschaft, alles muß zwanghaft digital sein und ein Telefon-Hybrid kennt kaum noch jemand.

So muß ein "Schmierphone" für alles herhalten, man muß öfter mal ein "APP" aktualisieren und brav immer aktuell zu sein und den Schwatzphone am Leben zu erhalten.

Ist das die Zukunft, mit dem Kram seinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen??

Habe selbst erlebt, wie ein Jungreporter Gage für einen Tag Arbeit haben wollte, obwohl auf seiner Speicherkarte nichts drauf war (ein Zugticket erhielt er dennoch aus Kulanz)!

Sorry für meine Ironie, aber möchte darauf nicht meine Existenz aufbauen müssen...

R.
 
Da werden also künftig nur noch Leute mit Whatsapp-Konto interviewt? ;)

Seien wir froh, dass wir noch die Zeiten mit ISDN-Qualität erlebt haben, als es noch kein Mobiltelefon und kein VOIP gab und als noch kein Minister Interviews aus dem fahrenden Auto auf der Autobahn im Funkloch gab. Zu meiner Zeit gab es schon die ersten Leute mit GSM, aber die wurden gefragt, ob sie kein Festnetz hätten, bevor es auf Sendung ging. Und wenn es nicht anders ging, wurde sich am Ende des Gesprächs für die schlechte Telefonqualität entschuldigt. Alles Geschichte.

Für das, was man heute tagtäglich zu hören bekommt, hätten sie bei Norddeich Radio die Gesprächsgebühren erlassen.

Vielleicht wird das mit Zoom oder Whatsapp wieder besser.
 
Leider berücksichtigt keine/r von den jungen Reporterfuzzies, daß die Mikrofonierung in solchen Fällen ans Katastrophale grenzt. Da der Interviewpartner schon den Festnetz-Handapparat (vulgo: „Hörer“) in der Hand hält, liegt das whatsappaufzeichnende Phone auf dem Tisch, selbstverständlich außerhalb des Hallradius. Hab ich schon unzählige Male moniert, es interessiert sie nicht.
 
Andere Variante, wenn es wirklich live sein soll: ein Wisch-O-Fon der Apfelmarke mit MuPro-App drauf nebst tauglichem USB-Mikrofon per Paket an den Gesprächsteilnehmer verschicken.
Geladen und entsichert (PIN und Fingerabdrucksensor…).
Begleitend ein Anleitungsvideo per Elektropost.

Kein Scherz, so geschehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
In Zeiten von Corona haben sich etliche Sender entgegen ihrer bisherigen Audio-Qualitätsansprüche auf Skype-, Whatsapp oder gar Televon-Interviews eingelassen. Ein Zwiegespäch mit Moderator über Festnetz und sofortige Antwort per Whatsapp-Audio ist da schon eine der cleversten Methoden. Vielfach werden Fragen per Text-Mail gestellt, der Interviewte schickt die Whatsapp-Audios. Wenn der Sender Glück hat, klingen die Antworten nicht wie aus dem Badezimmer.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aktualität vor Qualität. Established by CNN beim Golfkrieg 1991. Grüne Nachtsichtkamera-Klötzchenbilder i Briefmarkenformat mit hochgradig artefaktigem Reportersound. Ist also keine neue Erfindung. WhatsApp ist dagegen eine regelrechte Qualitätsoffensive.
 
Ebenfalls in Corona-Zeiten z.B. bei YT-Lifestreams oft anzutreffendes Verfahren ist Bild per Skype und wg. der bescheidenen Skype-Ton-Qualität die Sprache eines bzw. mehrerer Interviewter oder in beiden Richtungen per Telefon. Die Asynchronität - z.B. Bild hängt ggf. mehrere Sekunden - nimmt man zugunsten des Tons in Kauf.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und - weil ich sowas noch nie benutzt habe, ich habe kein Whatsapp - wie siehts hinsichtlich Artefakte aus? Weil: Lieber Ton nur bis 5 kHz, aber sauber als Ton bis sonstwohin, aber völlig verzischelt. Taugt Whatsapp auch in dieser Hinsicht?
 
Ich hab mal gerade was eingehustet, direkt in ein Huawei Phone ohne externes Mikrofon. Würde sagen, ist auf Augenhöhe, wenn nich etwas besser als G722
 

Anhänge

  • WhatsAppTest.wav
    2 MB · Aufrufe: 43
Zuletzt bearbeitet:
Was ist eigentlich dieses HD-Telefon per VOIP? Ich habe hier seit neustem ein Grandstream auf dem Tisch, mit HD-Symbol auf dem Hörer. Bei bestimmten Anrufern klingt das tatsächlich wesentlich breitbandiger.
 
Zur Telefonie kann ich beitragen, dass heute in den Netzen fast nichts mehr reinrassig per ISDN läuft. Daran sterben viel Faxlösungen, weil die Übertragung manchmal nicht sauber ist, und Notrufsysteme, weil der emulierte Anschluss keinen Status sendet. Mit HD-Telefonen, zu denen auch Softphones gehören, kann man G.722 mit ca. 7 kHz nutzen statt des üblichen G.711. Das funktioniert Ende-zu-Ende sauber, wenn denn beide Enden und die gesamte Übertragungsstrecke mit allen Netzübergängen keine Codec-Wandlung vornehmen. Aus der Vergangenheit (>> 10 Jahre) kenne ich Fälle, in denen Anlagenanschlüsse im Festnetz über IP mit G.723 oder anderen Bandbreite sparenden Codecs liefen.
 
Threema versucht offenbar, trotz der extrem niedrigen Bitrate mit LC-AAC zu arbeiten (oder ist das LD-AAC?). Klingt ziemlich zerkratzt. Ob das in HE-AAC besser käme, vermag ich aber auch nicht zu sagen. Kann mir aber vorstellen, dass ein solches Signal, durch ein (UKW-)Summenprocessing und danach nochmals durch eine HE-AAC-Strecke (DAB+) geschoben, nicht mehr viel übrig lässt. Das ist ja das Schlimme: die heute unvermeidlichen Kaskadierungen zunehmend radikaler Datenreduktionen, die eigentlich nach "so hohe Datenrate wie irgend möglich" beim Quellmaterial verlangen.

Was ist eigentlich dieses HD-Telefon per VOIP?
G.722: https://de.wikipedia.org/wiki/G.722

Und damit soweit ich das überblicke frei von Artefakte-Gematsche. Geht wunderbar vom O2-Mobilfunk auf Telekom IP-Festnetz. Deutlich besser als das olle Gemuffel und Geraschel. Direkte IP-Telefonie zwischen 2 Speedport W724 V Typ C mit analogem kabelgenundenem "Apparat" auf meiner Seite kommt so laut und klar, dass ich den Hörer teils auf Abstand halten muss.
 
Zuletzt bearbeitet:
G.722: https://de.wikipedia.org/wiki/G.722
Und damit soweit ich das überblicke frei von Artefakte-Gematsche..
Halbwegs zumindest, nach dem was ich bisher gehört habe. Ich persönlich kann mit der Audioqualität von G.722 bei moderaten Artefakten besser leben, als mit stark bandbreitenbegrenzter, "kaputter" GSM-Telefonie, die dann auch noch unter der Nebengeräuschunterdrückung der Mobiltelefone an Präsenz einbüsst.

Erinnert sich noch jemand an PKI? Diese Telefone von Philips (?) die zu ISDN-Zeiten auch 7kHz machten, das war auch schon G.722.
 
Ja, ich erinnere mich, dort war ich zu der Zeit beschäftigt. Kostete 2 B-Kanäle, und damit richtig viel Geld tagsüber.

PKI = Philips Kommunikations Industrie, bestand aus der ehemaligen TE KA DE (Nürnberg), F&G (Köln) und Data Systems (Siegen). 1993 wurde der letzte Bereich von Philips verkauft.
 
Von denen gibt es gerade ein Bildtelefon bei Ebay. Ich war als Kind mal mit meinem Vater bei einer PKI-Hauptversammlung in der Meistersingerhalle in Nürnberg, er hatte ein paar Aktien von denen.

Matthias
 
Das Verfahren, so wie ich es erlebt habe, ist zuerst einmal mit einem Aufwand für den Interview-Partner verbunden (insbesondere dann, wenn er gewohnheitsmäßig nicht auf und mit Whats App unterwegs ist, sich damit überhaupt nicht auskennt). Es ist also sicher nicht bei solchen Interviewpartnern anwendbar, die man vielleicht mit Engelszungen zu einem kleinen O-Ton überredet hat, oder die es sowieso lästig finden, dass sie einem Radiosender Rede und Antwort stehen sollen. Im Grunde wird vom Sender ein technisches Problem und der Aufwand outgesourced. Über Interviewpartner, die auf Anfragen erwidern "Kommen Sie mit Ihrem Aufnahmegerät vorbei, dann kriegen Sie Ihren Ton, aber machen Sie mir bitte keine zusätzlichen Aufwand damit", darf man sich dann nicht beschweren.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben