Neue Rundfunkgebühr

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AW: Neue Rundfunkgebühr

Zitat (Mino über Kirchhof) schrieb:
"Die Steuer greift in das Geldeigentum des Eigentümers ein, muss deshalb in ihrer Intensität und insbesondere im Übermaßverbot vor Art. 14 GG gerechtfertigt werden. Der Steuerpflichtige wird – jedenfalls bei der auf die Person zugemessenen direkten Besteuerung - aus dem Eigentum des Steuerpflichtigen, seiner Leistungsfähigkeit bemessen. Der Empfänger eines Rundfunkangebots hingegen zahlt die Abgabe, weil er das Angebot erhalten hat.
Die übliche Perfidie. Ich nenne das "Zweckgerichtete Definition". Natürlich ist es eine Steuer, jedenfalls de facto. "... weil er das Angebot erhalten hat." Wenn so etwas schon höre. Ja, er hat das Angebot erhalten. Aber wurde er gefragt? Hatte er die Wahl? Nein, es ist eine "Zwangsmitgliedschaft". Also nennen wir es wenigstens Zwangsabgabe.

Es wurde eine Lösung zur "Sicherstellung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks" gefunden, heißt es. Und wer sichert die Bildung oder die Kultur? Wie wär's also mit einer Zwangsabgabe für Theater? Und für Schulen gleich auch noch eine. Und froh müssen wir auch noch sein, weil jetzt nicht mehr kontrolliert werden muß, wer Rundfunkgeräte betreibt und wer nicht. Und das Schlimmste: Manche sind auch noch froh.
 
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Also, dann fasse ich mich auch mal kurz. ;) Für die Einordnung "Steuer oder nicht" kommt es auf das Finanzverfassungsrecht an. Eine Steuer wird zur allgemeinen Erzielung von Einnahmen erhoben und fließt in den allgemeinen staatlichen Haushalt, ohne Zweckbindung. Das ist hier nicht der Fall, denn das eingenommene Geld wird ja zur Finanzierung des Rundfunks verwendet. Also ist es aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht keine Steuer. Der Oberbegriff lautet Abgabe, die Steuer ist also eine spezielle Abgabe. Und die Gebühr ist ebenfalls eine öffentliche Abgabe. Da der ÖR Rundfunk in Form von Anstalten öffentlichen Rechts organisiert ist, werden üblicherweise Gebühren von den Benutzern erhoben, deshalb heißt es Rundfunkgebühren. Und auch Kirchhof hat in seinem Gutachten anerkannt, daß es eine Möglichkeit geben müsse, von der Zahlung von Rundfunkgebühren zu befreien, aus Billigkeitsgründen. Das müßten dann auch diejenigen Fälle sein, in denen jemand nachweist, kein Empfangsgerät "vorzuhalten". Auf den Ausnahmetatbestand bin ich noch gespannt, der Normtext wurde meines Wissens noch nicht veröffentlicht. Es gab übrigens Gutachten, die gezeigt haben, daß es ein Vielfaches kosten würde, wenn man die Rundfunkgebühren von den Finanzämtern einziehen ließe (das Vorbild Kirchensteuer wurde ja schon erwähnt). Die Verwaltungskosten der GEZ sind sogar sehr niedrig. Billiger geht es nicht. Die Rundfunkgebührenabteilung unseres Haussenders ist auch sehr bescheiden aufgebaut und eingerichtet. Und wenn ich tatsächlich für 1,40 Euro mehr endlich ein Programm ohne jede Werbung bekommen könnte, wäre ich sofort dabei. Die beste Zusammenfassung des Beschlusses, die ich bisher gefunden habe, verlinkt der Heise Newsticker, eine Pressemeldung bei der RLP-Landesregierung: http://www.rlp.de/einzelansicht/arc...-und-gerechteres-rundfunkfinanzierungsmodell/ Das war doch nun wirklich kurz, oder? ;)
 
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Ob letztlich Steuer oder nicht, der Gebühr, die Anstalten erheben dürfen, muss eine gleichwertige Leistung gegenüberstehen. Und dies wollte ich bezweifeln. Eine Gebühr ist das mit Sicherheit nicht, und die Frage ist nun, was Anstalten statt dessen zu erheben befugt sind.
 
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Wenn nun jeder Haushalt diese Gebühr bezahlen muss, dann könnten die Öffentlich-Rechtlichen doch auch Werbung verzichten, auch zum Vorteil für den Wettbewerb der Privaten.
 
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Also ist es aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht keine Steuer. Der Oberbegriff lautet Abgabe, die Steuer ist also eine spezielle Abgabe. Und die Gebühr ist ebenfalls eine öffentliche Abgabe.

Wie schön, dass wir für ein und dasselbe, nämlich dem Bürger Geld aus der Tasche ziehen, so viele unterschiedliche Bezeichnungen und juristische Heimathäfen haben. Wenn das eine mal nicht mehr funktioniert, einfach rüberwechseln zum nächsten...
 
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Es sieht auf jeden Fall nach einer erheblichen Vereinfachung aus. Die GEZ-Schnüffelnasen fallen auch weg. Über den Begriff "Haushalt" stolpere ich... Wahrscheinlich wird der Haushaltsvorstand das entscheidende Kriterium sein? Wenn der HartzIV oder sonstwie von den Gebühren befreit ist, zahlt der betreffende Haushalt nichts. Oder dann wieder doch, wenn Sohnemann einen Ghettoblaster im Schlafzimmer hat? Dann bräuchten wir die Schnüffler doch wieder?
Blicke nicht durch. :rolleyes:
 
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Eine personenbezogene Abgabe hätte Familien gegenüber bisher mehr belastet und ich denke, das wollten sie auf jeden Fall vermeiden.
 
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Was bisher niemand laut ausgesprochen hat, aber meines Erachtens mit ein Motiv für die Neuregelung gewesen ist, das ist das absolute Negativimage der GEZ und ihrer Eintreiber. Den Anstalten, die von diesen Aktivitäten ja profitieren, ist das anmaßende, grotesk inquisitorische Auftreten der GEZ-Blockwarte zuletzt immer peinlicher und unangenehmer geworden. Es fehlte ja nicht an Distanzierungsbemühungen im Sinne von "Wir sind nur der Auftraggeber, für die Art und Weise können wir nichts, wir verurteilen, wenn es zu Amtsanmaßungen und Überschreitungen der guten Sitten komt..." etc. bla bla.
So löst man dieses Problemchen nun eben mit dieser Reform elegant gleich mit.
 
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Du meine Güte, aus einigen Beiträgen springt einem ja die pure Unwissenheit entgegen. Dazu mal kurz ein paar Sätze von einem Menschen, der 10 Jahre im Privatfunk, 3 Jahre im Öffentlich-Rechtlichen und 6 Jahre in der Werbung arbeitet/gearbeitet hat...

1. Ein Werbeverbot ist alles andere als das, was sich die Werbetreibenden wünschen. Unternehmen WOLLEN im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Spots schalten. Denn die ARD erreicht insgesamt mehr Menschen als der Privatfunk. Ein Werbeverbot wäre also kontraproduktiv - für die ARD und für die Werbetreibenden. Mein Vorschlag und der vieler Werbekollegen ist, Werbung sogar noch auszuweiten in der ARD, was im Endeffekt die Höhe der Gebühr kompensieren könnte. Aber wegfallen darf sie nicht, weil -- wird in Punkt 2 erklärt --.

2. Natürlich wird niemand gefragt, ob er die ÖR-Programme in Anspruch nehmen will. Es wird aber auch niemand gefragt, ob er Demokratie, Meinungsfreiheit und Sparteninformation in Anspruch nehmen will. Das setzen wir in unserer Demokratie (zum Glück) voraus. Und: jeder zahlt Steuern nicht nur für kulturelle Angebote, sondern auch für Autobahnen, Flughäfen und Entwicklungsarbeit - ob er das nutzt oder nicht. Gemeinschaftsaufgaben werden solidarisch finanziert, Einzelne können dabei nicht berücksichtigt werden. Außerdem muss freier Journalismus finanziert werden. Pro7Sat1 finanzieren ihn nicht mehr. Oder wer von Euch informiert sich noch bei diesen Sendern? Freien Journalismus nicht auf eine gebührenfinanzierte Grundlage zu belassen, wäre der Tod dessen, was Journalisten selbst per Berufskodex definiert haben.

3. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sorgt für breite Berichterstattung und detaillierte Information - wie es der Privatfunk nicht leisten kann. Mangels Sendezeit (es zählen Musik, Comedy und Claims - weniger die Inhalte), mangels personeller Ausstattung und mangels der Möglichkeit, mit Information Geld zu verdienen. Das schaffen eben nur die öffentlich-rechtlichen Sender, die zwar auch "Quoten-Elemente" senden, die aber gleichzeitig das notwendige Geld dafür haben, Redakteure zu beschäftigen. Nicht zwei im ganzen Sender - sondern zwei pro Schicht (Nachrichten/Programm aktuell/Buntes). Qualität ist eben einfach teuer und lässt sich nur schwer refinanzieren. Da braucht es Mut (haben die Privaten nicht) - oder Gebühren.
 
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... die ARD erreicht insgesamt mehr Menschen als der Privatfunk. Ein Werbeverbot wäre also kontraproduktiv - für die ARD ...
Die Logik musst Du mir nochmal erklären.

Es gibt genau zwei gesellschaftliche Gruppen, die etwas von Werbung haben. Also eigentlich zweieinhalb, wenn man freundlich ist. Die eine Gruppe ist die der Konsumindustrie, weil die ihre Schokoriegel und Klingeltöne an den Mann oder die Frau bringen möchte, und die andere Gruppe ist die Werbeindustrie, weil die daran verdient, die Konsumindustrie bei ihren Plänen zu unterstützen. Von daher ist Dein Standpunkt ein klassischer Lobbystandpunkt.

Die halbe Gruppe ist die der Gebührenzahler, da der Gebührenbedarf theoretisch natürlich sinkt, wenn die ÖR ihre Kosten auch über Werbung teilrefinanzieren können. Nur zahlen sie die Programmkosten kann eben im Supermarkt mit, einschließlich des Aufschlags für die Werbeindustrie. Und sie erhalten statt eines reinen öffentlich-rechtlichen Programms bestenfalls eines, das von Werbeinseln durchlöchert wird; tatsächlich führt Werbung aber darüber hinaus noch dazu, dass auch die Programmbestandteile nach werbeattraktivität abgeklopft werden.

Deshalb kann es aus meiner Sicht für einen sauberen öffentlichen-rechtlichen Rundfunk nur eine Lösung geben: ein totales Werbeverbot.
 
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Würde ICH als Inhaber von, sagen wir, ALDI, nur noch die Hörer der Zeitungssender nutzen dürfen, dann entfallen für mich über 50 % der gesamten Hörer. Somit kann es für mich nur heissen : wenn ich nur noch die Hälfte der Hörerschaft erreichen kann, dann senke ich auch meine Ausgaben für die verbliebenen Hörer - sprich Zeitungsfunkhörer. Dann krepiert eben der Zeitungsfunk.
Ist das so korrekt, oder werd ich mal wieder von den Forensikianern zerrissen ?
 
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Da der werte User "Radiohit" meint, die "pure Unwissenheit" in vielen Einträgen beklagen zu müssen, sei ihm dieses Zitat kurz vorgehalten:
Und: jeder zahlt Steuern nicht nur für kulturelle Angebote, sondern auch für Autobahnen, Flughäfen und Entwicklungsarbeit - ob er das nutzt oder nicht. Gemeinschaftsaufgaben werden solidarisch finanziert, Einzelne können dabei nicht berücksichtigt werden.

... mit dem Hinweis, dass die Rundfunkgebühr per Definitionem nun eben gerade nicht eine Steuer ist und ihr auch juristisch nicht gleichgestellt.

Und bei folgender naiver Blauäugigkeit...
Außerdem muss freier Journalismus finanziert werden.
... darf man kurz mal belustigt hüsteln. Von der Brender-Diskussion bis zu Herrn Emig, von der Intendantenbesetzung in Bayern bis zur Arzneimittelreportage im Dritten-Programm, da ist vom "freiem Journalismus" soviel übrig geblieben, wie von der Steuersenkung der FDP nach der Bundestagswahl.
 
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