Radio: das unbekannte Massenmedium?

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AW: Radio: das unbekannte Massenmedium?

Kein Widerspruch. talkradio ist auch eines der ursprünglichen Formate. Daraus entwickelte sich einiges. Zum Beispiel das heutige inforadio.
Hier wird das sonst als Schimpfwort gebrauchte Verb aber eher positiv gesehen?. Wortbeiträge und Kommentare rotieren auch hier und es ist auch so gewollt. Nachrichten werden im Laufe des Tages nach und nach ergänzt und variiert. Und es läuft nach einer Stundenuhr, auch richtig.

Viel interessanter wäre allerdings wie sich SPD und Grüne einen Infokanal für Rheinland-Pfalz vorstellen. Papier ist geduldig, es muss mit Leben gefüllt werden. Auf welchen Frequenzen? Welche swr-Welle muss bluten oder soll es eine Mittelwellenveranstaltung werden? Nicht dass das Vorhaben daran scheitert dass es technisch nicht durchführbar ist? Die Frequenzsituation ist entlang der Landesgrenzen ziemlich dramatisch und eine 250-Watt-Frequenz in Idar-Oberstein wird die Sach nicht reissen?
 
AW: Radio: das unbekannte Massenmedium?

Beide Bücher sind durchaus interessant. Schon unter dem Blickwinkel der Verfasser. Im ersten ist von der Vielfalt der privaten Sender die Rede...
SWR Info - also doch, wie gedacht. Eine 300-Watt-Funzel in Stuttgart. Schon immer stark interferenzbelastet, da DasDing aus Mannheim mit 4KW auf gleicher Frequenz.
Nun, dann wird es wenigstens den Landtag erfreuen.
 
Forschungsleitfrage? Verallgemeinerbar?
"Der Hamburger Radiomarkt ist mit dem Oligopol aus den diversen NDR-Programmen einerseits und der Radio Hamburg/Oldie 95-Combo andererseits extrem vermachtet und betoniert, ein Unternehmen wie alster radio muss hier – um zu überleben – flexibel seinen Platz im Umfeld der „Big Elephants“ immer wieder neu bestimmen. Das geht nicht ohne Risiko und tut manchmal heftig weh, wenn man nicht genügend aufgepasst hat und den Grossen ins Gehege gerät. Ein bisschen ist uns das auch im vergangenen Jahr passiert." (Ulrich Bunsmann)
 
Es sind nicht immer die bösen Großen schuld, wenn einem ehrgeizigen Kleinen der Aufstieg misslingt. Das ist die wohlfeile Ausrede, die aber nicht davon ablenken kann, dass man ohne eigene Ideen und nur durch Imitation der Großen nichts reißt, weil man weder die Materialschlacht gewinnen kann, noch die technischen Reichweiten gerecht verteilt sind, und auch beim Personal die Zweitligaspieler bestenfalls für eine einzelne Pokalüberraschung gut sind, niemals aber in der ersten Liga dauerhaft bestehen können. Bittere Wahrheiten, aber so isses.
 
Alsterradio oder alster radio ist aber kein "ehrgeiziger Kleiner", dem "der Aufstieg misslingt". Alsterradio ist fast ein Pionier des Privatradios - und dass die Welle bis heute überlebt hat, ist fast eine Sensation. Es war ja schon interessant, wie der Sender vor Jahren - trotz blendender Zahlen - sein Format radikal änderte und aus einer Schlager- eine Popwelle wurde. Die Wahrheit dürfte tiefer liegen. Strukturell.
 
Guter Artikel, danke für den Link, O-Ton!
(Sollten sich all diejenigen mal gründlich durchlesen, die die mehrteilige Privatradio-Chronik von laser558 (in einem parallelthrad) als das intellektuelle Non-Plus-Ultra feiern.)

Ein Schlüsselsatz aus dem von O-Ton verlinkten Artikel:

es ist genau die Summe dieser Qualitätsminderung, die mehrfach den Hörern als Reform verkauft wurde, die jene Erregung erzeugte, die sich im Protest zeigte.
Eine ganz wahre Erkenntnis: Wir bekommen "Reformen" vorgesetzt, bei denen es sich in Wahrheit seit Jahren um die Ausmerzung von Qualität handelt.

Und auch dies ist eine Wahrheit, die für viele Radioanbieter noch ganz bitter werden kann:
Wer nur das hören möchte, was er weitgehend kennt, braucht keinen Hörfunksender mehr.
Eine sehr gute Beobachtung:
Wie sehr fast alle Wellen davon ausgehen, dass der Zuhörer nicht ganz bei der Sache ist, merkt man daran, dass gegenwärtig jedes noch so kurze Interview mit einer Zusammenfassung dessen endet, was in den drei oder vier Minuten zuvor gesagt wurde.

Und zu Sinn und Zwecdk eines Musikformates:
Gerade weil dieses Angebot durch das besondere Subjekt (der Moderator, Anm. v. Mf) verbürgt wird, kann es also nicht durch einen Algorithmus eines Computerprogramms (Musikplanungssoftware) ersetzt werden. Gerade weil es ein Anderer ist, den ich an Stimme und Gestus zwar wiedererkenne, ohne ihn persönlich je kennengelernt zu haben, vertraue ich mich seinem Angebot einer Reise durch die Unendlichkeit des Musikangebots an. Als Anregung wie als Alternative zum eigenen Plattenschrank und der eigenen Festplatte.
 
Ich werde (da) heute nacht noch etwas beisteuern, da darfst Du dann weiterfeiern... Aber eben läuft der Graf und dann sehen wir weiter. Also am Ball bleiben.
 
Auch ich finde den oben verlinkten Artikel zur intellektuellen Hochrüstung sehr gut. Er bietet eine gute Analyse der Probleme der sogenannten Kulturprogramme. Insofern ist er eine willkommene Ergänzung zu den mittlerweile unglaublich vielen klugen Streitschriften der Radioretter. Überhaupt zeichnet sich die Radioretter-Initiative dadurch aus, daß da sehr sachlich und analytisch die Worthülsen und rhetorischen Tricks der WDR-Chefetage bloßgestellt werden. Das hat letztere immerhin schon dazu genötigt, mehr zu tun als das sonst übliche Aussitzen oder Diffamieren.

Was aber völlig fehlt, ist eine genaue Definition, was öffentlich-rechtlicher Rundfunk (in seiner gesamten Breite) leisten sollte. Aus dem schwammigen theoretischen Auftrag und Profil im Rundfunkdingsda können die Macher im Prinzip alles und nichts ableiten, und man fällt ihnen so lange nicht in den Arm, wie die Quoten stimmen. Unwidersprochen ist das das Ziel:
Intellektuelle Hochrüstung schrieb:
2003 wollte man mit einer umfassenden Reform zwei Dingen begegnen, zum einen dem von der Marktanalyse (MA) registrierten allgemeinen Zuhörerschwund von WDR 3 und zum anderen dem Alterungsprozess unter den verbliebenen Zuhörern.
Nun scheint das das Ergebnis der Reform von vor zehn Jahren gewesen zu sein:
Intellektuelle Hochrüstung schrieb:
Am Zuschauerschwund hat das, müsste die Bilanz knapp zehn Jahre später lauten, nichts geändert, auch hat man so kaum einen jüngeren Zuschauer gewonnen. Wird das Scheitern einer solchen Reform bilanziert?
Ich lese daraus: Hätte die 2003er Reform zu MA-Zuwächsen geführt und jüngere Hörer in Scharen gewonnen, dann wäre alles paletti gewesen. Gerade das ist aber der große Fehler, den alle, auch viele Kritiker, begehen. So lange keiner bemerkt, daß hohe Quoten niemals das alleinige (!) Kriterium sein dürfen, einem öffentlich-rechtlichen (!) Sender Erfolg oder Mißerfolg zu bescheinigen, haben die Macher im Prinzip weiterhin freie Hand zu tun, was immer sie unter der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags zu verstehen meinen. So lange die Quoten stimmen.

Es fehlt dringend ein genau definiertes Ziel (Was will ich liefern? Wen will ich erreichen? usw) und ein gutes Maß, die Erfüllung dieses Ziels zu bewerten. Ohne ein solches Maß gehen alle Proteste und Forderungen, und seien sie noch so wohldurchdacht und -formuliert wie die der Radioretter, letztlich ins Leere.
 
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