Du hast das Problem gut umrissen, aber vergessen zu erwähnen, dass Klassik Radio das spitzeste Format bedient, das man im internationalenn Radiobusiness findet. Es darf sich nur deshalb im deutschen Äther tummeln, weil es den großen Verlagsradios nicht ans Bein pinkelt und weder der "Hot-AC"- noch der Oldieschiene Hörer streitig macht.
Klassik Radio war ursprünglich eine Gründung von Gruner & Jahr. Klassik Radio wird gern von den Medienanstalten genommen. Tritt keinem auf die Füsse und bietet "Programmvielfalt".
Übrigens: Der ZDF-Vorabend mit seinen Krimis hat innerhalb der agenturrelevanten Zielgruppe gute Werte, trotzdem läuft in den Werbepausen immerzu nur Kukident- und Lifta-Werbung. Fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen fallen eben nur die Krümel ab, da haben die Agenturen kein Mitleid, egal was die Zahlen sagen. Auch die Abendschiene mit ihren Montags-, Freitags-, Samstags- und Feiertagskrimis erfreut sich starker Quoten innerhalb der Zielgruppe, aber Werbeschaltungen sind um diese Uhrzeit sowieso nicht drin.
Die Quoten von ARD und ZDF sind auch nicht schlecht. Zur Altersverteilung. Das ZDF hat zwischen im Vorabendprogramm eine Reichweite (ZG 14+) von 2,61 Mio. Zuschauern, RTL/SAT1/Pro7 erreichen kumuliert 5,68 Mio. Zuschauer, jeweils ab 14 Jahre. In der Zielgruppe 14-49 erreicht das ZDF aber lediglich 0,37 Mio. Zuschauer, d.h. rund 85% der Zuschauer sind älter als 50 Jahre.
Bei den drei privaten sind 2,33 Mio. = ca. 41%. ARD und ZDF haben im TV-Vorabendprogramm eigentlich keine Vermarktungsprobleme (ZDF ist meist ausgebucht), sie sind sehr wirtschaftlich für Werbungtreibende, wenn es gilt ältere Zielgruppen zu erreichen.
Es ist nicht schwer mit ein, zwei printeigenen und landesweiten Radioketten Geld zu verdienen, noch dazu wo man sich dank der oligopolfreundlichen Gesetzeslage faktisch jede Konkurrenz bequem vom Hals halten kann. Das geht sogar mit einem grauenerregend thrashigen und über die Maßen uninteressanten Musikradio, das mit schlafwandlerischer Sicherheit an beinah allen Geschmacksvorlieben vorbeizielt ("Hot AC" gilt in Nordamerika als ergänzendes Zusatz-/Alternativformat, Oldies/"Classic Hits" ebenso). Kleine Stationen, die kein landesweites, konkurrenzbefreites Sendernetz ihr eigen nennen, kämpfen aber schon lang ums Überleben, zumal sie durch die printfreundliche Beraterkultur unserer Tage quasi zum Gleichschritt gezwungen werden.
Wer zwingt denn diese Stationen "printfreundliche" Berater zu engagieren? Zumal, ich habe schon ahnungslose Berater erlebt, aber "printfreundlich" waren die eigentlich nie. Sorry, die Geschäftsführung heißt Geschäftsführung, weil die die Geschäfte führt. Wenn ich Pilot bin, muss ich auch fliegen können. Wer beschließt nicht zu wachsen, bleibt ein Zwerg. Mein Mitleid mit etlichen Stationen hält sich sehr in Grenzen.
Dass der Monopolist sichere Einnahmen verzeichnen darf versteht sich wohl von selbst; die Alternativlosigkeit im Anbieterbereich und die schiere Reichweite durch die vorhandene Frequenzausstattung zwingen potente Anzeigenkunden mit dem existierenden Werbeträgern Vorlieb zu nehmen. Es fragt sich nur wie es um die Wirtschaftlichkeit der verlagseigenen Radiosparte bestellt ist, wenn man die Einnahmen um die immensen Sendekosten bereinigt. Da fahren wohl wirklich nur noch ein paar ganz große Platzhirsche eine nennenswerte Rendite ein; und selbst die mussten in den letzten Jahren sparen dass es nur so kracht, sonst wär' vom schönen Geld wohl nicht viel übrig geblieben. Aber wie lange kann man noch von der Substanz zehren und den unmöglichen Status Quo fortschreiben?
Ein Monopolist oder Oligolist fährt immer entsprechende Gewinne ein, die höher sind. Die Landesmedienanstalten veröffentlichen regelmäßig eine Wirtschaftlichkeitsstudie. Ein landesweiter marktführender Sender kommt, wenn er gut geführt ist auf eine Umsatzrendite von 25 - 35%, mit einem guten Lokalsender sind 15-20% Rendite machbar. C- und D-Sender arbeiten meist mindestens kostendeckend, bzw. mit Verlust. Gespart wird nicht nur beim Radio. Richtig ist, fast alle Sender haben kaum noch Reserven. Es reicht fürs tägliche Programm, Redaktionsressourcen sind kaum noch vorhanden.
Die Reichweiten sind laut MA immer stabil, versuch mal ohne sündteure "Alternativstudie" das Gegenteil zu beweisen. Zumindest strafen alle kleineren Umfragen bezüglich des Hörverhaltens die MA Lügen und zeigen ausnahmslos gegenläufige Trends auf. Dass selbständige Lokalsender ("Radio NRW" ist ja kein Lokalsender im eigentlichen Sinne, sondern ein regionalisierter Monolith) im Geld schwimmen ist mir neu, angeblich hält man sich gerade so über Wasser.
Kommt in NRW auf die Region an. In den Stadtsendern wird schon ganz gut verdient. Die MA ist trotz aller Kritik immer noch eine valide Studie, aber sie begünstigt große Sender. In Bayern gibt des die Funkanalyse, die nach MA-Standard durchgeführt wird. Sie bildet den Lokalfunk schon gut ab. Die kleineren Umfragen? da muss man sich schon sehr genau die Methodik anschauen, da wird viel mit der heißen Nadel geforscht.
Den großen Markenhersteller, der vor allem die Reichweite im Blick hat, interessiert die Media-Analyse mit ihren Einzelergebnissen sowieso nicht. Und da können kleine Klitschen sowieso nicht mithalten.
Gerade Markenartikler bzw. ihre Mediaagenturen nutzen die MA und ohne MA-Ausweisung läuft gar nichts. Es werden aber zumeist die Werbekombis gebucht, da gibt es einen Kombirabatt on Top, die Agentur spart Arbeit und der Streuplan würde auch bei Einzelbuchung in den meisten Fällen fast gleich sein.