AW: Seitenhieb auf Sunshine-Live; gerechtfertigt oder nicht?
Au man die Experten hier wieder:
Nu!
Der Seitenhieb auf sunshine live wurde auch von so einem Experten geschrieben, der vielleicht Ahnung von einem bestimmten Musikgenre hat, jedoch vom (kommerziellen Radiobiz) offensichtlich null Ahnung hat. Dies wird deutlich wenn man sieht wo der Herr her kommt – von einem Internetradio. (bzw. vorher öffentlichrechtlicher Rundfunk)
Mit solchen Theorien wäre sehr, sehr vorsichtig. Immerhin beschreibt der Blogger Tatsachen, die mir als ehemaligem SSL-Hörer durchaus schon vor vielen Jahren sehr sauer aufgestoßen sind und die sich offenbar keineswegs geändert zu haben scheinen. Da werden Dinge genannt, für die man wirklich kein Kommerzfunkbizler zu sein braucht, weil diese selbst und nicht selten auch gerade für einen solchen gar nicht gehen, aber dazu nachher.
Das jedoch zwischen der Unterhaltung eines Webradios und der eines nationalen Spartensenders mit Abstrahlung im Kabel, Satellit und ukw welten liegen wurde mal wieder schön ausgespart.
Was hätte denn da angemerkt werden sollen? Dass man von einem kommerziellen Rundfunkanbieter mehr erwarten kann als Webradiomanieren?
Aber gehen wir mal ein stück in die Historie:
Gern. Ich habe gerade mal im Schrank geschaut. Dort steht eine CD herum: Getaped am 2004-01-04, also vor weit über 6 Jahren. Darauf befindet ein Stück "special squad" und "session deluxe". Ich kann ziemlich sicher sagen, dass diese Sendung damals fast das letzte war, was ich gehört habe, denn da sich mit dem neuen Jahr ein paar Programmänderungen ergaben, die auch für mich nicht mehr erhörbar waren, war Schluß für mich als Hörer. Ich kann also nur für "damals" reden, finde jedoch durchaus in dem Blog, der allerdings durchaus kein Seitenhieb ist, einiges altbekanntes wieder.
Da wäre zum einen das geistesentrückte Schreien ins Mikrofon. Das war zwar nicht Gang und Gäbe, jedoch fand ich es in der Tat saudämlich, dass abends 18.00 oder 19.00 Uhr einer wider aller Limiter "Guten Morgen liebe Studenten" brüllte, was jedem Empfänger nur noch Rechtecke entlockte.
Keine Ahnung, wie lange der Typ diesen gesellschaftswidrigen und normalerweise abmahnreifen Scheißdreck noch abgezogen hat, aber, lieber Hitarbeiter, komm' mir nicht mit "öffentlich-rechtlich", wenn das irgendjemand kritisiert. Das gleiche gilt für das Duzen der Hörer, was ich noch nicht mal als wirkliches Problem ansehe, sondern vielmehr noch für das Auftreten der Moderatoren mit halben Identitäten. Auch bei einem Programm, dass sich nahezu ausschließlich an Teens und Twens einer eingefleischten Hörerschaft wendet, kann man seriös auftreten, ohne Hörernähe zu verlieren. Dazu gehört, dass Moderatoren und Nachrichtensprecher sich vorstellen - ebenfalls nicht nur im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Du glaubst also, irgendein dahergelaufener Webradiofritze würde sich ernsthaft über so ein Detail aufregen, wo doch in der Branche eher normal ist, sich hinter Scheinidentitäten, die nicht einmal ernsthafte Künstlernamen sind, und Nicknames zu verstecken?
Weiter bekannt kommt mir der Vorwurf des "Privatfunks auf niedrigstem Niveau". Vor 6...7 Jahren musste man schon sehr genau wissen, zu welcher Zeit man welche Sendung hören wollte. Erträglich wurde SSL zumindest damals immer erst abends "after work" und in den Specials, wenn die Plattenteller rotierten. Das Tagesprogramm bestand aus übelster Konsummugge in Minirotation, oftmals präsentiert von einem scheißfreundlich hyperventilierenden Girlie. Moderation konnte man das nicht nennen. Einziges Highlight zwischendrin: Der halbstündige Dance-Klassiker, der nicht selten wirklich echte House-Klassiker aus den 80ern, meist aber 90er Dance-Stuff hervorbrachte. Vor allem solche Titel, die andere damals bis über die Kotzgrenze totgeleiert hatten um später und bis heute so zu tun, als hätte es sie nie gegeben und als wäre es ein Verbrechen, sie heute weitläufig im Programm verstreut mit anzubieten. Das war das einzige tolle im normalen Tagesprogramm.
Was dann passierte fasst der ausschnitt aus wikipedia eindrucksvoll zusammen:
Evosonic unterwarf sich nicht den Konventionen des Formatradios, sondern ließ seinen Musikredakteuren und DJs, die größtenteils auf eine Gage verzichteten, viel Freiheit.
Dass dem nicht konsequent so war, habe ich gerade aus der Vergangenheit geschildert und das scheint sich ja nicht geändert zu haben.
Allerdings verspielt der Blogger auch bei mir Sympathie, weil er zu seinen Betrachtungen von Stilrichtungen offenbar vergaß, die Scheuklappen abzunehmen.
Aus diesem Grund kann ich solche Meinungen wie die des herrn böttcher die sich ausschließlich mit der Klangfarbe beschäftigt einfach nicht akzeptieren. Und wenn ich mir das Programmschema von ssl anschaue finde ich da sehr wohl verschiedene Spielarten elektronischer musik und eben nicht nur trance.
Mit Blick auf meine Erinnerungen an SSL vor einigen Jahren kann ich sagen, dass es zumindest abseits vom Tagesprogramm mit der Konsummugge aus der Automation damals schon alles für jeden Geschmack gab. Dazu sollte ich vielleicht sagen, dass ich kein Hirnamputierter (nein, dass hat keiner geschafft) oder dichtgedröhnter Schmalspurelekrolyt bin, sondern immer schon das gehört habe, was mich anspricht und was mir gefällt. Ich hatte auch nie Verständnis für diese Strichexperten, die für jeden Track ein eigenes Genre erfanden und verächtlichst auf jeden eindroschen, der den Namen dann nicht kannte oder etwas anderes hörte. Solche Gebahren der Fangemeinde waren und sind Ausdruck extremster Intoleranz und absoluten Unverständnisses. Das hat nichts damit zu tun, Freund elektronischer Musik zu sein. Entsprechende Äußerungen braucht wirklich keiner ernst zu nehmen.
Ich habe keine Ahnung, wie sich SSL heute anhört. Ob der Blogger wirklich Recht hat, müsste ich schon selbst beurteilen. Alles kann jedoch schwer aus der Luft gegriffen sein und insofern ich in vielen Punkten altbekanntes entdeckte, glaube ich da sehr wohl dran.
Übrigens finde ich es merkwürdig (im Sinne von "würdig zu bemerken"), dass du, Hitarbeiter, so extrem viel Wert darauf legst, immer wieder festzustellen, dass dieser oder jener so gar keine Ahnung von kommerziellem Rundfunk hat. In meinen Augen und Ohren tust du damit nichts andres, als zu untermauern, dass die Kritik gegenüber SSL bezgl. typischer bzw. unterster Privatfunkmanieren durchaus berechtigt und angebracht ist. Immerhin scheinst du sehr genau zu wissen, um was es dabei geht.