Die große Frage ist: wollen wir die jetzige Rundfunklandschaft mit ihrer nationalen, regionalen und lokalen Versorgung aufrechterhalten
Mit diesem Ziel habe ich zwei Probleme: Zum einen: Wo gibt es denn in Deutschland überhaupt Lokalfunk?
Von den 13 Bundesländern (die drei Stadtstaaten lasse ich mal weg, weil dort die Unterscheidung zwischen Lokalfunk und landesweitem Funk keinen Sinn ergibt) haben sechs (Niedersachen, Schleswig-Holstein, Mecklemburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen und Hessen) nie Lokalfunk ausgeschrieben. Dort gibt es gar keine Lokalsender, die mittels DRM+ vor der Übermacht der DAB-geplusten überregionalen Sender geschützt werden müssen. De jure gibt es Lokalfunk überhaupt nur in sieben Bundesländern: Brandenburg, Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen,Rheinland-Pfalz und dem Saarland.
Der Lokalfunk in Sachsen ist eine absurde Pseudoveranstaltung, das muss man, glaube ich, gar nicht groß erläutern, sowohl Energy Sachsen als auch die „Punkt“-Sender sind eigentlich ein landesweites Programm. In Brandenburg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sendet die Radio-Group, die personell wie inhaltlich so wenig auf die Waage bringt, dass man dort m.E. auch nichts schützen muss. Jeder Supermarkt schafft mehr Arbeitsplätze, und jedes Anzeigenblättchen trägt mehr zur Meinungsvielfalt bei als die Radiogroup-Sender. In NRW regiert das „Zwei-Säulen-Modell“; Radio NRW dringt seit längerem darauf, endlich offiziell landesweite Spartenprogramme anbieten zu dürfen. In Baden-Württemberg wird das Lokalfunkkonzept immer weiter ad absurdum geführt, zum einen durch die Programme, die sich eher über die Sparte auszudifferenzieren versuchen und den Lokalbezug lediglich als lästige Lizenzauflage betrachten, und zum anderen weil die LfK die Ausbreitung von Programmen auf mehreren Lokalfunklizenzen zulässt, ja sogar bewusst befördert. Außerdem ist die UKW-Verbreitung in BaWü aufgrund der Topographie und der Abstimmung mit der Schweiz und Frankreich problematisch, so dass selbst die Lokalsender davon profitieren würden, könnten sie regionale Gleichwellennetze mit kleiner Leistung betreiben. Am ehesten noch richtigen Lokalfunk gibt es in Bayern, also genau in dem Bundesland, wo DAB+ am weitesten fortgeschritten ist. Aber auch dort gibt es Tendenzen zur Vereinigung, und auch senden die Lokalsender (außer in den Städten) sei jeder auf regionalen Frequenzketten, nicht auf der einen lokalen UKW-Frequenz.
Das andere Problem, das ich mit dem Ziel „die jetzige Rundfunklandschaft [..]aufrechterhalten?“ habe, ist, das es darauf hinausläuft, den Status Quo der jetzigen Anbieter zu erhalten. Mit einem Ziel, örtliche Privatfunkmonopole oder –duopole zu erhalten, kann ich mich nicht identifizieren.
Bezüglich der Entwicklung des Digitalfunks ist es doch so:
Entweder – Szenario Eins – DAB+ setzt sich durch. In drei Jahren ist der „Break even“ erreicht, die mehreren Millionen DAB+-Radiogeräte in den Haushalten bewegen die landesweiten Sender, nun doch bewusst auf DAB+ zu setzen oder in bundesweite Sender zu investieren, das attraktivere DAB+-Angebot wiederum führt zu weiter steigenden Radioverkäufen usw. Dann werden die Lokalsender entweder auf lokale DAB+-Muxe wechseln können (die Gefahr, dass für diese dann kein Platz ist, sehe ich wirklich nicht; es gibt 38 DAB-Kanäle), oder aber die Landesmedienanstalten drängen darauf, dass sich die landesweiten Sender sukzessive von UKW zurückziehen und analoge UKW-Kapazitäten an den Lokalfunk wandern. Investitionen in DRM kosten genauso wie Investitionen in DAB+, dann kann man auch ins bestehende System investieren. Nach DRM+ wird dann kein Hahn mehr krähen.
Oder – Szenario Zwei – DAB+ scheitert, der Bundesmux wird aufgelöst, die Landesmuxe schalten nacheinander wieder ab. Wenn dann die LMK ihre DRM-Sender in den Testbetrieb schickt, werden weder die frustrierten DAB+-Hörer noch die „UKW-reicht-mir“-Fraktion in DRM-Geräte investieren.
DRM+ wird so oder so nicht kommen. Sehr wohl aber sorgt die Debatte um DRM+ dafür, dass die Wahrscheinlichkeit, dass DAB+ sich durchsetzt, geringer wird. Und das scheint mir das eigentliche Ziel der Debatte zu sein. Es ist ja auffällig, dass die RPR-Untermieter-Behörde die Debatte ausgerechnet zu dem Zeitpunkt startet, an dem DAB+ dabei ist, ansatzweise eine Marktdurchdringung zu erreichen. Ich will Dir persönlich nichts unterstellen, aber bei der LMK ist man entweder völlig naiv, oder man spielt mit gezinkten Karten. Und am Ende wird es den Sendern doch nichts nützen, denn ein Fortschreiben des Stillstands im Radiomarkt wird nicht dazu führen, dass die Geschäftsmodelle der Verlegerfunker in alle Ewigkeit fortgeschrieben werden, sondern es wird dazu führen, dass Radio als Medium überhaupt immer irrelevanter wird. Und das möchte ich als Radiofan wirklich nicht.