Bayern1 und der Oldiewahn

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ricochet schrieb:
Der Aberwitz hat Methode...

Die Werbe- und Beratermesalliance will ihr krudes Geschäftsmodell perpetuieren, hat aber keine Antworten auf die veränderten Bedürfnisse einer anspruchsvolleren, fragmentierteren Gesellschaft. Langsam dämmert diesen Leuten, dass der abgestandene Oldiemix bei den meisten Hörern nicht mehr verfängt und so suchen sie ihr Heil in einer "behutsamen aber konsequenten Programmverjüngung".

Damit öffnen sie aber erst recht die Büchse der Pandora, weil junger Gegenwartspop mit den musikalischen Vorstellungen einer reiferen Hörerschaft prinzipiell unvereinbar ist. Musikformate mit erwachsener Gegenwartsmusik sind in Deutschland praktisch nicht existent und so quälen die inspirationslosen Consulter ihre armen Opfer mit grauenvollen Mischungen aus Klassikern und brandaktuellem Top-40-Hip-Pop. Wie man ohne Not so eine Bauchlandung hinlegen kann ist mir völlig unverständlich; wenn man bedenkt, welche Marktpenetration mobile Endgeräte heute schon erreicht haben ist es mehr als fahrlässig, die wenigen treuen Hörer, die diesen verqueren Formaten geblieben sind auch noch in die Flucht zu schlagen. In diesem Zusammenhang von "Beraterterror" zu sprechen ist gar nicht so falsch, gepaart mit einer Spur Todessehnsucht, die man gemeinhin den Lemmingen zuschreibt.​

Und so etwas an einem friedlichen, ruhigen Sonntagabend. Da ich den User nicht mit dem vielleicht ersten "gefällt mir nicht"-Button ausstatten möchte, nur ein deutliches herzhaftes AAAAAAAAAHHHHHHHHH.
Gnädigerweise.

Musikformate mit erwachsener Gegenwartsmusik sind in Deutschland praktisch nicht existent
? Hat sich da nicht ein Denkfehler eingeschlichen? Oder ein Flüchtigkeitsfehler? Oder ein Tippfehler?

grauenvollen Mischungen aus Klassikern und brandaktuellem Top-40-Hip-Pop.
Sie entwickeln Geschmack? Seit wann?

gepaart mit einer Spur Todessehnsucht, die man gemeinhin den Lemmingen zuschreibt.
Nach dem Studium Ihrer Beiträge hole ich öfters auch mal die Knarre aus dem Schrank.
 
P.S.: SWR1 und hr1 zeigen ja auch, dass man ein geschmackvolles erwachsenes Musikprogramm hinkriegt, wenn von gegenwartsbezogen auch nicht unbedingt die Rede sein kann. SWR1 und hr1 sind zwar nicht für jeden geeignet (in diesen Regionen gibt es ja noch eine begrenzte Auswahlmöglichkeit), aber sie treffen mit ihrer stimmigen, abwechslungsreichen und gehaltvollen Playlist zweifellos den Geschmack der exakt definierten Hörerschaft. Gerade im Adult-Contemporary/Soft-Rock-Bereich geben auch die 90er- und 200er-Jahre eine Menge her, wie ein Blick auf die US-Radioannalen beweist. Doch im deutschen Hörfunk ist davon wenig bis gar nichts zu finden. Es ist schon klar, dass deutsche Programme nicht einfach im Ausland abkupfern können, was sie auf Beratergeheiß aber üblicherweise tun (wobei die Vorbilder meist fragwürdiger Natur sind).
 
Thema Geschmack
Ja, natürlich. Sie etwa nicht, Kaiserliche Eminenz?
Ich besitze einen solchen. Obwohl ich oft wegen meiner Deutschpop-Affinität verulkt wurde.
Hört, hört:
Mit obigem Beitrag bin ich einverstanden. Bis auf den letzten Satz. Das stimmt so nicht.
Aber sonst einmal eine korrekte Aussage der ich zustimme.
Es weihnachtet sehr. Auch bei ricochet.

Ich verleihe jetzt ein "Gefällt mir" und lasse den Sonntagabend harmonisch und firedlich ausklingen.
Ich erkenne mich gar nicht wieder.
Die Knarre kommt wieder in den Schrank.
 
Das liebe ich immer, wenn sich die Leute, in diesem Falle empire1970 und Ricochet hier im Forum höchst höflich, aber auch zugleich höchst humorvoll begegnen und versuchen, mit erst genanntem sich kund zu tun, dass sie irgendwie nicht gleicher Meinung sind. Machen Sie bitte weiter so, Herr Kaiser empire1970 und, meine Majestät, Herr Ricochet!

Zum eigentlichen Thema:
Bayern 1 habe ich schon lange abgeschlossen. Fahrten durch den Freistaat verlaufen entweder mit B3, B5 oder dem DLF. Nur schade, dass die noch so viele Hörer haben...
Wilde Spekulation:
Der BR orientiert sich am WDR. Dort gab es einst ein Schlagerprogramm namens WDR 1. Dann kam 1984 WDR 4 dazu, wodurch man das erste Programm über ganze elf Jahre hinweg zur Jugendwelle umbaute. Beim BR gab es einst (vor 1996) ein Schlagerprogramm, das hieß damals Bayern 1. Man baute es einst zum Oldiedudler aus, am 30. September 2008 startete um 8 Uhr ein neues Schlagerformat auf Mittelwelle, Bayern Plus. Da der BR noch nie auf UKW ein Jugendprogramm betrieben hatte und man Bayern 1 ändern wollte, um vielleicht Karriere als Programmverantwortlicher zu machen, entschloss man sich, den Oldiehitdudler zu einem reinen Hitdudler zu gestalten, zu einem Top40-Hitdudler...
 
AW: die verrauschten Altlasten

(...) die verrauschten Altlasten aus dem Programm werfen. (...).

So werden die Älteren auch weiterhin überwiegend "Bayern 1" hören müssen, obwohl sie die Musikfarbe nicht ausstehen können. Für diese Generation ist ja sonst nichts da. Armes Bayern.

Das "arme" Bayern bietet gottseidank noch die Möglichkeit nicht total platt komprimierte Musik hören zu müssen, lieber @ricochet. Die 'modernen' Flachproduktionen ermüden zunehmend, was mich hauptsächlich davon abhält das Zeugs einzuschalten. Da sind mir die "verrauschten Altlasten" wesentlich lieber.

Die Produktionen aus den 60er bis 80er Jahren boten noch Dynamik: guten Klang statt Lärmkulisse. Vielmehr beeinträchtigt oft die B1-Moderation das Hörvergnügen :cry: .

Aber gut, bei den mit 8 bit Auflösung "verrauschten Neulasten" wird zumindest das Rauschen durch die Dynamikkompression komplett verdeckt :(.

mfg. TB
 
Der SWR dürfte Bayern 1 und seiner Musikauswahl wohl recht dankbar sein. Sonst hätte man bei SWR4 wohl nicht so viele Hörer aus bayerischem Lande?
 
Die Produktionen aus den 60er bis 80er Jahren boten noch Dynamik: guten Klang statt Lärmkulisse.

Das ändert nichts daran, dass den Menschen in Bayern die Dauerberieselung mit Engelbert und Tony Christie auf den Zünder geht. Justin Bieber mit "Mistletoe" im BR1-Programm ist aber als Ausweg genau solch ein Fehlgriff wie seinerzeit Bloodhound Gang bei Welle Nord.
 
Die Produktionen aus den 60er bis 80er Jahren boten noch Dynamik: guten Klang statt Lärmkulisse. Vielmehr beeinträchtigt oft die B1-Moderation das Hörvergnügen :cry: .

Lieber Beat als Hip-Hop - Dieses Argument wird immer wieder mal von dem ein oder anderen Nutzer ins Spiel gebracht; wer das internationale Musikgeschäft nicht kennt und seit Jahren notgedrungen "Bayern 1" hört, mag in der Tat so denken. In Wahrheit gäbe es genug verwertbare Musik aus den vergangenen zwei Jahrzehnten, nur leider hat sie kaum ein Musikredakteur (geschweige denn Berater) je zu Gesicht/Gehör bekommen. Wenn wir die US-Billboard-Single Charts (Top-100-Airplay) als Indikator für die musikalischen Trends der vergangenen Jahre und Jahrzehnte heranziehen, haben wir zwar ein paar brauchbare Hinweise auf jugendliche Modewellen, nicht aber auf die tatsächliche Entwicklung des amerikanischen und internationalen Radiobusiness.

Seit Ende der 80er-Jahre hat sich der amerikanische Radiomarkt kontinuierlich aufgesplittert. Durch die starke Segmentierung der Großgenres und das Aufkommen junger Sparten wurden vermehrt Kleinformate eingeführt, die trotz geringer Reichweite allein aufgrund ihrer kauffreudigen, jugendlichen Hörerschaft wirtschaftlich bestens gediehen. Dabei spielte keine Rolle, dass die Zwergableger großer Musikrichtungen nur in geringem Maße von Hörerwanderungen betroffen waren und auf eine kleine, eifernde Gefolgschaft setzten, die sowohl den Mainstream als auch die jeweiligen Nachbarformate oft in hohem Maße verabscheuten. Dafür war der Plattenkonsum der euphorisierten Anhängerschar proportional betrachtet ungleich höher als bei den hörerstarken Massenformaten.

Die markanteste Bruchlinie verlief zwischen der jungen Rockmusik (Post-Punk, Grunge, Math, Indie...) und der erstarkenden Hip-Hop-Bewegung, die man gleichsam als Antipoden der Jugendkultur betrachten darf. Wer das eine hört, verachtet meist das andere, obwohl ins Top-40-Format (CHR-Pop), das einen Teil des ausdifferenzierten Jugendspektrums abdeckt, stets Crossover-Hits aus beiden musikalischen Lagern Eingang fanden. Heute ist Top-40 ein Teenagerformat mit starker Hip-Hop-Schlagseite, Rockeinflüsse spielen kaum noch eine Rolle. Während der 90er-Jahre spaltete sich das Urban-Format in eine jugendliche und eine "erwachsenere" Geschmacksvariante ("Urban Contemporary" versus "Urban AC"), die sich trotz zahlloser Überschneidungen in einem wesentlichen Punkt unterscheiden - Urban AC ist als R&B-Hardcore-Format "Rap-freie Zone".

In den 90er-Jahren hat sich der amerikanische Musikmarkt weitgehend vom internationalen Tonträgergeschäft abgekoppelt. Ein Grund dafür war der ungebremste Höhenflug des Country-Formats, das während der 90er-Jahre prozentual ein Viertel und nach Reichweiten drei Viertel des Radiomarkts abdeckte, ein weiterer die Explosion hörerschwacher aber umsatzstarker Mini-Formate mit teils mehr, teils weniger junger Anhängerschar (Active Rock, AOR, Alternative, AAA, Rhythmic Contemporary, Smooth Jazz, Spanish Contemporary, Modern AC, Adult Hits, Tropical etc...) die allesamt eine Vielzahl existenzfähiger Radiostationen hervorbrachten. Genauso aufgefächert wie die Radiolandschaft war am Ende auch der amerikanische Musikmarkt, und da nimmt es kaum Wunder, dass die Popmusik nach offiziellen RIAA-Angaben heute nicht einmal mehr ein Zehntel der Platteneinnahmen generiert.

Nur das junge Top-40-Format fungierte über die Jahrzehnte hinweg in hohem Maße als Taktgeber des internationalen Pop-Mainstreams und hinterließ wegen der irrwitzig schnellen Umdrehungen die nachhaltigsten Spuren in den Chartlisten. "Adult Contemporary" und dessen junges Tochterformat "Hot AC" hatten sich damals bereits weitgehend vom weltweiten Musikbusiness abgekoppelt, dabei fänden sich gerade hier wichtige Inspirationen für die Gestaltung erwachsener Musikradios mit internationalem Titelbestand.
 
Wobei es sich bei Tony Christie wohl noch verschärfen wird. Comebackalbum, Sendertournee usw.

Das wird bei BR1 nicht berücksichtigt werden. Sein Comebackalbum wird nicht erwähnt und gespielt werden. Ein Interview wird nicht stattfinden. Wo dann? Eher ist mit dem Künstler bei Bayern 3 bei Stars und Hits oder bei Mensch Otto zu rechnen. Die stehen über den Dingen.
 
Das wäre schade.
Ich wollte an dieser Stelle aber ricochet mal loben. Schon wieder. #687 war eine recht gelungene Erläuterung über Musikformate. Die Sgementierung schreitet übrigens noch viel weiter voran. Sprich, es entstehen mehr und mehr Schubladen bei den Genres.
 
@empire1970: Ich wäre froh, wenn es im deutschsprachigen Raum mehr klar unterscheidbare, gesamtgesellschaftlich relevante Musikformate gäbe. Das wäre nicht zuletzt Teil einer Überlebensstrategie für ein Medium, das viele bereits für entbehrlich halten, die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz eines auf Einheitspop getrimmten, nur in Nuancen unterscheidbaren Radioangebots steht ja immer mehr auf der Kippe ("Bayern 1" ist diesbezüglich ein Paradebeispiel).

Du selbst sprichst dich ja des öfteren für die Förderung deutscher Musik aus, da stehe ich voll und ganz hinter dir. Aber ich nehme an, dass sich dieses Problem früher oder später von allein lösen wird, schließlich wirken heute externe Marktkräfte auf das Radio ein, die früher oder später eine Neuausrichtung erzwingen werden.
 
Werter ricochet. Mein Wissen und meine Einschätzung über Formate habe ich von einem wirklich profunden Kenner der Materie gelernt. Mir ist es aber nicht eingebimst, sondern sachlich und überzeugend erklärt worden. Das vorab.
In Ihrer Schilderung in #687 fehlt noch das Rockformat. Dieses lief ursprünglich als "albumformat". In den eighties kam die Aufsplitterung in classic rock und modern rock, aus dem dann AOR wurde.

Was Sie unter gesamtgesellschaftlicher relevanter Akzeptanz verstehen ist mir etwas unklar. Die Zeit von Veränderungen ist aber gekommen und bereits im Gange. So wie sich Formate auch entwickelt haben. Trotzdem gibt es einige allgemein gültige Regeln und Erkenntnisse.

Beispielsweise zum Deutschanteil. Ich würde, wenn ich könnte, hr1 mit einem dort verträglichen Deutschanteil fahren. Aber ich würde kaum einen rein deutschsprachigen Kanal fordern, der alles von gestern bis heute spielt. Die Hörerzahlen wären minimal.

Man fährt immer besser wenn man das, was man unter die Leute bringen bzw. "verkaufen" möchte, in einer ansprechenden Verpackung anbietet. Also verbietet es sich, deutsch mit dem Holzhammer durchsetzen zu wollen. Im Umfeld mit Oldies bietet sich die Chance, ein und denselben Titel einer viel größeren Hörerschaft bekannt zu machen. Das ist mir immer noch wesentlich lieber als die Methode mit der Brechstange. Und wahrscheinlich hat Bayern1 eigentlich nur im Interesse der Deuschschlagerfans gehandelt und ein besseres Umfeld geschaffen? In diesem Falle war es einhergehend mit einer Reduzierung des Deutschanteils.
In anderen Fällen müßte ein solcher erst eingeführt werden.
Bei mir läge dieser nie über 25%, was schon ein gut durchsetzbarer Wert wäre. In der handgebauten ARD-Hitnacht liegt er bei fast 50%.

Ebenso fehlt in der Aufzählung #608 Euro-AC. Diese wurde von Haas für Antenne Bayern entwickelt und hatte damals einen sehr hohen Deutschanteil. Wer Aufnahmen aus 1990 und 2010 miteinander vergleicht wird die Station nicht wiedererkennen.

Amen.
 
In den eighties kam die Aufsplitterung in classic rock und modern rock, aus dem dann AOR wurde.

Das stimmt nicht ganz. "Classic Rock" ist wie das in den USA jämmerlich dahinsiechende Oldie-Format oder das auf dessen Kosten erstarkende Classic-Hits-Format rein retrospektiv ausgerichtet und fand deshalb in meiner kleinen Erörterung keine Erwähnung (ebensowenig wie das überalterte Big-Band-orientierte "Adult Standards"-Format, das vorwiegend auf Künstler wie Frank Sinatra, Doris Day, Nat King Cole, Tony Bennett und Michael Bublé setzt).

AOR ist ähnlich wie AAA ein Erwachsenenformat mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung aber geringer Hörerzahl; AOR enthält auch viele Rock-Klassiker und bildet somit eine Brücke zwischen AAA und "Classic Rock", zudem ist AOR das Rockformat mit der bei weitem größten Playlist.

Die Haupterben des Modern-Rock-Formats sind die Formate "Active Rock" und "Alternative"; letzteres hat sowohl Schnittmengen mit "AAA" wie auch mit "Active Rock". Beide Formate sind sehr jung, männlich dominiert, hörerschwach aber umsatzstark. Da und dort gibt es auch heute noch Modern-Rock-Stationen mit größerer stilistischer Breite.

Viele Fachjournalisten beklagten wortreich die Zertrümmerung des einst mächtigen Rockformats ("Rock & Roll") in sektiererische Kleinsegmente, deren Anhänger sich untereinander alles andere als grün sind.

Trotzdem gibt es einige allgemein gültige Regeln und Erkenntnisse.

Beispielsweise zum Deutschanteil. Ich würde, wenn ich könnte, hr1 mit einem dort verträglichen Deutschanteil fahren. Aber ich würde kaum einen rein deutschsprachigen Kanal fordern, der alles von gestern bis heute spielt. Die Hörerzahlen wären minimal.

In diesem Punkt trennen uns Welten, weil du mir viel zu sehr von der Warte der deutschen Beraterszene aus argumentierst, die klare Werbezielgruppen im Auge hat (Stichwort "Print-Kompensation") und mit einseitigen Formatvorgaben und nicht repräsentativen Pseudo-Statistiken arbeitet, um ihre Interessenspolitik zu verbrämen.

Ein modernes deutsches Musikformat würde ohne Frage auch bei jungen Leuten reüssieren, daran zweifle ich keine Sekunde. Man müsste es nur richtig aufstellen und den Zwängen des in die Jahre gekommenen Schlagerwellenformats entkommen. Wer aber nur die Gewinne der Zeitungsimperien aufstocken soll, hat an solchen Projekten naturgemäß kein Interesse.

Und wahrscheinlich hat Bayern1 eigentlich nur im Interesse der Deuschschlagerfans gehandelt und ein besseres Umfeld geschaffen? In diesem Falle war es einhergehend mit einer Reduzierung des Deutschanteils.

??? :confused:
 
Also noch einmal.
Classic Rock: ich habe nichts anderes gesagt, wenn auch nicht geschrieben. Classic Rock ist in der Tat ein sich nicht veränderndes Format. Die Zutaten sind gleichgeblieben und bewegen sich bei geschätzten knappen tausend Titeln. Bei einigen US-Stationen ist es gar noch weniger. Und weil es immer das gleiche war, hat sich modern rock/AOR abgespalten und entwickelt.
Was den Deutschanteil und speziell Ihre Argumentation angeht trennen uns Argumente und Ansichten. Ich spreche nicht von Pseudoresearches. Und ich definiere keine schweigenden Minderheiten die angeblich allesamt deutsche moderne Schlagermusik hören würden.
Als Musikredakteur oder Berater muß ich meine eigenen Vorlieben außer Acht lassen. Sonst käme bei dem einen Nonstopdiscofox, bei mir vielleicht wirklich 24/7 Holladiho dabei heraus.
Wobei ich Spartensendern nicht ihre Daseinsberechtigung abspreche. Paloma ist ja Deutschpurdampfhammer. Wenn sie es verantworten und finanzieren können, bitteschön.
Und den ständig von Ihnen geäußerten Anmerkungen wie "Interessenpolitik" widerspreche ich heftigst. Das ist wirklich Verschwörungstheorie. Es ist so schade um Ihre ansonst guten postings sowas immer wieder lesen zu müssen. Wie wäre es mal mit einem Beweis für diese Behauptungen?

Was hier im Forum anderen schwer begreiflich zu machen ist, ist der absolut richtige Satz über die Verpackung.
Mir nützen die best recherchiertesten Beiträge nichts wenn auf der gleichen Welle Polkahiphop aus Namibia läuft.
Was ist, wenn ich mit einem höheren Anteil an Oldies bzw. gefälligem englischsprachigem Pop mehr Hörer erreiche?
Dann habe ich dem, was ich auch noch "verkaufen" möchte, damit doch einen Gefallen getan!?
Zum Beispiel dem verbliebenen Deutschanteil. Richtig verpackt erreiche ich vielleicht zehnmal mehr Hörer als auf einem Dampfhammersender.
Und was nützt mir mein Verharren auf bessere Beiträge und besseren Inhalten, wenn mir die private Konkurrenz davonzieht? Weil ich in Sachen Musik auf ein undefinierbares Sammelsurium an Musik setze?
Muß ein öffentlich-rechtlicher Sender nicht allein schon wegen des Programmauftrags mit mindestens einer Welle nicht auch auf Nebenbeimedium setzen? Oder ist die Zukunft des ÖR ein Spartendasein?

Ich lese aus Ihren postings immer wieder die Ansichten eines reinen Theoretikers heraus. Wenn Sie mal in der Praxis einen Sender steuern müßten oder in Gespräch mit Beratern wären, sähe vieles ganz anders aus.
Berater gibt es solche und solche. Wie im sonstigen Leben auch. Vom arroganten Arschloch bis zum feinfühligen Vor-Ort-Macher habe ich schon einige gesehen. Und es gibt auch Berater, die eigene Formate entwickeln. Siehe Haas damals mit dem selbstjustierten AC als Euro-AC.

Mal darüber nachdenken! carpe diem
 
Übrigens: die wenigsten BR1-Hörer gabs, nach einer regionalen Umfrage mehrerer FHs, in Bayerisch-Schwaben und in Mittelfranken. Die meisten in Oberbayern, in Niederbayern und der Oberpfalz.
Wobei manche, wie manche Vorredner geschrieben haben, durchaus auf die außerbayerischen Sender ausweichen. Weit verbreitet sind ja SWR 4, hr 4, MDR 1, dann ORF Radio Salzburg, ORF Radio Oberösterreich, ORF Radio Tirol oder auch im Südwesten zum Teil auch Schweizer Radio.

Die innerhäusliche (sprich BR-hauseigene) Konkurrenz durch BR2, BR-Klassik und BR plus ist halt sehr groß.
 
Ich brauche mir nur diese abstrusen MA-Umfragen und die undurchsichtigen Gewichtungen innerhalb der Grundgesamtheit anzuschauen, um zu wissen, dass das ganze System zutiefst korrupt ist. "Radio Paloma" ist ein Schlagersender der sicher nicht meinem persönlichen Geschmack entspricht, aber erhebliches Potential haben dürfte.

Ich bin mir sicher, dass Schlagerwellen künstlich altgerechnet werden, denn dass ein Sender wie hr4 nahezu ausschließlich über-60-jährige Hörer erreicht glaubt kein Mensch, egal ob er einen blassen Dunst von den MA-Zahlenakrobatik hat oder nicht. Aber die nebulöse, keinem Rechenschaft pflichtige Reichweitenermittlung der ag.ma lässt sich ja Gott sei Dank in jede beliebige Richtung verbiegen, über die Verteilung der Werbebudgets entscheiden am Ende ohnehin die pflichtschuldigen Werbeagenturen. Natürlich richtet sich der Sender von der grundsätzlichen Positionierung her an ein reiferes Publikum, aber selbst wenn die Hörerschaft sehr alt wäre, gäbe es dafür nicht nur aufgrund der schieren Masse sondern auch wegen der ungeheuren Ausgabebereitschaft dieser demographischen Gruppe einen riesigen regionalen und überregionalen Werbemarkt. Und wer kauft eigentlich all die Andrea-Berg-, Helene-Fischer-, und Kastelruther-Spatzen-Alben? 65-Jährige markentreue Konsumverweigerer?? :wall: Aber was soll man gegen derart festgefahrene Denkmuster schon groß ausrichten? Ihr glaubt ja tatsächlich jedes Wort, das euch eure Coacher eingetrichert haben.

Und wenn simpel gestrickter "Schlagerpop" bei 30-jährigen ankommt spielt man ihn eben, egal ob er einem selbst zusagt oder nicht; Wenn man vollsynthetischen Top-40-Plastikpop als spielbar erachtet, warum sollte man dann nicht auch deutsche Ware ähnlicher Kajüte gutheißen? Weil es gewissen Leuten nicht ins Konzept passt?

Ich sagte bereits: Mir schwebt ein deutscher Sender mit generationsübergreifendem Appeal vor, keine typische Schlagerwelle. Der passt den Erhaltern des bestehenden Systems aber nicht in den Kram.
 
ricochet schrieb:
Ich sagte bereits: Mir schwebt ein deutscher Sender mit generationsübergreifendem Appeal vor, keine typische Schlagerwelle. Der passt den Erhaltern des bestehenden Systems aber nicht in den Kram
Beantworte doch bitte die Frage, ob Du dafür wärst, dass es ein deutsches Gegenstück zum niederländischen Radio Oranje Nationaal gibt! Sie war von mir durchaus ernst gemeint.
 
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