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epd-MEDIEN/Medien/USA/Technik
Im Schneckentempo voran. Digital Audio Broadcasting in den USA / Von
Yves Didier =
Durchlauferhitzer, wie sie in Europa seit Jahrzehnten in Betrieb
sind, werden in Nordamerika noch immer für Hunderte von Dollar als
neue revolutionäre Entwicklung aus dem Ausland angepriesen. Als
ähnlich spektakulär gilt in den Vereinigten Staaten auch das Konzept
von Digital Audio Broadcasting (DAB). Aber auch im vermeintlich
fortschrittlichsten Land der Welt geht die digitale Radiorevolution
seit Jahren nur im Schneckentempo voran.
Von insgesamt 13.000 amerikanischen Radiostationen haben bislang
lediglich 300 ihre Absicht erklärt, digital senden zu wollen. «On the
air» sind davon nach erfolgter Umrüstung bislang erst 100. Und das,
obwohl in Nordamerika bereits Anfang der 90er Jahre mit der
Einführung eines digitalen Radiostandards geliebäugelt wurde.
Die Technologie ist vorhanden -- serienreif -- und hat seit 2002
sogar den offiziellen Segen der Medienaufsicht Federal Communications
Commission (FCC). Doch so wie in Hollywood erfolgreiche Filme aus dem
Ausland für den heimischen Markt am liebsten mit eigenen
Schauspielern nachgedreht werden, konnten die Amerikaner auch dem
europäischen DAB-Standard (der inzwischen weltweit in über 35 Ländern
zum Einsatz kommt) nichts abgewinnen und entwickelten lieber ihren
eigenen. Und so geht in den Vereinigten Staaten das von der iBiquity
Digital Corporation (iBiquity Digital) entwickelte IBOC (= In-Band
On-Channel) Digital Broadcasting ins Rennen um die Hörergunst.
Der größte Unterschied zwischen den Systemen besteht darin, dass die
US-Version von den Sendern über die gleichen Frequenzen und Seite an
Seite mit herkömmlichen Analogsignalen ausgestrahlt werden kann. «Das
ist im Vergleich zu DAB auch unser größter Vorteil», so Jeff Jury,
iBiquitys Chief Operating Officer (COO), zum epd. Kaum etwas ist in
den USA bei der Vermarktung eines Produkts oder einer Dienstleistung
so wichtig wie die «user friendliness», die Benutzerfreundlichkeit.
Und genau darauf setzt iBiquity. «IBOC-Hörer müssen nicht erst auf
einem neuen Band und an anderer Stelle nach ihrem Lieblingssender
suchen», so Jury. «Dass nicht analoge, sondern digitale Radiosignale
empfangen werden, merkt der Verbraucher bei uns nur am verbesserten
Klang und zusätzlichen Serviceleistungen.»
UKW-Hörfunkübertragungen in störungsfreier CD-Qualität sind mit IBOC
ebenso möglich wie der gleichzeitige Empfang von begleitenden
Textinformationen, etwa dem Namen des Sängers bzw. der Band, des
Liedtitels oder auch Verkehrs- und Börseninfos, der Nachrichten sowie
des Wetterberichts. Um das neue Angebot komplett nutzen zu können,
müssen Verbraucher zwar in neue Radioempfänger investieren, doch
zumindest ist die Umrüstung der Sender mit durchschnittlich 30.000
bis 150.000 Dollar pro Station vergleichsweise preiswert. «Auf jeden
Fall deutlich günstiger als bei DAB», wie Jury versichert.
Trotzdem ist der große Geldsegen für die Investoren des Systems,
darunter zum Beispiel ABC, Clear Channel und Viacom, die Grotech
Capital Group, J.P. Morgan Partners, New Venture Partners, Pequot
Capital und J&W Seligman sowie Konzerne wie der Ford Motor Company,
Harris, Texas Instruments und Visteon, bislang ausgeblieben. An
warmen Worten und akademischer Anerkennung fehlt es dagegen nicht. So
wurde das Digitalradio gerade erst vom Tech Council of Maryland zum
«IT Product of the Year» gekürt. Andererseits ist vor dem Empfang
aller Anfang bekanntlich schwer, und zudem waren Digitalradios in USA
überhaupt erstmals im Januar 2003 auf der Consumer Electronics Show
in Las Vegas zu sehen.
SMIL heißt das amerikanische Zauberwort
Das kommerzielle Potenzial ist grenzenlos. Wenn die Akzeptanz bereits
etablierter digitaler Unterhaltungselektronik vom Schlage CD, MP3 und
DVD als Signal gewertet werden kann, dann stehen der Branche in USA
mit der Einführung des Digitalradios goldene Zeiten und klingelnde
Kassen bevor.
Andererseits wollen sich die Amerikaner nach den ernüchternden
DAB-Erfahrungen, die in Europa gemacht wurden, nicht in übermäßiger
Euphorie verzetteln. «Das einzige Land Europas, in dem DAB halbwegs
erfolgreich eingeführt wurde, ist England», sagt Jeff Jury. Doch
selbst dort ist Zurückhaltung angesagt. Eine 1996 gemachte
Prophezeiung der «Financial Times», wonach bis Ende 2005 vierzig
Prozent der britischen Haushalte mindestens über ein DAB-taugliches
Radio verfügen, entpuppte sich als hoffnungslos optimistisch --
aktuell sind in Großbritannien 435.000 Digitalradios auf Empfang.
Nach Angaben des Digital Radio Development Bureau (DRDB) werden es
bis Ende 2004 bestenfalls eine Million sein. «Ein wichtiger
Meilenstein, aber angesichts von weniger als fünf Prozent aller
Haushalte und einem Prozent aller Radiogeräte ist hier -- besonders
im Vergleich zum Digitalfernsehen, das kürzlich die 50-Prozent-Marke
überschritten hat -- ein Berg zu bezwingen», so die «Financial
Times».
Sollte sich die Lage im technikverliebteren Amerika positiver
entwickeln, werden neben iBiquity als Entwickler von IBOC besonders
die Musikindustrie und die Elektronikhersteller profitieren.
Landesweit gilt es schließlich, 600 Millionen Analogradios durch
digitale Modelle zu ersetzen. iBiquity kann das verständlicherweise
gar nicht schnell genug gehen. Jedem Sender, der Interesse anmeldet,
bietet der Konzern daher die kostenlose Anfertigung eines kompletten
maßgeschneiderten Konzepts an, das die Umrüstung von Analog- auf
Digitaltechnik illustriert. Ingenieure machen dazu eine individuelle
Bestandsaufnahme des Austrahlungsprozederes, vorhandener Rechner- und
Sendeelektronik, des Studio-Equipments, der Antennenanlagen und
weiterer Komponenten der jeweiligen Stationen, um die bestmögliche
Umrüstung bei fortlaufendem Sendebetrieb darzulegen.
Am wichtigsten: die Programminhalte
Parallel werden Radiohörern Serviceleistungen in Aussicht gestellt,
von denen Verbraucher und Verkäufer bislang nur träumen können. SMIL
-- Synchronized Multimedia Integration Language -- heißt das
Zauberwort, mit dessen Hilfe HD-Radio über kurz oder lang neue
Multimedia-Dimensionen wahr werden lassen will. Unter anderem können
Hörer damit das Radioprogramm vorübergehend anhalten oder vor- und
zurückfahren. Irgendwann einmal, heißt das, denn bevor die Technik
tatsächlich so weit ist, wird nach Meinung von Jim Watkins, dem in
Washington D.C. ansässigen General Manager von WHUR-FM, noch viel
Wasser den Mississippi hinunterfließen.
Nachdem sich der 24.000 Watt starke Sender die Digitalumrüstung
50.000 Dollar hat kosten lassen, haben laut Watkins im Sendegebiet
bislang noch nichtmal zwei Dutzend Hörer in neue 400 Dollar teure
Digitalempfänger investiert. Ganz klar, erst wenn die Radios
preiswerter werden, werden auch mehr Hörer digital auf Empfang gehen.
«Das wird eher früher als später sein», sagt Jeff Jury und verweist
unter anderem auf einen Bericht der «Los Angeles Times», der der
Branche innerhalb der nächsten achtzehn Monate eine Preissenkung von
bis zu 75 Prozent in Aussicht stellt.
Angesichts einer andauernden Invasion von MP3-Playern und der an
Beliebtheit schnell zunehmenden satellitengestützten Abo-Radios «XM
Satellite Radio» und «Sirius Satellite Radio» werden die
amerikanischen Sender nach Expertenansicht um die baldige Umrüstung
nicht herumkommen. Anfangs mitleidig belächelt, haben XM und Sirius
inzwischen immerhin 1,6 Millionen zahlende Kunden, denen der klare
Radioempfang monatlich zwischen 10 und 15 Dollar wert ist.
Das lässt iBiquity kalt. Dass Amerikas Digitalradio von morgen heute
durch die Satellitensender ernsthafte Konkurrenz entstehen könnte,
fürchtet Jeff Jury nicht. Ganz im Gegenteil: «Wir profitieren enorm
davon, weil immer mehr Radiostationen einsehen, dass sie ohne
Digitalumrüstung im Wettbewerb mit den Satellitenradios den Kürzeren
ziehen. Aber sobald sie digital senden, haben sie vor XM und Sirius
wieder die Nase vorn, weil ihr Programm den Hörer nichts kostet.»
Die verbesserte Tonqualität ist indes «nur einer von vielen Faktoren»
und keine Garantie, dass die Rechnung am Ende auch aufgeht, wie
Analyst Michael Gartenberg von Jupiter Research in Darien
(Connecticut) in der «Los Angles Times» argumentiert: «Wenn das
Digitalradio in den USA die Bauchlandung vermeiden will, die vorher
schon Mittelwellen-Stereo und Quadro-Sound hingelegt haben, müssen
sowohl die Programminhalte überzeugen als auch Amerikas neue Autos
schnellstens mit den neuen Radiogeräten vom Band rollen.»
«Wir vermeiden die Fehler der Europäer»
Ersteres ist nach Meinung vieler amerikanischer Medienbeobachter
reine Utopie, und Letzteres dauert seine Zeit -- normalerweise drei
bis fünf Jahre. Das weiß auch iBiquitys COO Jeff Jury, der aber
trotzdem sicher ist, dass IBOC eine rosige Zukunft und im
internationalen Vergleich mit DAB die Nase vorn hat. «Wir vermeiden
die Fehler der Europäer», sagt der Manager selbstbewusst. «In Europa
wurde DAB bei den Verbrauchern nicht ausreichend beworben, und
inzwischen ist die Technologie im Vergleich zu dem, was wir zu bieten
haben, relativ veraltet.» Auch international sei das kein Geheimnis
mehr, und «mehrere Länder in Asien sowie Australien und Brasilien,
die ursprünglich DAB einführen wollten, tendieren inzwischen zum
moderneren US-Standard», sagt Jury.
Für den Amerikaner ist der überwiegende Misserfolg von DAB in Europa
keine wirkliche Überraschung. Dennoch hat das Digitalradio dort
seiner Meinung nach durchaus noch eine Zukunft -- wenn auch
vielleicht etwas anders als ursprünglich geplant. «Es gibt keinen
Grund, warum in einem Land nicht beide Standards Seite an Seite
existieren können», meint Jury. «Vielleicht sollten die Europäer in
einer ruhigen Stunde mal über die Einführung von IBOC nachdenken.»
041110 JUN 04 nnnn
epd-MEDIEN/Medien/USA/Technik
Im Schneckentempo voran. Digital Audio Broadcasting in den USA / Von
Yves Didier =
Durchlauferhitzer, wie sie in Europa seit Jahrzehnten in Betrieb
sind, werden in Nordamerika noch immer für Hunderte von Dollar als
neue revolutionäre Entwicklung aus dem Ausland angepriesen. Als
ähnlich spektakulär gilt in den Vereinigten Staaten auch das Konzept
von Digital Audio Broadcasting (DAB). Aber auch im vermeintlich
fortschrittlichsten Land der Welt geht die digitale Radiorevolution
seit Jahren nur im Schneckentempo voran.
Von insgesamt 13.000 amerikanischen Radiostationen haben bislang
lediglich 300 ihre Absicht erklärt, digital senden zu wollen. «On the
air» sind davon nach erfolgter Umrüstung bislang erst 100. Und das,
obwohl in Nordamerika bereits Anfang der 90er Jahre mit der
Einführung eines digitalen Radiostandards geliebäugelt wurde.
Die Technologie ist vorhanden -- serienreif -- und hat seit 2002
sogar den offiziellen Segen der Medienaufsicht Federal Communications
Commission (FCC). Doch so wie in Hollywood erfolgreiche Filme aus dem
Ausland für den heimischen Markt am liebsten mit eigenen
Schauspielern nachgedreht werden, konnten die Amerikaner auch dem
europäischen DAB-Standard (der inzwischen weltweit in über 35 Ländern
zum Einsatz kommt) nichts abgewinnen und entwickelten lieber ihren
eigenen. Und so geht in den Vereinigten Staaten das von der iBiquity
Digital Corporation (iBiquity Digital) entwickelte IBOC (= In-Band
On-Channel) Digital Broadcasting ins Rennen um die Hörergunst.
Der größte Unterschied zwischen den Systemen besteht darin, dass die
US-Version von den Sendern über die gleichen Frequenzen und Seite an
Seite mit herkömmlichen Analogsignalen ausgestrahlt werden kann. «Das
ist im Vergleich zu DAB auch unser größter Vorteil», so Jeff Jury,
iBiquitys Chief Operating Officer (COO), zum epd. Kaum etwas ist in
den USA bei der Vermarktung eines Produkts oder einer Dienstleistung
so wichtig wie die «user friendliness», die Benutzerfreundlichkeit.
Und genau darauf setzt iBiquity. «IBOC-Hörer müssen nicht erst auf
einem neuen Band und an anderer Stelle nach ihrem Lieblingssender
suchen», so Jury. «Dass nicht analoge, sondern digitale Radiosignale
empfangen werden, merkt der Verbraucher bei uns nur am verbesserten
Klang und zusätzlichen Serviceleistungen.»
UKW-Hörfunkübertragungen in störungsfreier CD-Qualität sind mit IBOC
ebenso möglich wie der gleichzeitige Empfang von begleitenden
Textinformationen, etwa dem Namen des Sängers bzw. der Band, des
Liedtitels oder auch Verkehrs- und Börseninfos, der Nachrichten sowie
des Wetterberichts. Um das neue Angebot komplett nutzen zu können,
müssen Verbraucher zwar in neue Radioempfänger investieren, doch
zumindest ist die Umrüstung der Sender mit durchschnittlich 30.000
bis 150.000 Dollar pro Station vergleichsweise preiswert. «Auf jeden
Fall deutlich günstiger als bei DAB», wie Jury versichert.
Trotzdem ist der große Geldsegen für die Investoren des Systems,
darunter zum Beispiel ABC, Clear Channel und Viacom, die Grotech
Capital Group, J.P. Morgan Partners, New Venture Partners, Pequot
Capital und J&W Seligman sowie Konzerne wie der Ford Motor Company,
Harris, Texas Instruments und Visteon, bislang ausgeblieben. An
warmen Worten und akademischer Anerkennung fehlt es dagegen nicht. So
wurde das Digitalradio gerade erst vom Tech Council of Maryland zum
«IT Product of the Year» gekürt. Andererseits ist vor dem Empfang
aller Anfang bekanntlich schwer, und zudem waren Digitalradios in USA
überhaupt erstmals im Januar 2003 auf der Consumer Electronics Show
in Las Vegas zu sehen.
SMIL heißt das amerikanische Zauberwort
Das kommerzielle Potenzial ist grenzenlos. Wenn die Akzeptanz bereits
etablierter digitaler Unterhaltungselektronik vom Schlage CD, MP3 und
DVD als Signal gewertet werden kann, dann stehen der Branche in USA
mit der Einführung des Digitalradios goldene Zeiten und klingelnde
Kassen bevor.
Andererseits wollen sich die Amerikaner nach den ernüchternden
DAB-Erfahrungen, die in Europa gemacht wurden, nicht in übermäßiger
Euphorie verzetteln. «Das einzige Land Europas, in dem DAB halbwegs
erfolgreich eingeführt wurde, ist England», sagt Jeff Jury. Doch
selbst dort ist Zurückhaltung angesagt. Eine 1996 gemachte
Prophezeiung der «Financial Times», wonach bis Ende 2005 vierzig
Prozent der britischen Haushalte mindestens über ein DAB-taugliches
Radio verfügen, entpuppte sich als hoffnungslos optimistisch --
aktuell sind in Großbritannien 435.000 Digitalradios auf Empfang.
Nach Angaben des Digital Radio Development Bureau (DRDB) werden es
bis Ende 2004 bestenfalls eine Million sein. «Ein wichtiger
Meilenstein, aber angesichts von weniger als fünf Prozent aller
Haushalte und einem Prozent aller Radiogeräte ist hier -- besonders
im Vergleich zum Digitalfernsehen, das kürzlich die 50-Prozent-Marke
überschritten hat -- ein Berg zu bezwingen», so die «Financial
Times».
Sollte sich die Lage im technikverliebteren Amerika positiver
entwickeln, werden neben iBiquity als Entwickler von IBOC besonders
die Musikindustrie und die Elektronikhersteller profitieren.
Landesweit gilt es schließlich, 600 Millionen Analogradios durch
digitale Modelle zu ersetzen. iBiquity kann das verständlicherweise
gar nicht schnell genug gehen. Jedem Sender, der Interesse anmeldet,
bietet der Konzern daher die kostenlose Anfertigung eines kompletten
maßgeschneiderten Konzepts an, das die Umrüstung von Analog- auf
Digitaltechnik illustriert. Ingenieure machen dazu eine individuelle
Bestandsaufnahme des Austrahlungsprozederes, vorhandener Rechner- und
Sendeelektronik, des Studio-Equipments, der Antennenanlagen und
weiterer Komponenten der jeweiligen Stationen, um die bestmögliche
Umrüstung bei fortlaufendem Sendebetrieb darzulegen.
Am wichtigsten: die Programminhalte
Parallel werden Radiohörern Serviceleistungen in Aussicht gestellt,
von denen Verbraucher und Verkäufer bislang nur träumen können. SMIL
-- Synchronized Multimedia Integration Language -- heißt das
Zauberwort, mit dessen Hilfe HD-Radio über kurz oder lang neue
Multimedia-Dimensionen wahr werden lassen will. Unter anderem können
Hörer damit das Radioprogramm vorübergehend anhalten oder vor- und
zurückfahren. Irgendwann einmal, heißt das, denn bevor die Technik
tatsächlich so weit ist, wird nach Meinung von Jim Watkins, dem in
Washington D.C. ansässigen General Manager von WHUR-FM, noch viel
Wasser den Mississippi hinunterfließen.
Nachdem sich der 24.000 Watt starke Sender die Digitalumrüstung
50.000 Dollar hat kosten lassen, haben laut Watkins im Sendegebiet
bislang noch nichtmal zwei Dutzend Hörer in neue 400 Dollar teure
Digitalempfänger investiert. Ganz klar, erst wenn die Radios
preiswerter werden, werden auch mehr Hörer digital auf Empfang gehen.
«Das wird eher früher als später sein», sagt Jeff Jury und verweist
unter anderem auf einen Bericht der «Los Angeles Times», der der
Branche innerhalb der nächsten achtzehn Monate eine Preissenkung von
bis zu 75 Prozent in Aussicht stellt.
Angesichts einer andauernden Invasion von MP3-Playern und der an
Beliebtheit schnell zunehmenden satellitengestützten Abo-Radios «XM
Satellite Radio» und «Sirius Satellite Radio» werden die
amerikanischen Sender nach Expertenansicht um die baldige Umrüstung
nicht herumkommen. Anfangs mitleidig belächelt, haben XM und Sirius
inzwischen immerhin 1,6 Millionen zahlende Kunden, denen der klare
Radioempfang monatlich zwischen 10 und 15 Dollar wert ist.
Das lässt iBiquity kalt. Dass Amerikas Digitalradio von morgen heute
durch die Satellitensender ernsthafte Konkurrenz entstehen könnte,
fürchtet Jeff Jury nicht. Ganz im Gegenteil: «Wir profitieren enorm
davon, weil immer mehr Radiostationen einsehen, dass sie ohne
Digitalumrüstung im Wettbewerb mit den Satellitenradios den Kürzeren
ziehen. Aber sobald sie digital senden, haben sie vor XM und Sirius
wieder die Nase vorn, weil ihr Programm den Hörer nichts kostet.»
Die verbesserte Tonqualität ist indes «nur einer von vielen Faktoren»
und keine Garantie, dass die Rechnung am Ende auch aufgeht, wie
Analyst Michael Gartenberg von Jupiter Research in Darien
(Connecticut) in der «Los Angles Times» argumentiert: «Wenn das
Digitalradio in den USA die Bauchlandung vermeiden will, die vorher
schon Mittelwellen-Stereo und Quadro-Sound hingelegt haben, müssen
sowohl die Programminhalte überzeugen als auch Amerikas neue Autos
schnellstens mit den neuen Radiogeräten vom Band rollen.»
«Wir vermeiden die Fehler der Europäer»
Ersteres ist nach Meinung vieler amerikanischer Medienbeobachter
reine Utopie, und Letzteres dauert seine Zeit -- normalerweise drei
bis fünf Jahre. Das weiß auch iBiquitys COO Jeff Jury, der aber
trotzdem sicher ist, dass IBOC eine rosige Zukunft und im
internationalen Vergleich mit DAB die Nase vorn hat. «Wir vermeiden
die Fehler der Europäer», sagt der Manager selbstbewusst. «In Europa
wurde DAB bei den Verbrauchern nicht ausreichend beworben, und
inzwischen ist die Technologie im Vergleich zu dem, was wir zu bieten
haben, relativ veraltet.» Auch international sei das kein Geheimnis
mehr, und «mehrere Länder in Asien sowie Australien und Brasilien,
die ursprünglich DAB einführen wollten, tendieren inzwischen zum
moderneren US-Standard», sagt Jury.
Für den Amerikaner ist der überwiegende Misserfolg von DAB in Europa
keine wirkliche Überraschung. Dennoch hat das Digitalradio dort
seiner Meinung nach durchaus noch eine Zukunft -- wenn auch
vielleicht etwas anders als ursprünglich geplant. «Es gibt keinen
Grund, warum in einem Land nicht beide Standards Seite an Seite
existieren können», meint Jury. «Vielleicht sollten die Europäer in
einer ruhigen Stunde mal über die Einführung von IBOC nachdenken.»
041110 JUN 04 nnnn