AW: Deutschquote, nächste Runde
Ich grabe die unsägliche Deutschqouten-Problematik nochmal aus, um mal ein Zitat von Reinhard Mey zur Diskussion zu stellen, welches das eigentliche Problem ziemlich gut zum Ausdruck bringt:
"Haben wir doch längst beim Fernsehen, werden mir manche sagen: Da ist die Quote mehr als erfüllt, da wird doch deutsch gesungen oder wenigstens in einer Sprache, die man für Deutsch halten könnte: Da gibt es doch das Sommerfest der Volksmusik, das Jubiläumsfest der Volksmusik, das fadenscheiniger Vorwandsfest der Volksmusik, und deutschsprachig geht es da zu, allerdings, aber welch eine Sprache, welch ein ewig gestriges Geschunkel, welch ein dumpfes Heimatgetümel, da ist die Quote bei 100% deutsch, aber so deutsch, daß man sich schließlich ertappt, wie man sich Kylie Minogue und Enrique Iglesias zurückwünscht. Muß man resignieren, muß man sagen, geschieht uns recht, das Land kriegt die Musik die es verdient? Englische Schlager und sogenannte Volksmusik, basta! Nein,
ich weigere mich zu akzeptieren, daß wir ausschließlich ein Volk von Hinterwäldlern, von Hinterseern und Randfichten sind, und Resignation ist nicht meine Sache. Das kann doch nicht der Geschmack allen Publikums sein, wo kommen denn die Leute her, die bei uns in ausverkauften Hallen und Konzertsälen sitzen, die unsere Platten kaufen?
Diese trostlose Musikarmseligkeit in unseren Medien, die es so in keinem anderen Land gibt, das ich kenne, diese Einseitigkeit ist es, die die Leute aus Trotz gegen die von Medienkonzernen und Radios verordnete Importmusik in die sogenannte deutsche Volksmusik treibt. Es ist eine Reaktion, wenn auch, wie bei uns immer üblich, eine Überreaktion. Was wir bräuchten, wäre eigentlich eine Quote für Qualität, natürlich nur ein schöner Traum. Aber wir können der Qualität eine Chance geben, wenn man in den Medien die ganze Bandbreite deutschsprachigen Schaffens hören könnte. Dafür brauchen wir 50 % des Volumens in Deutsch. Dann würde nicht auf einmal alles gut, aber manches langsam besser: Die Hörer könnten sich ein Bild machen von allem, was es zu hören gibt und wenn sie Qualität geboten kriegten, werden sie auch Qualität verlangen.
Wir sehen es jetzt doch umgekehrt: Die Menschen wünschen sich das, was sie vorgesetzt bekommen. Jetzt hören sie noch den ganzen Tag die Meterware im Dudelfunk und abends im Wunschkonzert, was wünschen sie sich? Genau das, was sie den ganzen Tag über vorgesetzt bekommen haben. Ich plädiere dafür, daß sie mal was Neues vorgesetzt bekommen. Ich will keine Bevorzugung deutschsprachiger Musik, ich will nur keine Diskriminierung mehr, keine Ausgrenzung, kein Berufsverbot wie es die POP -Wellen von NDR, WDR, SWR oder SR über die meisten von uns verhängen, ich will nur eines: Chancengleichheit! Ich will weiter Englisch hören, aber auch mal Französisch und Italienisch und Spanisch hören Griechisch und in einem Land, in dem der zweitgrößte Anteil der Bevölkerung aus der Türkei stammt, will ich verdammt noch mal auch mal türkische Musik hören – ich will keine Bevormundung, ich will keine Scheuklappen, ich will alle Musik, ich will die ganze kulturelle Vielfalt und zu der gehört auch deutsche Musik..." Quelle:
www.reinhard-mey.de
...und damit hat er wohl oder übel vollkommen Recht!