ricochet
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Unsere Radiolandschaft ist das tägliche Angebot einer Warmwasserdusche. Da kann man sich behaglich drunter stellen und sich stundenlang berießeln lassen. Keiner bestreitet, dass das angenehm ist. Deshalb ist es auch erfolgreich.
Dass das Dudelradio erfolgreich ist möchte ich entschieden bestreiten. Das bisschen Rendite reicht vielleicht mal gerade zum Überleben (wenn überhaupt) und außerhalb der um Präsenz und "Mehrgleisigkeit" bemühten Zeitungskonzerne findet sich kaum noch jemand, der waghalsig genug wäre in einen Ultrakurzwellensender zu investieren, der mit geringen Einnahmen, strengen Auflagen und einem hohen Maß an Fremdbestimmung einhergeht. Unter anderen Voraussetzungen könnte man mit terrestrischem Hörfunk heute sehr wohl noch einen guten Schnitt machen, aber leider sind die Rahmenbedingungen im FM-Band nicht gerade wettbewerbsfreundlich. Die Wertvolleren unter den öffentlich-rechtlichen Radioprogramme haben sehr wohl noch eine loyale Stammklientel, aber die wird von der Werbebranche üblicherweise mit schlechten Tarifen abgespeist.
Dass Dudelradio "behaglich" oder "angenehm" ist dürfte nicht dem Grundempfinden der überwiegenden Mehrheit entsprechen. Man hört es notgedrungen wenn man nichts besseres zur Hand hat, deswegen promoten die Sender ja auf Teufel komm raus. Die Verantwortlichen wissen genau, dass die Leute nur noch kurz reinhören und so muss man dafür sorgen, dass die Masse der Gelegenheitshörer auch bei seltenem Konsum die Singles aufschnappt, die sich verkaufen sollen.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es viele Leute gibt, die nach Hause kommen, die Beine hochlegen und sich mit ein paar Takten Hitradio in Stimmung bringen; zuhause sieht man fern, hört seine eigene Musik oder verliert sich in den Weiten des Internets. Und wenn man Radio hört, dann wählt man gezielt qualitativ anspruchsvolle journalistische Einschaltsendungen oder hört musikalische Spezialformate.