Nachdem nun doch hier weiterdiskutiert wird. Natürlich wird die MA nicht aktiv "gefälscht". Aber ihre Struktur und Methodik hat etliche Fallstricke. Das fängt schon damit an, dass ihre Auftraggeber nicht neutral sind, sondern ein Interesse an guten Zahlen für sich haben. Methodische Änderungen, die die Ergebnisse realistischer, aber dann eben auch niedriger ausfallen ließen, sind damit praktisch ausgeschlossen. Dann die Nutzerbasis: Natürlich werden v.a. Leute erreicht, die tagsüber Zeit für ein privates Gespräch haben. Berufstätige, die tagsüber arbeiten (müssen), tendentiell (quantitativ) weniger Radio hören, wenn, dann aber (im Vergleich zu den Dauerhörern) eher Einschaltradio, entsprechend weniger. Gleiches gilt für Leute ohne Festnetz, die lange völlig außer vor blieben. Dann die Erhebung: Es wird nicht die Radionutzung gemessen, sondern abgefragt. Dass bei Telefonumfragen alleine durch marginale Änderungen der Fragestellung Abweichungen im zweistelligen Prozentbereich entstehen können, lernt jeder Student der Sozialforschung im ersten Semester. Bei der MA werden zusätzlich noch Antwortmöglichkeiten vorgegeben oder eben später von den unmotivierten Befragern, die nur ihre Quoten erfüllen müssen, später zurechtgebogen.
Die Wahlforschung hat mehrere Jahrzehnte gebraucht, bis sie ihre Methoden soweit präzisiert hatte, dass sie die politische Stimmung einermaßen genau wiedergeben konnte. Das konnte sie auch deswegen, weil es hier durch die Wahlen und Wahlergebnisse regelmäßig einen Realitätsabgleich gab. Und trotzdem können auch heute noch erhebliche Abweichungen der Institute zueinander oder zu den Wahlen entstehen. Die MA verfügt in keinster Weise über einen vergleichbaren Realitätsabgleich. Sie kann sich nur an sich selbst vergleichen. Was am Ende eigentlich "gemessen" wird, steht in den Sternen.
Und nicht zuletzt. Selbst wenn bis hierhin die nackten Zahlen für sich genommen richtig wären (was sie nicht sind), so fällt völlig flach, wie intensiv der einzelne Radiohörer das Programm den gehört hat. Jemand, bei dem stundenlang der örtliche Popdudler quäckt, kommt formal auf zahlreiche Werbekontakte - wie viele er davon tatsächlich gehört, geschweige denn bewusst wahrgenommen hat, bleibt völlig außen vor. Jemand, der dagegen auf dem Nachhauseweg eine Dreiviertelstunde Radioeins hört und sich aktiv für Musik und Wort dort interessiert, wird auch die Werbung dort viel intensiver wahrnehmen. Aber quantitativ kommt er, und damit Radioeins, natürlich auf viel weniger Werbekontakte.
Und wer jetzt immer noch glaubt, die Zahlen der industriebetrieben Sozialforschung seien zuverlässig, der möge doch bitte die Zahl der Stunden addieren, die der durchschnittliche Deutsche pro Tag abgeblich Radio hört, mit der Zahl der Stunden, die er ProSiebenSat1/RTL zufolge am Tag fernsieht, mit der Zahl der Stunden, die er dem VDZ zufolge am Tag Zeitung liest und dem BDZV zufolge Zeitschriften u.s.w.u.s.f., und wenn man noch ein paar Industriestudien hinzufügt (Verband der Betten-, der Toiletten- und der Auto-&Bahnsitzhersteller, hallo?), das ist das Problem, wie man den Tag über 24 Stunden hinaus verlängern kann, offenbar schon längst gelöst.