Oh, Mann... wenn ich all die rückblickenden Kommentare zum "Herz des Südens" hier lese, kommen mir fast die Tränen. Wie habe ich dieses vielseitige und hochintelligente Programm immer geliebt! Heidelberger Palette, Samstagsmagazin, Journal am Morgen, die großen Samstagnachmittags-Sendungen inklusive "Spaß muß sein" oder "Allein gegen Alle" mit Hans Rosenthal... Dann die breite Musikmischung, die so wohltuend anders war als die heutigen breiigen Musikmischungen....
Als das "Herz des Südens" endgültig vom SWF annektiert wurde und zu schlagen aufhörte, war ich gerade im Urlaub. Als ich zurückkam und das Radio anschaltete, glaubte ich, auf einem anderen Planeten zu sein...
Diese "durchhörbaren" Programme kann ich bis heute nicht wirklich mögen. Manche, vor allem intelligente Musikrichtungen, kommen da oft gar nicht mehr vor, was zum Beispiel auch ein Reinhard Mey mal sehr beklagte.
SWR4 wirbt ja mit "Da sind wir daheim"
Nein. Wirklich "daheim" war ich radiotechnisch nur beim Südfunk. Da freute man sich noch auf das Radioprogramm. Da waren Spannung und hochinteressante Beiträge garantiert. Die Moderatoren waren sehr gut geschult und sprachen sehr sauber und sorgfältig.
Das heute oft zu hörende, hektische Gelaber und Gebrabbel ist dagegen kaum zu ertragen. Heute vergeht kaum noch ein Wortbeitrag ohne Patzer, Versprecher, falsche Betonungen oder technische Störungen.
Außerdem gibt es heute ja auch nicht mehr die so beruhigenden kurzen Sendepausen nebst Pausenzeichen zwischen den verschiedenen Sendungen. Stattdessen brüllt der Verkehrsjingle noch in die letzten Takte des noch gar nicht fertigen Songs oder in die letzten Worte des Nachrichtensprechers, der seinerseits ohne Pause in die letzten Sekundenbruchteile der Werbung eingestartet war.
Das heutige Programm, auch der ÖR, ist von Lautheit, Hektik, Plakativität, Eile, Pausenlosigkeit und Zensur geprägt.
Zensur? Ja. Wenn man damals in Diskussionssendungen anrief, wurde man ohne vorherige Abfrage seiner Meinung durchgestellt. Deshalb kam es auch mal vor, dass sich jemand auf Sendung danebenbenahm. Aber gerade das fand ich dabei authentisch und spannend.
Heute werden die Anrufer nur noch zurückgerufen - oder auch nicht, wenn die Meinung nicht passt... Wer will die Gründe denn nachprüfen, mit denen entschieden wird, wen man zurückruft...?
Wenn ich an den Südfunk denke, werde ich sehr wehmütig. Höre ich die alten Tonbeispiele von damals, fällt mir erst richtig auf, wie warmherzig das alles gestaltet war und wie sehr ich das alles geliebt hatte; von den Kindersenungen angefangen:
"Das Christkind kommt bald" (Geschichten mit dem Hund "Knuddel" am Vormittag des Heiligen Abends)
"Hutzelmännchen" oder noch früher die Abendsendungen mit den "Rundfunk-Kindern", die ich immer sehr schön fand oder auch
"Der Nikolaus kommt" und viele manchmal skurrile Kinderhörspiele (besonders gut immer die "Hörspiele für Kinder von acht bis achtzig", die auf SDR2 um 14:00 Uhr kamen, wo auch die anderen ausführlichen Kinderprogramme ausgestrahlt wurden.
Einmal im Monat kam um 21 Uhr das Science-Fiktion-Hörspiel aus Heidelberg, das immer entsprechend anmoderiert wurde ("Science-Fiktion als Radiospiel"). Dabei ging es oft wirklich noch um wissenschaftliche Denkmöglichkeiten und nicht so sehr wie heute um sehr mystische Geschichten, die eigentlich mit Wissenschaft rein gar nichts mehr zu tun haben.
Ebenfalls Dienstagabends gab es ansonsten den Krimi, manchmal auch als Mehrteiler. Diese Hörspiele waren für mich ebenfalls Höhepunkte des Radiohörens.
Es war damals eine Zeit der Phantasie, der Experimentierfreude, der Wissbegierde; eine Zeit, mit der mich gerade der Südfunk sehr verbunden hat.
Damals gab es (war wohl SWR3, "Der Wilde Süden") auch die legendären Sendungen (wie hießen die noch?), bei denen Ortschaften mit Spielen gegeneinander antraten. Da wurden alle möglichen Dinge im Wettkampf gemacht: von Zeichnungen, Gedichten und vielen anderen Dingen.
Das war eine Zeit, in der man durch das Radiohören klüger wurde, wo der Spieltrieb angeregt wurde:
Fred Metzler mit "Wer die Zahl hat, hat die Wahl" dachte sich immer neue knifflige Rätsel aus, mit denen man die nur für diesen Abend geltende, extra dafür beantragte sechsstellige Telefonnummer erraten werden musste. Wer durchkam, hatte dann seinerseits irgendein Thema, mit dem er sich produzieren konnte.
Ich kam damals ein paar Mal durch und gab unter Anderem eine selbstverfasste Büttenrede zum Besten. Wie ich aufgeregt war, als ich das erste Mal in meinem Leben live im Radio reden durfte...
In einer anderen Sendung gab es die "Wochenendknobelei" (ich meine, es war in der "Heidelberger Palette"), die oft zu intelligenten Wortspielereien aufrief, an denen ich mich auch immer mit sehr großer Freude beteiligte.
All diese Dinge trugen sehr dazu bei, dass ich unsere schöne Sprache sehr zu schätzen lernte und den Umgang damit immer mehr verfeinerte.
Heute noch schreibe ich ab und zu eigene Lieder.
Ich könnte hier noch viel mehr schreiben...
Ich höre zwar heute meistens SWR4, aber das ist wirklich kein Vergleich zum damaligen SDR1, der wirklich mein Leib- und Magensender war.
Heute wird vieles nur noch wie Fastfood den Hörern vorgesetzt. Anregungen zu eigenen Aktivitäten beschränken sich oft auf Gelaber, Musikwünsche oder reine Wissensrätseln, die kaum noch Kreativität benötigen, wie die damaligen Knobeleien. Die Inhalte sind oft politisch korrekt zurechtgemacht, weichgespült, unkritisch, main- und gendergestreamt.
Während ich bei vielen Sendungen damals ein Kribbeln im Bauch spürte, dreht sich mir heute eher der Magen dabei um...
Ich finde, die (Radio-)Welt ist deutlich kälter und einheitsbreiiger geworden, seit das "Herz des Südens" nicht mehr schlägt...
Warum hat man diesen überaus beliebten Sender mit seinem Programm zerschlagen...?
Das war ein Programm, das für mich unser Land repräsentierte, ohne dabei "volksdümmlich" zu werden.
Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Zeit erleben durfte...
Wehmütige Grüße,
guri311