AW: Deutsche Radiosender: Ein Armutszeugnis
Es ist auch immer die Sichtweise.
Der Radiomacher sagt ohnmächtig : "Wir erreichen unsere Hörer nur 20 Minuten,da müssen wir alles reinpacken."
Der Beobachter sagt, während er seinen iPod startklar macht: "Das Programm ist nur 20 Minuten erträglich."
Wenn der Radiomacher in Ohnmacht oder Lethargie verfällt, hat er meines Erachtens den Beruf verfehlt. Wo bleiben hier die Visionen und Risikobereitschaft - Ohnmacht und Lethargie bedeutet Stillstand und damit irgendwann den Tod! Erinnert mich irgendwie an das (in meinen Augen Reiz-)Wort "Globalisierung", mit dem in anderen Bereichen Fehlverhalten kaschiert wird. - In anderen Ländern scheint es doch zu funktionieren, und die leben auch nicht in einer anderen Welt.
Das ist eben unsere Zeit - der Hörfunk hat eine Chance vertan, und hat nun - damit es nicht auffällt - die Programme so frisiert, dass es möglichst MA-gerecht zugeht. Leise plärrt das Gedudel im Hintergrund (das nennt man heute 'hören'), und somit hat man sich selbst entsorgt. Das nennt man heute "Erfolg".
"Erfolg" würde ich es nicht nennen, geht es doch sicher (inzwischen auch bei den öffentlich-rechtlichen) um Gewinnmaximierung, und das auch noch nach Möglichkeit vom heutigen bis zum heutigen Mittag.
Mich erinnert das derzeitige Verhalten sehr stark an den "Schweinezyklus".
Ich bin zur Zeit sehr überrascht, wie viele Menschen morgens eben KEINEN privaten Zeitungsfunk hören. sondern hier in NRW auf WDR5 geschaltet haben. Keine Elite, keine Freaks, sondern Menschen, denen das dümmliche Gesabber auf den Nerv gegangen ist.
Erwartet der Hörer nicht von einem Rundfunkprogramm einen gewissen Mehrwert? Wenn es nur um Musik gehen würde, so gab und gibt es durchaus ander Möglichkeiten. Um ein Programm interessant zu machen gehören sowohl Informationen als auch eine qualitativ hochwertige Präsentation dazu. - Wie sieht es aber derzeit aus? Die Informationen sind gegen Null gefahren und die Präsentation ist dermaßen austauschbar, so dass der Hören, wenn nicht nach jedem zweiten oder dritten Titel käme "Sie hören Radio XY..." gar nicht wüsste, welchem Sender er lauscht.
Und Wort ist nicht gelich Wort. - Wenn die Präsentatorin/der Präsentator nicht in der Lage ist, aus einer Meldung eine entsprechende Geschichte zu machen, so hat er den Beruf verfehlt. Es genügt eben nicht, wie schon oft erlebt, das abzulesen, was der Hörer wortwörtlich zum Beispiel im Videotext oder im Internet lesen kann. Bei manchen zu hörenden Leuten (die dann auch noch vier und mehr Stunden zu ertragen sind) sei die Frage erlaubt, ob überhaupt noch eine Qualifikation und/oder eine gewisse stimmliche Ausstrahlung der Zielgruppe entsprechend notwendig ist, um auf Sendung zu gehen. - Was hier fehlt sind eindeutig Persönlichkeiten, die das Programm nach außen repräsentieren.
Und vier Stunden und mehr Moderation am Stück: Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen? Morgens und in der Nacht mag das noch Sinn machen, wenn gute Leute eingesetzt werden. Aber bei vielen "Moderatorinnen/Moderatoren", die ein Programm verkaufen wollen und vor allem auch sollen, klingt es irgendwie schon nach kurzer Zeit sehr "gequält". Und das auf beiden Seiten: Der Hörer fühlt sich gequält von der Anmutung und beim Präsentator klingt es so, als würde ihn jemand quälen, dass er stundenlang On-Air zu sein hat.
Nun ist die Hörerschaft zwar vielschichtig und das war auch immer so, das will ich gar nicht abstreiten. Der einen Hörergruppe gefällt der eine Moderator besser als ein anderer Moderator. In gefühlten 80 % klingen aber die moderatorinnen/Moderatoren sowohl von der Anmutung als auch vom Inhalt (so denn von einem Inhalt gesprochen werden kann) der teilweise für außenstehenden ziel- und planlos gesprochenen Sätze wenn nicht gleich, do doch sehr, sehr ähnlich.
Früher hatte jeder Sender zumindest bei den Moderatoren "Leuchttürme", die auch über das Sendegebiet hinaus strahlten. Die vermisse ich bei einer Vielzahl der heutigen Sender. - Wie war es denn in meiner Jugend? Auf UKW empfangbar waren ohne großen Aufwand NDR 2, HR 3 und Bayern 3. Die Musik war bei allen drei Sendern ähnlich, ein Wechsel des Senders wäre also, wenn es nur um Musik gegangen wäre gar nicht notwendig gewesen. Trotzdem hatten alle drei Sender mehr als eine Persönlichkeit, die das Programm präsentierte, so dass es durchaus Sinn machte, zwischen den drei Sendern zu wechseln, wobei der Wechsel nicht während der Sendestunde erfolgte. Ach und da gab es ja noch Sender, da lohnte es sich sogar ein oder zwei Mal die Woche auf die Mittelwelle auszuweichen (um in Deutschland zu bleiben: Europawelle Saar). - Langweilig war es jedenfalls nicht zwischen 520 und 1605 kHz bzw. damals noch 87,5 und 100 MHz, und das auch noch bei entschieden weniger Senderauswahl!