AW: LateLine ab April bei den ARD-Jugendradios
Die erste Woche LateLine ist vorbei, ich habe zufällig alle Folgen gehört und hier meine persönliche Meinung.
Montag, Jens-Uwe Krause, Thema Facebook, Twitter usw.:
Guter Moderator, gutes Thema, guter Einstieg. Die Art von JUK mag sicherlich nicht jedermanns Sache sein, aber die Fähigkeit, spontan auf Hörermeinungen einzugehen und die Tatsache, dass er sich scheinbar sehr gut auf das Thema vorbereitet hat, ist einfach angenehm und professionell. Geradezu genial seine Moderation nach dem Hörerkommentar, die Radiosender würden sowieso nichts neues mehr spielen: "Da habe ich jetzt einen super Gegenbeweis. Wir haben da eine Band aufgetan, die kennt garantiert noch keiner von Euch, und die haben einen total ungewöhnlichen Namen: Fettes Brot. Hört einfach mal rein, vielleicht gefällt Euch das ja." So viel spontane Selbstironie legen nur wenige an den Tag.
Schulnote: 1-2
Dienstag, Holger Klein, freie Themenwahl:
Der nächste, der seine langjährigen Livetalk-Erfahrungen im Radio voll ausspielen konnte. Ich denke, dass gerade die freie Themenwahl eine besondere Herausforderung ist, denn wie soll man als Moderator damit umgehen, wenn nun ein Thema kommt, von dem man überhaupt keine Ahnung hat? Für einen Holger Klein ist das scheinbar kein Problem, als das Thema auf Konzerte und Festivals kam, hat er kurz erwähnt, dass er selbst so gut wie nie auf Konzerte geht, hat dann aber beim Stichwort Rammstein gleich eingeworfen, dass solche Konzerte ähnlich wie die von Scooter auf alle Fälle ein Erlebnis sind, selbst wenn man sonst auf die Musik nicht steht. Da zeigt sich einfach, dass man mit ein bisschen Allgemeinbildung und journalistischer Erfahrung zur Not wohl auf alles reagieren kann.
Schulnote: 1-2
Mittwoch, Caroline Korneli, Thema Geheimnisse:
Ich finde, wenn man eine überregionale Sendung macht, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass man auch wenigstens ein paar geographische Grundkenntnisse besitzt. Das sah bei Caroline Korneli, die nach eigener Aussage vorher extra noch mal Bundesländer geübt habe, folgendermaßen aus: Beispiel 1: Hörerin: "Ich komme aus Stuttgart", CK: "In welchem Bundesland liegt das?", Hörerin: "Im Schwabenland", CK: "Komisch, das finde ich hier gerade gar nicht auf meiner Liste ... wo ist das?" ... Beispiel 2: Hörer: "Ich rufe aus Kassel an.", CK: "In welchem Bundesland liegt das?" ... Beispiel 3: Hörer: "Geboren bin ich in NRW.", CK: "( ... [Schweigen] ...)", Hörer: "... also in Nordrhein-Westfalen", CK: "Achso, ja, auch ein schönes Bundesland." ... Beispiel 4: Hörer: "Ich komme aus Bremen", CK: "Hm, das steht gar nicht auf meiner Liste ... ach, ist das ein eigenes Bundesland?"
Leider war der Rest der Sendung auch nicht viel besser, dabei hätte man selbst aus diesem Thema mehr machen können: Gibt es "gute" und "schlechte" Geheimnisse? Wieviele Geheimnisse verträgt eine Beziehung/eine Freundschaft/eine Gesellschaft? Hatten unsere Eltern/Großeltern/Urahnen mehr oder weniger Geheimnsse als wir? Wie lassen sich Geheimnisse moralisch/religiös/historisch einordnen? Solche Rückfragen hätte ich mir gewünscht, insbesondere bei Themen wie Fremdgehen usw. Stattdessen durften viele Hörer nicht mal ausreden und die Krönung war die Aussage der Moderatorin, als sie wieder mal eine Hörerin unterbrochen hat: "Die Fragen stelle ich hier!" ... ich denke, die Hörer haben das Wort? Was für ein Kontrast zu den beiden Tagen davor! Aufgrund der unterirdischen Erdkundeleistungen frage ich mich, wie die Moderatorin es überhaupt zu einem Schulabschluss gebracht hat. Die Moderationsfähigkeiten waren etwas besser, daher ...
Schulnote: 4-
Donnerstag, Jan Böhmermann, Thema Trendgefühl Scham:
Bei dem Thema war vorauszusehen, dass äußerst merkwürdige Hörer anrufen werden, und genauso kam es dann auch: Einer macht sich Sorgen über seinen täglichen Haschischkonsum, eine Frau erzählt davon, wie ihr eine Binde aus dem Slip fällt und ein anderer, dass man ihm, als er betrunken auf einem Festival eingeschlafen ist, Fäkalien ins Gesicht geschmiert hat. Im Gegensatz zum Mittwoch fand ich aber, dass wieder vernünftig moderiert wurde. Zwar spricht Jan Böhmermann gelegentlich etwas wirr, aber er kommt am Ende doch auf den Punkt, spontane Rückfragen funktionieren und an Allgemeinbildung und geographischen Basics mangelt es ihm auch nicht.
Schulnote: 2-
Fazit: Auf die Themenwahl sollte mehr geachtet werden. Die Männer machen ihre Sache gut, die Frau ging gar nicht. Ich glaube einfach, dass Caroline Kornelis Fähigkeiten, die sie sicherlich hat, wo anders liegen als im Live-Talk. Vielleicht wird das in Zukunft noch besser, man sollte jedem seine Chance geben, aber ansonsten: Die ARD hat genug gute Moderatorinnen, die gerade im Livegespräch erst richtig aufblühen. Würde mich nicht wundern, wenn der Mittwoch Abend schon in Kürze neu besetzt werden würde.
Muss ja nicht Eure Ansicht sein