AW: Gesetzl. garantiert: Kath. Kirche im Radio - Fortführung der Deutungshoheit?
So, habt Ihr jetzt den Schaum wieder vom Mund gewischt?
Klar, der anstehende Papstbesuch ist zwar ausreichend Anlass dazu, aber diese Diskussionen hatten wir hier doch schon zuhauf.
Wie sich Staat und Kirche(n) zueinander verhalten ist in jedem Staat historisch bedingt. Frankreich verfolgt ein laizistisches Modell, d.h. im Staatsrecht kommen Kirchen und Religionsgemeinschaften einfach nicht vor. Deutschland hat ein Modell der "positiven Religionsfreiheit". Das hat sich zur gleichen Zeit herauskristallisiert wie die Entwicklung, dass Frankreich zentralistisch und Deutschland föderal organisiert ist. Zwei Modelle, die beide die gleiche Daseinsberechtigung haben. Würde mich jetzt nicht anmaßen zu behaupten, dass das eine oder andere die allein seligmachende Lösung ist.
Stand der Dinge ist, dass wir in Deutschland eine Verfassung haben, die genau dieses Verhältnis zwischen Staat und Kirche(n) vorsieht, das u.A. den Religionsgemeinschaften (röm.kath., evangelisch, israelisch und muslimisch) Zugang zu den Kanälen ermöglicht.
Was mir hier gegen den Strich geht: Man sagt Papst und verdammt gleich alle christlichen Kirchen. Immerhin ist in Deutschland das Verhältnis zwischen Anhängern der röm.-kath. Konfession und den evangelischen (ich meine damit die, die in großen Landeskirchen organisiert sind - also der Mainstream) fast 1:1. Da sind dann diejenigen, die einer freikirchlichen Vereinigung angehören, nicht mitgerechnet.
Und selbst die "Römer" haben hier in Deutschland in ihrer Leitungsstruktur einige Besonderheiten (Laienbeteiligung in hohen Gremien, Mitsprache bei der Bischofsernennung), mit denen der Vatikan sonst nirgens umgehen muss.
Immerhin sind 2/3 aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland Mitglied in einer der beiden großen Kirchen (röm-kath. oder EKD). Jaja ich kenne das Argument mit den "Karteileichen" - aber da es momentan ja hip ist, sich offen als Kirchengegner zu brüsten glaube ich an das Märchen nicht mehr, die seien alle nur noch aus Bequemlichkeit dabei. Die Mitglieder freikirchlicher Organisationen sind da nicht mitgerechnet.
@CosmicKaizer: Ich hoffe nicht, dass Deine Vorstellung von Bürgerrechten die ist, dass ein lauter Teil der Minderheit (1/3) über die anderen 2/3 der Bürgerinnen und Bürger bestimmt, dass die Kirchen nicht mehr Teil der Gesellschaft sein sollen. Ich denke, mit solchen Experimenten haben wir in der Vergangenheit genug Erfahrung gesammelt.
P.S. Du bezeichnest Dich selbst als gläubigen Christen - ich kann mir nicht vorstellen, wie Christsein als reine Privatsache funktioniert.
@XXLFunk: Schön nachgebetet, Dein Eingangspost - scheint ja das Glaubensbekenntnis der Nichtgläubigen und der Kirchengegner zu sein. Blendet aber einen Teil der historischen Wahrheit aus. Klöster waren die Orte, an denen so was wie naturwissenschaftliche Arbeit begonnen hat. Die ältesten europäischen Universitäten sind aus theologischen Seminaren heraus gegründet worden. Selbst moderne Popsongs arbeiten noch nach den Mustern, die der olle Bach (nachweislich Kirchenmusiker durch und durch) vor vielen Jahren geschaffen hat. Noch immer betreibt selbst der Vatikan naturwissenschaftliche Forschung (die Sternwarte des Vatikans bildet hochkarätige, anerkannte Wissenschaftler aus) und im Gegensatz zur Meinung mancher Kreationisten widerspricht der Vatikan auch nicht den Erkenntnissen, WIE unsere Welt entstanden ist und wie sie sich entwickelt hat. Abgesehen davon: Die Sterne und Planeten als leuchtende Objekte auf Bahnen um die Erde herum zu identifizieren (1. Mose = Genesis 1, V14 ff) war damals revolutionär, als alle drumherum noch dachten, jeder der Leuchtpunkte wäre eine Gottheit.
Nenene, so einfach klappt das nicht, den Beitrag von Christentum und Kirche(n) in der Welt nur auf Kreuzzüge und Blut und Unterdrückung zu reduzieren. Ich frage mich gerade, wer hier seine "Deutungshoheit" unangemessen behauptet.