ARD-Arbeitsgruppe "Lautheit" will alle ARD-Radios gleich laut machen

Das sehe ich jetzt erst, danke! Da steht sogar ein "-" davor, das kann doch nicht sein.
(...) Wenn ich je 10 Sekunden Stille davor und dahinter setze (...), erhalte ich eine Range von 8,5 LU.
Pardon, ich hatte mich auf die Schnelle oben (#174) vertan mit meiner Interpretation, die spielt ja bei LUFS-Angabe keine Rolle. - Gerade sind mir die Minuszeichen vor den Range-Werten aufgefallen.

Ich habe mit dem BS1770gain nachgemessen und komme bei derart kurzen Items auch auf diese fehlerhaften Range-Werte. Bei meinen Versuchen mit mehrfachen Item-Loops (direkt nacheinander geschnitten) erhielt ich erst ab ca. 16s Dauer sinnvolle Ergebnisse, die mit der Messdauer genauer werden. Das gleicht dann auch der Messung mit dem DIGICheck. --- Wenn Du das Item mit Stille verlängerst wird merkwürdigerweise die Range verfälscht. Ich komme mit Loop auf ca. 1,8 LU Range.

Deine Werte dBTP und LUFS vom " 03 - Opener Radio-Jazznacht.mp2: -15.8 LUFS / peak: -5.8 dBTP / range: ..."
kann ich bestätigen. Der Opener kommt auf satte 7,2 LU !
.... kann der Jingle schnell zu laut empfunden werden.
Für meine Ohren wären nach News und Wetter max. 2 LU ausreichend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Empirisch herausgefunden hat man ja, dass Lautheitssprünge ab 1,5LU schon als störend empfunden werden können.
Ist wie immer inhaltsabhängig, langsam anschwellender Applaus stört da weniger als ein Jingle, das nach ner Moderation herzhaft mit 2-3 LU zuviel reinballert.
 
... ein Jingle, das nach ner Moderation herzhaft mit 2-3 LU zuviel reinballert.
Genau das ist es @Funkminister. Die harten Anschläge, z.B. bei Glocken, hauen nach den Nachrichten auf die Trommelfelle.

@lg74, mit Zahlenkolonnen tue ich mir schwer, ich mache mir gern ein Bild um mir einen Überblick zu verschaffen. Diese markige Jingle Loudness konnte ich auch in anderen Aufzeichnungen von Bayern 2 messen. -- Ich hoffe mal das Bild ist selbsterklärend:

2019-02-17_Bayern 2 Jazznacht_ITU.jpg
Hier sieht man auch wie die Musiktitel teilweise 5, 10, 12, 14, hervorstechen. --- Das Deutschlandradio scheint eine andere Philosophie zu fahren, wie die letzte Sonntagmorgen-Sendung (ab 9 Uhr) zeigte. Dort ging die relative Musik-Lautheit eher in die andere Richtung.
Die presse ich gelegentlich noch in eine Excel-Grafik.
mfg TB
 
Ich habe mit dem BS1770gain nachgemessen und komme bei derart kurzen Items auch auf diese fehlerhaften Range-Werte. Bei meinen Versuchen mit mehrfachen Item-Loops (direkt nacheinander geschnitten) erhielt ich erst ab ca. 16s Dauer sinnvolle Ergebnisse, die mit der Messdauer genauer werden. Das gleicht dann auch der Messung mit dem DIGICheck. --- Wenn Du das Item mit Stille verlängerst wird merkwürdigerweise die Range verfälscht. Ich komme mit Loop auf ca. 1,8 LU Range.

Zur Erklärung möglicher Messfehler bei kurzen Events dieses Zitat:

It is noted that measurement of very short programmes, where leading or trailing silence is
included, or of programmes consisting, for example, of isolated utterances, could result in
misleadingly high values of LRA.


aus dem offiziellen EBU Papier ( https://tech.ebu.ch/docs/tech/tech3342.pdf ) zur LRA.

Insofern ist das Loopen des Jingles genau der richtige Ansatz, denn das simuliert ja einfach ein längeres Segment dieser Herstellungsart. Deine so ermittelten 1,8 LU liegen ja dicht bei dem, was ich live auf dem TM9 messe, siehe #175.

Für meine Ohren wären nach News und Wetter max. 2 LU ausreichend.

Eben weil dies Jeder anders empfindet ist ja die Grundidee, dass alles gleich laut sein sollte, also die gleiche Programmloudness haben sollte, womit ich nochmal an diese Aussage anknüpfen will:

Und von mir noch mal: nicht jedes Element muss , auf 0 LU gefahren, eine in sich stimmige Sendung ergeben. "Jingle-Allergiker" oder "Stinger-Allergiker" hätten diese Elemente sicher gerne paar LU niedriger. Für andere Hörer ists trotzdem ok oder generll wurscht.

denn im konkreten Fall sehen wir ja, dass der Opener eben 3-4 LU lauter ist, als die ihn umgebende Sprache in Nachrichten und Moderation, von gleich laut kann also keine Rede sein. Wie es sich anders anhören/anfühlen würde kann ja Jeder mal für sich simulieren ;)

Beste Grüße, Björn
 
denn im konkreten Fall sehen wir ja, dass der Opener eben 3-4 LU lauter ist, als die ihn umgebende Sprache in Nachrichten und Moderation, von gleich laut kann also keine Rede sein. Wie es sich anders anhören/anfühlen würde kann ja Jeder mal für sich simulieren ;)
Und genau das ist fast der schlimmste Fehler den man beim Sendungsfahren machen kann.
Da greift nämlich der genervte Zuhörer zum Lautstärkeregler, um 'runterzudrehen, und gleich danach nochmal um wieder lauterzudrehen weil die eigentliche Sendung zu leise ist.
Was im Verlauf der Sendung passiert ist nicht so wild, die Übergänge von Sendung zu Sendung "bruchfrei" zu fahren ist wichtig.
Da begegnet einem gelegentlich noch die Überzeugung, der Sendungsbeginn müsse doch lauter sein, damit der Zuhörer/-schauer auch merkt, dass es nun losgeht.
 
...ich weiß nicht genau, was Du meinst. Schließlich sind M und S ja nur kürzere Bestandteile von I, wobei in I noch das relative Gate wirkt. Insofern sind deren Maximalwerte also ein Verweis auf kurze Loudnesspitzen in einem längeren Element, also zum Beispiel lautes Donnergrollen oder quietschende Schienen in einer Kurve. .
 
@Tonband meinst Du eine zeitliche Verlaufskurve?
Das gibt es, RTW und TC haben das "Radar" genannte Anzeigetool, das den M-Wert auf einer Kreisskala mit einstellbarer Laufzeit aufträgt.
Tektronix hat in seinen (Video-)Messgeräten eine lineare Darstellung des M-Wertes über Zeitachse.
 
@marillenfreund , @Funkminister ,
ja, ich meine eine zeitliche Verlaufskurve für M innerhalb eines Elements. Letztere würde m.E. Aufschluss über technische Dynamik liefern, wäre also für eine Analyse interessant. Oder aber die TP-Dichte/Häufigkeit. Der I-Wert allein steht ja offensichtlich nur als Klotz da und der TP-Maxwert kann ein unbedeutender Ausreisser sein.

Ausserdem habe ich mir die Bewertungskurve des Loudnessmessers angesehen. Abgesehen vom Verlauf bei den Tiefen gibt es oberhalb 3 kHz nur eine konstante 3 dB-Anhebung. Warum wurde das Gehör nicht mehr berücksichtigt? (z.B. nach CCIR?) Das könnte schrille Ereignisse (Jingles) ausbremsen helfen.

@Funkminister, danke für die Profi-Geräte-Hinweise. Ich dachte es gibt derartiges schon als einfaches Software Tool, ähnlich BS1770gain. Das müsste wohl etwas Selbstprogrammiertes werden. Geht leider nicht so schnell.
Gruß, TB
 
Moin @Tonband ,
das Radar-Display von TC ist deren Eigenentwicklung und zwar in Lizenz, aber nur gegen Einwurf von Münzen erhältlich, deshalb gibt es keine Share-/Freeware mit so einer Darstellung.
Zumindest als Plugins habe ich etwas rumliegen das Lautheit messen kann, ich muss mal en Detail nachsehen wie das heisst und was es kann - vielleicht steckt da auch eine grafische Darstellung drin die das kann, was Du suchst. Ich schicke aber gleich die Einschränkung mit, ich bin Apfelcomputernutzer, bin im Win-Softwarebereich also nicht auf dem Laufenden.
Ein Tool das eine numerische Statistik über die Zeit auswirft, kenne ich leider garnicht.

Anderer Vorschlag: besorg Dir gebraucht ein TC Electronic LM2. Das hat einen USB-Port und es gibt eine kostenlose Software dazu, die die Messwerte aus dem Gerät grafisch darstellt.
 
ich meine eine zeitliche Verlaufskurve für M innerhalb eines Elements.

Hallo mit einer verspäteten Antwort. Ich hatte schon mal auf die Plugins von Toneboosters hingewiesen.

https://www.toneboosters.com/tb_bustools_v3.html

Das Metering Plugin bietet verschiedene Möglichkeiten, Audio zu Messen und die Messung darzustellen. Es gibt auch einen grafischen Verlauf, ich denke jedoch, dass dieser eher die S Messung zeigt. Meiner Einschätzung nach tut dies das Radar von TC auch.
Hier noch ein Bild der Oberfläche. Übrigens ist die Testversion kostenlos, in dieser kann man lediglich keine Einstellungen speichern.

Beste Grüße, Björn
 

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Alle ARD-Radios sind auch als Webstream zu hören. Mir fällt dabei auf, dass die NDR-Radios im Vergleich zu den übrigen ARD-Radios insgesamt etwas leiser und etwas dumpfer ausgesteuert sind, obwohl alle ARD-Radios gebündelt über den gleichen Dienstleister (Icecast?) gestreamt werden.
Nach mir vorliegenden Informationen wolle die ARD ihre Hörfunkprogramme im Netz auf einem einheitlichen Pegel streamen, was aber im Fall der NDR-Radios leider nicht so ganz zutrifft, da u.a. RB, WDR, BR, SWR insgesamt auf einem etwas höherem Lautstärkepegel rausgehen.
Weiß vielleicht jemand etwas mehr dazu bzw. ist es sonst noch jemandem aufgefallen?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nach mir vorliegenden Informationen wolle die ARD ihre Hörfunkprogramme im Netz auf einem einheitlichen Pegel streamen,
Eine öffentlich zugängliche Quelle hierzu wäre hilfreich. Ebenso würde mich der angestrebte Zielpegel interessieren.

(Relativ) aktuell jedenfalls kann ich das so nicht bestätigen, zumindest beruhend auf Daten vom Jahresanfang 2024.

Eines meiner Hobbys ist, so es meine Zeit zulässt, die Lautheitsanalyse von Webstreams. Bevorzugt die Hobby-Webradios, um einen Überblick über die Szene im Laufe der Zeit zu bekommen, aber auch die Webstreams terrestrischer Sender sind mit dabei.

Im Januar 2024 habe ich folgende Ergebnisse protokolliert:

Bayerischer Rundfunk
Welle​
LUFS (integrated)​
LRA​
Bayern 1
-15,12
2,64
Bayern 2
-18,26
4,24
Bayern 3
-14,84
2,54
BR-Klassik
-19,64
11,90
BR24
-17,24
3,72
Puls
-17,10
4,04
Mittelwert
-17,06
4,85
Gemessen am 18.01.2024

Die in einer BR-Pressemitteilung von 2015 angekündigte Vereinheitlichung im Stream (ohne Angabe eines Zielpegels!) habe ich, seitdem ich mich damit beschäftige, beim BR noch nie gemessen.
Mit diesem Schritt setzt der BR, als eine der ersten Landesrundfunkanstalten ein Konzept um, mit dem die ARD bundesweit die bestmögliche akustische Qualität seiner Radioangebote sicherstellen will.
Quelle: Siehe obiger Link

Tja, 2015. Vielleicht gab es seither eine Rolle rückwärts?
Die Dynamik jedenfalls kam im Bereich der U-Musik jedenfalls nicht zurück. Selbst bei aktueller Popmusik darf man einen LRA um die 5 erwarten.

Hessischer Rundfunk
Welle​
LUFS (integrated)​
LRA​
hr-info
-15,84
2,86
hr 1
-16,78
3,36
hr 2
-16,26
9,58
hr 3
-16,00
2,18
hr 4
-16,08
2,40
YOU FM
-16,02
2,36
Mittelwert
-16,16
3,79
Gemessen am 08.01.2024

mdr, WDR und NDR habe ich noch nicht in der Stichprobe.
Aber das Saarland.

Saarländischer Rundfunk
Welle​
LUFS (integrated)​
LRA​
SR1 Deine Eins
-16,40
2,80
SR 2 Kulturradio
-16,52
5,28
SR 3 Saarlandwelle
-16,50
3,38
UnserDing
-19,42
1,52
Antenne Saar
-18,40
2,46
Mittelwert
-17,29
3,14
Gemessen am 10.01.2024

Der Messwert von UnserDing hat mich erstmal vom Sockel gehauen, er hält aber einer Überprüfung stand. Der LRA von 1,52 ist allerdings schon zum Heulen.

Vom SWR liegen mir keine vollständigen Daten vor. Hier muss ich die Messung wiederholen und nachtragen. Rohergebnisse lassen auf ca. -16 bis -15 LUFS bei einem LRA von ca. 3,5 schließen.
Details folgen nach einer neuen Messung.

Zur Versöhnung hätte ich noch das Deutschlandradio zu bieten.

Deutschlandradio
Welle​
LUFS (integrated)​
LRA​
Deutschlandfunk
-18,36
3,12
Deutschlandfunk Kultur
-18,24
2,98
Deutschlandfunk Nova
-18,40
2,50
Mittelwert
-18,33
2,87
Gemessen am 09.01.2024

Zu deiner Wahrnehmung:
Mir fällt dabei auf, dass die NDR-Radios im Vergleich zu den übrigen ARD-Radios insgesamt etwas leiser und etwas dumpfer ausgesteuert sind (...)

Die NDR-Wellen werde ich in den nächsten Tagen gerne mal durchmessen.

Wie man jedoch "dumpfer" aussteuert, ist mir ein Rätsel. Bitte nicht Pegel mit Klang durcheinanderbringen!
Solange es nicht infolge Übersteuerung zerrt, hat der Lautheitspegel (nicht: Lautstärke!) keinen Einfluss auf den Klang.

(...) obwohl alle ARD-Radios gebündelt über den gleichen Dienstleister (Icecast?) gestreamt werden.
Nach meinem technischen Verständnis sollten Icecast oder Shoutcast keinen Einfluss auf den Pegel haben und im Zuge der Verbreitung über den Server auch keine zusätzliche Normalisierung vornehmen.
Ob ein dazwischengeschalteter Dienstleister da nochmals seine Finger im Spiel hat oder haben sollte, ist mir nicht bekannt.

Methodik
Gemessen wurde das Tagesprogramm der Wellen jeweils von 8 - 18 Uhr in fünf Blöcken zu je zwei Stunden. Die Aufzeichnung erfolgte mit dem mAirList Audio Logger und die anschließende Auswertung der Aufzeichnungen mit dem Orban Loudness Meter (Reiter "Analysis").
Die hier dargestellten Messwerte sind also Durchschnittswerte aus zehn Stunden Tagesprogramm.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nachtrag:
(die besten Fundstücke kommen erst, wenn man seinen Beitrag abgesendet hat und ein EDIT zu komplex wäre) 🙄

Laut dem online-Artikel "Gleich laut im Netz" mit Stand vom 22.01.2020 um 13:27 Uhr im NDR-Webseiten-Bereich "Empfang und Technik" ist die Rede von -16 LUFS "seit Januar [2020, red.]".

Um den Ton und die Klangqualität zu vereinheitlichen und damit auch zu verbessern, gilt seit Januar für alle Streams und die Mediathek des NDR die Grundlautheit von -16 LUFS im Netz als Normwert.

Was mich hier schon wieder wurmt, ist die Sache mit dem Klang. Es würde zumindest deine Wahrnehmung bestätigen. Aber nach allem, was ich gelernt habe, wirkt sich eine Pegeländerung nicht automatisch auf den Klang aus.

Im gleichen Artikel heißt es allerdings:

Es mussten neben der Definition der Ziel-Lautheit vor allem geeignete Algorithmen und Geräte gefunden werden, die in der Lage sind, ohne hörbare Artefakte und störende Schwankungen den lauteren Wert von -16 LUFS im Live-Betrieb zu erreichen. Eine kleine Arbeitsgruppe des NDR machte hierzu in Köln Hörversuche gemeinsam mit einem Team vom WDR. Sie ermittelten das optimale System und die dazu passenden Parameter.

Bei den Stichworten "Algorithmen und Geräte" sollte der interessierte Leser aufmerken, denn das riecht doch sehr nach einer Klangbearbeitung. Anders dürfte der angepeilte Zielwert bei dynamischem Material wohl auch kaum zu erreichen sein.
Also doch eine Klangveränderung, weil ich meine Musik auf einen recht knackigen Zielpegel (hoch-)treiben möchte?

Aber ist das Grund für einen abweichenden Klang gegenüber anderen Funkhäusern der ARD?
Offiziell jedenfalls nicht:
Diese Auswahl gilt in der ARD als offizielle Empfehlung für alle Rundfunkanstalten.

Na ja, Empfehlungen...

Der NDR und der WDR haben diese Empfehlung bereits umgesetzt.
Aha? Und das schon seit 2020?
Na, daran sollten sich die beiden Häuser doch (im wahrsten Sinne des Wortes) messen lassen.

Beim hr jedenfalls scheint man das schon verwirklicht zu haben, denn die R-128-Spezifikation lässt ja eine Schwankungsbreite von ±1 LU im Live-Programm zu.

Auch die -16 LUFS sind in der offiziellen Spezifikation der R 128, im supplement 2 (s2) "Loudness in streaming":
(...) the interim value for the Distribution Loudness Level shouldbe in the range of −20.0 to −16.0 LUFS
(Hervorhebung von mir)

Für die anderen Ausreißer bei den verschiedenen Wellen habe ich (noch) keine Erklärung. Aber vielleicht melden sich hierzu ja entsprechende Techniker zu Wort.
Ich höre und messe ja lediglich auf der Empfängerseite.

Tja, dann mal ran an die Webstreams von NDR und WDR.
 
mdr, WDR und NDR habe ich noch nicht in der Stichprobe
Na dann staune mal ne Runde beim MDR. Die schrauben seit einiger Zeit am Processing und führen Welle für Welle R128 ein. Ich bewundere diese sinnlose Arbeit kurz vor dem Systemausfall, aber meinetwegen.

Nimm Dir mal Jump her, derzeit (noch) mit 256er LC-AAC-Stream.

Gerade mal 3 h 20 min mitlaufen lassen, jetzt Messung am File:

MDR Jump - Stream 256 kbps LC-AAC - 3h20min - 20-08-2024.png

MDR Jump - Stream - LC-AAC 256 kbps: -16,0 LUFS / +0,1 dBTP / range 5,0 LU

Die haben also die -16 LUFS exakt! Dazu ein nicht-mehr-Optimod-Processing (da läuft soweit mir bekannt ein Jünger D*AP mit aufwendig "feingetuneten" Einstellungen, Audio geht auch bis ca. 21,7 kHz, wenns die Quellfiles hergeben, bei 21,7 kHz scheint die Grenze des AAC-Encoders zu liegen). Das nicht auf Krawall getrimmte Processing macht hier 5 LU Range - für ne Popwelle mehr als beachtlich (und auf UKW vielleicht verstörend wegen ungewohnt leiser Stellen, man ist technische Qualität ja nicht mehr gewohnt).

Das R128-Tool meldet irgendwo im File +0,1 dBTP, also Intersample-Übersteuerung. Wo, weiß ich nicht. Im auf PCM decodierten Audio finde ich maximal -1,07 dBFS, also ists hier etwas zu knapp für den Encoder und seine Artefakte (was ich bei 256 kBit/s LC-AAC beachtlich finde, dass da -1 dBFS nicht reicht als Headroom). Der Sample-Peak befindet sich bei einem S-Laut in der Moderation. Eine genauere Analyse schaffe ich jetzt nicht - und will ich auch nicht.

Da sieht man aber, dass selbst dieses Processing bei -16 LUFS schon punktuell an der Übersteuerung kratzen kann hinter der datenreduzierten Strecke. Nun mach mal mit einer Kulturwelle, die wirklich Wert auf Qualität legt, -16 LUFS. Geht nicht ohne Kompression / Limiting.

Noch nicht behoben sind die Taktruckler in den MDR-Streams. Ein- bis mehrmals pro Minute gibt es eine Sprungstelle im Audio, die man bei geeigneter Musik (MDR Klassik!) an leisem Knistern / Klicksen / Rascheln hören kann und die man im Audiospektrum auch sieht, weil dort kurzzeitig Aktivität in den Frequenzbereichen oberhalb des momentanen Quell-Audio-Frequenzbereichs auftritt. Da "hüpft" es im Live-Spektrum, fast wie bei MP2-Encodern mit kurzzeitiger Aktivität in oberen Subbändern, es kommt aber nicht davon.

Falls Du Dich am File austoben willst mit Deinen Möglichkeiten: hier für 7 Tage.

Für ne Popwelle klingt das für meinen Geschmack super. Macht das grottige Programm aber auch nicht besser.

ist die Rede von -16 LUFS "seit Januar [2020, red.]
Danke, interessant!

-23 LUFS wären für Streams, vor allem für Audiostreams, indiskutabel. Da kommt aus Mobilgeräten (Smartphones mit Kopfhörern etc.) nichts mehr raus. Viel zu leise. UKW-Distributionslautheit von ca. -18 LUFS wäre da schon besser - könnte aber bei konsequent unkomprimierten Kulturwellen bereits punktuell ins Clipping führen, wenn da Programmelemente dabei sind, die bei Zielaussteuerung -23 LUFS einen Truepeak zwischen-5 dBTP und Vollaussteuerung haben. Das würde dann ja 5 dB Gain für die Online-Wege nicht ohne Clipping überstehen - man müsste dann komprimieren.

Der MDR hat alle Nachhör-Files für MDR Kultur vor einigen Jahren knallhart auf -15 LUFS gezogen - und damit auch permanent geclippt. Das Problem war langwierig zu beseitigen, man musste soweit ich mich erinnere erst die entsprechende Stelle im Workflow finden.

-16LUFS sind für Kulturwellen-Inhalte aber natürlich genausowenig ohne Vorkompression zu erreichen. Da Internetradio sowohl mobil als auch stationär gehört wird, könnte man sogar zwei Profile für Kulturwellen anbieten: eins "wie aus dem Pult" (also mit -23 LUFS Zielaussteuerung) und dann meinetwegen in 256 kBit/s LC-AAC oder 256 kBit/s MP3 für die stationäe Nutzung, das andere für Mobilanwendung, wo man entsprechend bearbeitet (verdichtet), um auf -16 LUFS zu kommen, ohne zu clippen. Dafür würden dann auch 128 kBit/s LC-AAC reichen und die entsprechenden schmaleren Profile mit z.B. noch 96 kBit/s HE-AACv1 und 48 kBit/s HE-AACv2 (letzteres ist dann zwar wirklich grottig, spielt aber auch bei gedrosseltem Mobildatentarif nach Aufbrauch der Inklusivdaten noch, mn käönnte da auch gleich HE-AACv1 mono machen, keine Ahnung, ob das Chancen auf bissl besser als HE-AACv2 Parametric Stereo hat).

Mehrere Profile bei Internetstreams bereitzuhalten ist nicht die Bandbreitenverschwendung, die es bei DVB-S/C wäre. Es wird ja pro "Hörstelle" immer nur ein Stream aufgerufen und verwendet, so dass der Gesamt-Traffic nicht höher wird, wenn mehrere Profile des gleichen Programms zur Auswahl stehen. Günstigstenfalls wird der qualitativ beste Stream (256 LC-AAC) nicht als erstes auf der Webseite aufgeführt bzw. nicht als Default ausgewählt, so kann man anbieterseitig bissl die Abrufe steuern und z.B. 128 LC-AAC oder 96 HE-AACv1 vorauswählen. Wer mehr will (für zu Hause), kann dann selbst den besten Stream wählen.

Bei den Stichworten "Algorithmen und Geräte" sollte der interessierte Leser aufmerken, denn das riecht doch sehr nach einer Klangbearbeitung. Anders dürfte der angepeilte Zielwert bei dynamischem Material wohl auch kaum zu erreichen sein.
Das betrifft doch nur die Kulturwellen. Dafür gibt es geeignete Bearbeitung, die klanglich weitgehend schonend ist. DLF Kultur klang ja auf UKW bis vor paar Wochen auch nicht wie Kesselschmiede, obwohl es deutlichst komprimiert war. Da geht es ja nicht um Multiband-Bearbeitung und nichts soll verzerren.

Eine Popwelle direkt aus dem Mischpult sollte - ich habe keine entsprechenden Mitschnitte zur Analyse - bei heutigem Musikmaterial kaum über -9 dBTP kommen, wenn -23 LUFS gefahren werden. Wortwege muss man bei solchen Wellen eh angemessen separat vorkomprimieren, sonst bekommt man im Mix Wort / Musik ein hochgradig inkonsistentes Spitzenpegel-/Lautheits-Verhältnis. Also sollten Wortwege bei Popwellen schon mehr Kompression haben als bei Kulturwellen. Auch da geht es um dezente (!) Maßnahmen, nicht um holländische Piratenparty. Die findet nicht vor, sondern hinter dem Mischpult statt.

Also doch eine Klangveränderung, weil ich meine Musik auf einen recht knackigen Zielpegel (hoch-)treiben möchte?
Eine Kompression, ggf. eine Spitzenpegelbegrenzung oder etwas aus dem Grenzgebiet zwischen beidem. Muss klanglich nicht kaputt sein.

Beim hr jedenfalls scheint man das schon verwirklicht zu haben, denn die R-128-Spezifikation lässt ja eine Schwankungsbreite von ±1 LU im Live-Programm zu.
Hast Du die Streams auch mal angehört oder nur gemessen? Sind die Popwellen hr1, hr3 und YouFM mit ihrem UKW-Sound auf den Streams? Da sind -16 LUFS leicht zu erreichen, einfach 7 dB Gain auf eine auf -23 LUFS bezogene Produktion und fertig. Da muss man wohl fast nie irgendwas weiter machen, weil es ohnehin platter Brei ist. Das ist dann lustig: Brei-Aussteuerung nach R128. Dynamik und leidlich originalgetreue Audio-Anmutung sind aber dennoch nicht vorhanden.

Ich kann das nur mutmaßen, denn ich habe da selbst natürlich nicht reingehört. Als ich 2021 meine AAC-/MP2-Vergleiche via Satellit machte, nahm ich (dummerweise) hr3. Das war absolute Kesselschmiede, einfach nur zerrig lauter Brei. Das waren die Werte aus identischen 69 Minuten:

hr3 - LC-AAC 128 kbps: -17,9 LUFS / -6,6 dBTP / range 2,3 LU
hr3 - MP2 320 kbps: -17,8 LUFS /-7.2 dBTP / range 2,3 LU

Das war eindeutig auch das gleiche vor-Encoder-Signal. Die abweichenden Truepeak-Werte kommen von den bei 128 kBit/s LC-AAC deutlich stärkeren Artefakten verglichen zum dem, was 320 kBit/s MP2 boten. Da sind Einzelsample-Anweichungen und auch Intersample-Abweichungen dann entsprechend höher bei gleicher Lautheit. Das ist nicht "mehr Dynamik", das sind stärkere Schwankungen in den Einzelsamples.

Das war vermutlich UKW-Distributionslautheit auf Satellit. Aber klanglich völlig kaput dank Krawall-Processing. Ob das dann noch R128 oder so gemessen ist, ist wurscht: klanglich Grütze. Die Messmethode ändert ja nichts an der Audioqualität.

Hier nochmal - hatte es weiter vorn schon verlinkt - die Loudness-Normalisierung in Norwegen, wo man die -18 LUFS von der UKW-Distributionslautheit nicht kennt (keine MPX-Leistungsbegrenzung wie in Deutschland) und wo man sich bei Einführung von DAB+ auf -15 LUFS geeinigt hat. Dabei wurde NRK Klassisk ausgenommen - aus o.g. Gründen. Mehr hier von NRK-Techniker Bjørn Aarseth (der auch einst beim desaströsen EBU-AAC-MUSHRA-Test dabei war und einige Stories über das ganze audioqualitative Elend erzählen konnte):

 
Zuletzt bearbeitet:
Nee, eher meinerseits eine Kurzfassung: wenn man alles zu Brei kloppt und keine Dynamik mehr hat, wird es mit niedrigem Spitzenpegel schon sehr laut. Man erreicht also eine recht hohe Ziel-Lautheit (hier: -16 LUFS nach der R128-Messung) ohne zu übersteuern - gibt keine Spitzen mehr, die die technische Aussteuerung begrenzen würden, aber (fast) nichts zur Lautheit beitragen.

Popwellen bekommt man also noch recht gut auf -16 LUFS Lautheit, ohne zu übersteuern. Jump zeigt das, aber in der Moderation ist man punktuell schon fast an der technischen Aussteuerungsgrenze (Spitzenpegel passt nicht mehr in den "Zahlenvorrat" auf der Amplitudenskala).

Kulturwellen mit sehr dynamikreichem Material bekommt man nicht auf -16 LUFS, weil die Stellen mit (kurzzeitig) hohem Spitzenpegel dann übersteuern würden. Entweder lässt man sie also leise (wie bei der NRK geschehen) oder man muss sie für einen Verbreitunsgweg, der "laut" sein soll, weil z.B. beim Joggen, in der S-Bahn, im Büro oder im Auto gehört wird, dann doch komprimieren. Damit bekommt man mehr Lautheit bei nicht übersteuerten Spitzen - halt mit verringerter Dynamik und weniger Spitzen.

Das Gute am IP-Verbreitungsweg: man kann beides parallel anbieten und hat letztlich außer doppeltem Stromverbrauch für den Encoder (fällt nicht ins Gewicht, vielleicht 2 Watt je Instanz, einmalig beim Programmanbieter) nichts an Mehraufwand. Da jedes Empfangsgerät immer nur einen Stream zieht, ist es für die Gesamt-Datenmenge des Anbieters egal, ob sich diese Datenmenge auf Abruf eines Streams oder auf Abruf zweier unterschiedlicher Streams (in Summe gleiche Zahl an Abrufen) erstreckt) - zumindest solange die Datenraten jeweils die gleichen sind.

Könnte also künftig wenn man wirklich Nägel mit Köpfen machen will von den Kulturwellen "Mobil"-Versionen mit klanglich schonender, aber deutlicher Kompression und hoher Lautheit geben und "stationär"-Versionen ohne Summenprocessing für das Hören im Wohnzimmer. Wenn das Programm in sich lautheits-konsistent ausgesteuert ist, sollte auch eine nicht komprimierte Version zu belästigungsfreiem Hörvergnügen führen, ohne dass man ständig zu Hause nachregeln muss.

Und: allein eine Lautheit nach R128 sagt nichts über die Audioqualität. Man kann schließlich auch völlig plattgeklopften, verzerrten und verbogenen Soundbrei in der Summe nach R128 auf -16 LUFS pegeln (hätte man auch ohne R128 gekonnt, wäre halt nur die Messung nach R128 nicht möglich gewesen) und so verbreiten. Klingt Grütze wie eh und je, hat aber nun das Label "R128" drauf.

Bei MDR Jump geht man einen anderen Weg: deutlich mehr klangliche Transparenz, deutlich mehr Dynamik - ungewohnt für eine Popwelle. Hier ist R128 in der Produktion dann wirklich wichtig, da es kein finales "Plattmachen" gibt, das nicht gehörrichtige Aussteuerung kaschieren könnte. Mir ist bei Jump die Moderation zu leise und teils zu dumpf. Das passt noch nicht. Hier ist am Mikrofonprocessing anzusetzen.

Möglicherweise ist das aber auch noch ein "Artefakt" der vertrauten bisherigen Arbeitsweise: "einfach losreden, das Processing drückt die Musik schon runter". Das geht nun nicht mehr, nun muss korrekt ausgesteuert werden.
 

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Danke @lg74, ich nehme das gerne mal mit auf und markiere deine Beiträge als Lesezeichen.
Großartige Ausführungen!
Zusammen mit dem, was ich dem (hier ehemaligen) Forenschreiber Tondose verdanke (in einem anderen Forum gelesen), habe ich mir das Wissen Stück für Stück angeeignet, um halbwegs mitreden zu können.

Ich selber sende, so ich denn mal ein passendes Webradio finde, mit -18 LUFS. Mein Musikarchiv ist verdächtig oldielastig und könnte nicht immer mit -16 LUFS mithalten.
Außer einem Notbremslimiter™ für unkomprimierte Sprache kommt bei mir kein DSP zum Einsatz.

Ähnliches würde ich ja auch gerne hr1 anraten, denn deren Musikauswahl hat keinen loudness range (LRA) von dreikomma verdient.

Neben den von dir erwähnten Mobilgeräten kennt das supplement 2 der R 128 ja noch einen anderen Hintergrund für die temporäre Aufweichung bzw. Anhebung des Pegels:
  • Smart speaker
    (verächtlich auch als "elektronische Wanzen" abqualifiziert)
Es ist wohl so, dass die Teile nicht mit niedrigen Pegeln klarkommen. Andererseits dürften sie ohne Kompression bei größerer Abhörlautstärke vom Tisch hüpfen. Keine Ahnung, ich habe sowas nicht.

Jetzt wurde aber angedeutet, dass die temporäre Ausnahme für "loudness in streaming" so lange gilt, bis smarte Geräte in der Lage sind, den als Metadatum mit übertragenen Zielpegel auszulesen und umzusetzen.
Das ist mir neu.
Wird es eine Zukunft geben, in der die Sender / Streamer dem Empfangsgerät mitteilen, wie laut das Programm ursprünglich sein sollte oder man den gewünschten Zielwert erreicht? Das wäre zweifelsohne spannend.

The EBU considering:
(...)
c) and that streaming platforms increasingly use metadata to perform loudness normalisation (either by default or on demand);

Und weiter:

(...) recommends:
(...)
f) that Loudness Metadata should be used, correctly indicating the actual Programme Loudness.

Das ist ein Aspekt, den ich in der Praxis noch nicht erlebt habe und wo mir das nötige technische Grundwissen fehlt.
Für jede Unterstützung, Nachhilfe und Fortbildung bin ich dankbar.

@count down
Dazu braucht man kein Studium, sondern nur etwas mehr Lesezeit. Vielleicht klingt es vermessen, wenn ich das als "gar nicht so schwer" einstufe, aber, hey: Ich als geprüfter Nicht-Techniker könnte mittlerweile vollkommen unbeleckte "Webradiotechniker" :rolleyes: auf dem Sektor unterweisen.
Nötig wär's.
Und wenn selbst ich das auf die Reihe bekomme, dann ist das für dich ein Spaziergang.

Grüße vom Rebi :cool:
 
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Großartige Ausführungen!
Bitte beachte, dass ich kein Profi bin. Ich könnte jetzt spontan 2 mir bekannte und hier aktive Profis aus dem Sende- bzw. Sendernetzbetrieb benennen, aber die sind mit anderen Beschäftigungen "dicht" und haben offenbar keine Zeit für solche Prosa. Sonst hätten sie schon geschrieben.

Auch ich habe beim Thema "R128" mehr als genug offene Fragen / unklare Punkte, befasse mich aber auch nicht näher damit. Als Hobby ist Hörfunk für mich nicht mehr befriedigend und als Job nicht anwendbar.

Ähnliches würde ich ja auch gerne hr1 anraten, denn deren Musikauswahl hat keinen loudness range (LRA) von dreikomma verdient.
Während "Lass knacken" mit Werner Reinke und Thomas Koschwitz war das "Getöse" bei hr1 auch schonmal (oder gar mehrmals?) deaktiviert worden. Werner Reinke hatte das auch entsprechend kommentiert, soweit ich mich erinnere. Nach Ende der Sendung schaltete man vor den Nachrichten wieder zu - sofort hatte man beinahe einen "Orkan" als Hintergrundgeräusch. Das wunderte mich damals dann doch, da ich nicht damit gerechnet hatte, dass man das Processing einfach so auf "nur das, was UKW braucht" reduzieren kann. Da ich aber niemals an Optimods oder Omnias gefummelt habe, kann ich dazu nichts sagen.

Auf der hr-Webseite gab es vor vielleicht 10-15 Jahren auch mal im "Technik"-Bereich eine entsprechende Seite, die erklärte, warum FFH und hr3 lauter als die anderen Programme sind. Da sich die hr-Webseiten offenbar nicht archivieren lassen und aus dem Webarchiv auf hr.de redirecten, kann, hier der Screenshot von 2014:

HR - Soundprocessing.png


(verächtlich auch als "elektronische Wanzen" abqualifiziert)
Wieso verächtlich? Sind sie doch.

Mein Musikarchiv ist verdächtig oldielastig und könnte nicht immer mit -16 LUFS mithalten.
Das ist dann halt die Stelle, an der man die einsame Entscheidung treffen muss, beim Aufholen von -23 LUFS auf Distributionslautheit doch zu komprimieren - oder halt mit niedrigerer Distributionslautheit zufrieden zu sein.

Was bei mir noch als subjektiver Eindruck hinzukommt: nimm nen Sack Audiofiles aus mehreren Jahrzehnten mit der jeweils zu dieser Epoche gehörenden "Produktions-Ästhetik", setze sie alle auf jeweils gleiche R128-Lautheit, spiele sie im wilden Mix ab - und es wirkt nicht wirklich homogen. Da ist so viel mehr, da sind unterschiedliche "Bass-Lastigikeiten", unterschiedlich aggressiver oder dezenter Hochtonbereich, dass das auch bei gleicher Lautheit nicht ohne Brüche in der Anmutung vonstatten geht. U.a. auch dafür nutzt man ja das bekannte Multibandprocessing, damit am Ende alles irgendwie ähnlich klingt. Ist nicht im Sinne der "Werktreue", ich mag es nicht, aber ich kanns irgendwie auch verstehen, dass andere die einheitlichere Anmutung gegenüber der Originalqualität bevorzugen.

Außer einem Notbremslimiter™ für unkomprimierte Sprache kommt bei mir kein DSP zum Einsatz.
@Ralle_Köln hat hier im Forum soweit ich mich erinnere mehrmals Anmerkungen fallen lassen zur Sprachbearbeitung für bestimmte Zielstellungen, von Kulturwelle bis Popwelle. Das unterschied sich je nach Zweck dann in der Kompression.

Jetzt wurde aber angedeutet, dass die temporäre Ausnahme für "loudness in streaming" so lange gilt, bis smarte Geräte in der Lage sind, den als Metadatum mit übertragenen Zielpegel auszulesen und umzusetzen.
Das ist mir neu.
Das ist mir mangels eingehenderer Befassung damit auch bislang nicht bekannt gewesen.

Wird es eine Zukunft geben, in der die Sender / Streamer dem Empfangsgerät mitteilen, wie laut das Programm ursprünglich sein sollte oder man den gewünschten Zielwert erreicht? Das wäre zweifelsohne spannend.
Ich empfände es als chaotisch. Aber das gibt es ja schon.

Dolby AC-3 kennt z.B. einen "Dialnorm"-Wert, eine nach bestimmter Messvorschrift (die ich nicht kenne) ermittelte Lautheit, die sich auf die Filmdialoge bezieht. Man kann damit in 1-dB-Schritten den Pegel absenken mittels Metadaten. Bezug sind nach einer entsprechenden Vorschrift gemessene Werte, ein Metadatum von dn = -31 dB führt zu keiner Absenkung im Endgerät, dn-Werte größer -31 dB führen zu einer Absenkung mit enstprechendem Dämpfungswert, also dn = -30 dB führt zu 1 dB Absenkung, dn=-20 dB führt zu 11 dB Absenkung etc. Das sollte dann Programmelement für Programmelement angewendet werdne, um z.B. Werbespots und Filmdialoge in der Lautheit anzugleichen.

Schnelle Fundstellen:



und vor allem


Da geht also noch mehr, auch Eingriffe in die Dynamik statt nur statische Einstellung.

Dass bei R128 auch irgend sowas vorgesehen ist, überrascht mich (mangels eingehenderer Befassung), da ich das Konzept da bislang eben völlig anders verstanden hatte: gleiche Lautheit auf Anbieterseite schaffen, nicht auf Empfängerseite. Also anbieterseitig nach R128 aussteuern, dann muss man zu Hause nichts mehr regulieren.

Als die ARD ihren Hörfunk noch via Satellit im hoch kompatiblen MP2 anbot, gab es für einige Kulturwellen (BR Klassik, SWR 2, WDR 3, hr2, MDR Kultur, NDR Kultur) auch eine zusätzliche Tonspur mit 448 kBit/s AC-3. Die konnte auf 5.0 oder 5.1 konfiguriert werden für spezielle Multichannel-Sendungen. Teils liehen sich auch andere Wellen der jeweiligen Anstalt diese Spur aus, z.B. erinnere ich mich an eine Hörspielserie auf 1Live, die über die AC-3-Spur von eigentlich WDR 3 übertragen wurde, die dafür für eine Woche oder so PID-mäßig auf 1Live umgehängt wurde.

Nun wollte man aber über diese AC-3-Spuren den Originalpegel / die Original-Lautheit der jeweiligen Hörfunkwelle übertragen und vermeiden, dass in Endgeräten noch herumgeregelt wird. Also setzte man den dialnorm-Wert knallhart dauerhaft auf -31 dB, dann machen spezifikationskonforme AC-3-Decoder nichts und leiten pegelmäßig 1:1 durch. Hier das Parameterset von BR Klassik, wie damals aus einer Aufnahme extrahiert:

AC-3, CM, 2/0(2.0), bsid 8, dn -31dB, notDS, 48000Hz, 448kbps


Inzwischen wird der ARD-Hörfunk mit Ausnahme von NDR Kultur (dort weiterhin AC-3, das einzige mit allen HDTV-Receivern kompatible und wirklich hochwertig übertragene Programm) ja via DVB in LC-AAC angeboten. AAC kennt in der DVB-Systemfamilie zwei Eingriffswege, über Metadaten Lautheit und Dynamik zu manipulieren. Einmal geht das über Daten innerhalb der DVB-Datenstruktur, andererseits geht das über Daten, die im AAC-Datenstrom (in den ancillary-data-Bereichen) übertragen werden. Siehe dazu


Kapitel 6.4.3 Seite 160/161

The IRD shall support the MPEG-4 AAC Dynamic Range Control (DRC).If a program reference level is not transmitted in the bitstream, it is strongly recommended that a program reference level of -23 dB is assumed.
It is strongly recommended that each IRD operates either at a target level of -23 dB or at a target level of -31 dB.


(IRD - Integrated Receiver-Decoder, also "Receiver")

und dann halt Kapitel C.5.4., Seite 223ff.

Als die ARD 2021 mit dem AAC-Gemurkse via DVB begann, gab es die verrücktesten Rückmeldungen Betroffener. Deren Geräte schwiegen entweder (damit hatte sich alles weitere sowieso erledigt und die offizielle Aussage der ARD, dass AAC meist unterstützt würde, war als Falschaussage enttarnt) oder sie spielten verglichen zum noch parallel laufenen Hörfunktransponder in 320 kBit/s MP2 zu leise, zu laut (bis in brutale Verzerrungen) oder regelten eigenmächtig an Pegel und Kompression (!) herum. Hier dazu Meldungen und feine Screenshots:


Die wilden Geschichten von permanentem Leise-/Lautregeln (!!!) von Empfangsgeräten stehen auch irgendwo. Hatte selbst entsprechende Rückmeldungen aus dem Bekanntenkreis, betroffen waren TechniSat (auch "Premium"-Geräte), weitere Receiver von billig bis teuer und auch Fernseher international bekannter Marken.

Irgendwann wurde klar, dass die ARD (zu diesem Zeitpunkt nur BR, MDR, rbb, NDR/RB, die AAC-Encoder von Qbit verwenden) spezifikationswidrig RDS-Daten in die Ancillary-Data-Bereiche des AAC-Datenstromes schreibt. Die wurden von manchen Geräten als DRC (Dynamic Range Control) Data fehlinterpretiert und entsprechend sinnfrei angewendet. Besonders heftig wohl beim MDR, der das umfangreichste RDS-Datenset (fast alle RDS-Features) überträgt.

Mitte Januar 2022 wurde dann das Thema dadurch entschärft, dass Qbit die RDS-Daten-Einbettung segmentierte, so dass bestimmte Hexcodes nicht mehr im Datenstrom vorkommen, Fehlsteuerungen sollen damit vermieden werden. Der Encoderhersteller Ferncast, mit dessen Encodern SWR/SR, WDR und hr laufen, zog dann entsprechend nach. Die RDS-Daten waren vorher bei den Anstalten mit Ferncast-Encodern aber sowieso nicht in die Ancillary Data eingebettet, sondern wurden auf separatem Datenstrom ("Private Data") übertragen, konnten auf diesem Wege also nicht stören.

Ich konnte aber 2022 noch beim WDR (der zu diesem Zeitpunkt das RDS noch mittels eines Ferncast-Encoders auf Private PID übertrug und nicht in die Ancillary Data einbettete, also von dieser Seite keine Fehlsteuerungen verursachen konnte) eine deutliche Dynamikkompression an einem TechniSat-Receiver (DIGIT ISIO STC+, ein UHD-Twin-Tuner-Premiumgerät) feststellen. 50 Minuten WDR 3:

Decoding des Transportstromes via FFmpeg
-20,3 LUFS / peak: 0,0 dBTP / range: 18,9 LU

Decoding mit dem Receiver, Ausgabe am S/PDIF
-20,6 LUFS / peak: -2,7 dBTP / range: 18,9 LU

Es erfolgt eine Dynamikkompression, die den Bereich -3 dBFS … 0 dBFS auf ca. -3 dBFS … -2,7 dBFS zusammenpresst. Sieht man auch schön in den Wellenformen, hier aber mit MDR Sachsen-Anhalt gezeigt, die als Unterhaltungswelle deutlich "dichteres" Signal hatten, da konnte man es besser zeigen:

MDR Sachsen-Anhalt - Screenshot Wellenform beider Decodings beschriftet.png

Das ist also in etwa das, was man erwarten kann, wenn Endgeräte Dinge tun, die man besser der Anbieterseite überlassen sollte. MP2-Decoding war mit diesem Gerät übrigens ohne Manipulationen an Pegel und Dynamik.

Da man mit AAC Multichannel machen kann, es aber keine AAC-Multichannel-Decoder auf dem Consumer-Markt gibt (auch so eine irre Story), müssen die Multichannel-Angebote von BR Klassik, SWR 2, WDR 3 oder MDR Kultur (hr2 hat sowieso mit Multichannel aufgehört im Zuge der Umstellung auf das AAC-Gemurkse) in den Receivern / Fernsehern erst decodiert und dann nach AC-3 transcodiert (!!!) werden, damit man sie in zivilisiertem Standard der Weiterverwendung zuführen kann. Dafür bietet Dolby Softwarebibliotheken an, die Receiverhersteller kaufen und verwenden können:



Auch da wird lustig Metadaten-Übersetzung von AAC nach AC-3 gemacht.

Mir wird schlecht bei sowas. Da weiß man am Ende nicht mehr, woher absurdes Dynamikverhalten kommt. Für das ARD-Radio via DVB eignen sich also am besten "dumme" Empfangsgeräte, die die DRC-Funktionalität nicht unterstützen, also eigentlich nicht vollständig spezifikationskonform sind. Ich vermute sowas für die Vistron-Kabelradios und die bitgenau identisch decodierenden inzwischen 15 Jahre alten HDTV-Receiver des gleichen Herstellers (LaSAT/Bemondis), denn die liefern 1:1 den Originalpegel und die Originaldynamik, genau wie es FFmpeg macht.

(...) recommends:
(...)
f) that Loudness Metadata should be used, correctly indicating the actual Programme Loudness.
Damit möchte man künftig vielleicht folgende Späße vermeiden:


In den 1980er Jahren wollten Jugendliche, die auch nur ansatzweise verstanden hatten, was da passiert, zur Konfirmation einen Recorder mit manueller Aussteuerung geschenkt haben. Heute plättet es uns alles automatisch. Ich bevorzuge deshalb oft "unkomfortable" Lösungen, bei denen ich aber nachgewiesenermaßen weiß, was passiert.

Selbst dabei muss man aber aufpassen: wer AC-3 mittels FFmpeg auf der Kommandozeile nach PCM decodiert, bekommt eine Dynamikbearbeitung kredenzt. In den Default-Aufrufen! Man muss tatsächlich bewusst drc_scale == 0 setzen, um das Originalaudio zu erhalten. Muss man auch erstal rausfinden.

 
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Das kann einfach nicht wahr sein...

Das direkt hier obendrüber eingebettete Video des genialen Posy ist hier eingebettet und mit Firefox für Windows abgespielt auch komprimiert / Auto Gain. Festzustellen beim Testsignal ab 2:05. Dann mal direkt via Youtube spielen: da ist es bei mir nicht komprimiert. Mit dem gleichen Browser. Völlig abartig.

Auto... auto... automatisch kaputt.
 
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@Ralle_Köln hat hier im Forum soweit ich mich erinnere mehrmals Anmerkungen fallen lassen zur Sprachbearbeitung für bestimmte Zielstellungen, von Kulturwelle bis Popwelle. Das unterschied sich je nach Zweck dann in der Kompression.
Ja, so habe ich das praktiziert, aus einem ARD-Studio in alle möglichen Wellen abgebend. Da gibt es ja die mit moderatem Processing und Technikern / Ingenieueren / Sendefahrern „im Signalweg“, die das abgegebene, nahezu lineare und nahezu unkomprimierte Signal eines U87 oder U89 (je nach Studio / örtlichen Gegebenheiten) entgegennehmen und entweder so - oder ihren Anforderungen entsprechend bearbeiten können…

… und dann gibt‘s die selbstfahrenden Wellen, wo es häufig über ein öffnen des Reglers per Knopfstart nicht hinausgeht. Da geht dann die ankommende Leitung so in die Summe, wie sie halt ankommt. Und um dann mit „meiner“ Abgabe nicht gegen Musikbett und brutales Mikrofonprocessing der nehmenden Welle abzuschmieren, hab ich am Kompressor und manchmal auch am EQ gedreht.
Was da kommt und ob man da akustisch reinpasst hört man vorher auf der n-1. Ob man das Gehörte dann angenehm findet, steht auf einem ganz anderen Blatt, da ist man irgendwo Dienstleister und interessiert an einem runden Gesamtprodukt.

PS: Jump hatte lange Jahre die Eigenheit, die n-1 an die 0dB(FS) abzugeben. Da hat man sich immer erschreckt, sobald der Codec geframed hatte oder einer der Schalträume entsprechend umgeschaltet hatte.
 
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