AW: Beruf im Wandel: Tontechniker/in
Herbst 1993, MDR Sputnik. Der Umzug von Berlin (Studio K6 in der Nalepastraße) zum Waisenhausring nach Halle brachte auch den Selbstfahrbetrieb. Die Moderatoren wurden in den Wochen vor dem Umzug im neuen Studio geschult, nicht nur in der Bedienung der Technik, sondern auch in den neuen Gepflogenheiten ("hot drive" nannten sie das), Ramptalk als Muß kannte vorher vermutlich auch fast keiner der Sputnik-Leute (zumindest nicht von denen, die von DT64 kamen).
Für die Schulungen zeichnete keine Technikerin, sondern eine Moderatorin verantwortlich: Birgit Abrameit. Nach einigen weiteren Stationen ist Frau Abrameit inzwischen selbständig tätig und bietet ihre Dienste an:
http://www.birgitabrameit.de/Moderationstraining/moderationstraining.html . Hier zahlt sich aus, daß Kompetenzen sowohl in der Technik als auch im sprecherischen Bereich vorhanden waren/sind.
Soweit ich das überblicke, fanden es die Moderatoren schon teilweise anstrengend, waren aber auch froh über die neuen Möglichkeiten, viel spontaner und ohne Intercom / Zeichensprache die Sendungen gestalten zu können.
Einige Techniker gingen wohl mit nach Halle und waren in der Produktion beschäftigt. Es gab damals noch richtig produzierte Sendungen bei Sputnik, es gab redaktionelles Wort, Features und nicht zuletzt die wöchentliche Satireshow "Deutschland im Stau", die eine Ansammlung vieler kleiner Schnipsel war. Das war dann noch Aufgabe der Techniker. Wo die inzwischen abgeblieben sind, weiß ich leider nicht.
Andere gingen zu privaten Tonstudios, als für sie beim Rundfunk kein Platz mehr war.
Meine Erfahrung: im Formatfunk braucht man Techniker eher im Bereich Netzwerk- und Systemadministration. Audio-Workstations müssen gewartet werden, Redakteure (die zuweilen kaum Ahnung von Audioediting haben) wollen geschult und beraten werden und fragen nach, wenn etwas "hängt". "Richtige" Tontechniker sind da eher selten. Wo nichts produziert, sondern nur Konserven abgespielt werden, haben sie halt ihre ursprüngliche Aufgabe verloren. Wozu Mikrofonaufstellungen und Einpegeln beachten, wenn der Beitrag in irgendeinem Büro sowieso ins Headset geschnorchelt wird? Die paar Aufgaben, die in der Wartung der Studiotechnik anfallen, geben kleine Sender dann auch noch gerne außer Haus, z.B. hierhin
http://www.audioone.de/flash/leistungen/l_support.html . Andere Variante: der "Haustechniker", der vom Netzwerk (Qualifikation: hat zu Hause auch nen DLS-Router zum Laufen gebracht) bis zur Produktion von Audioelementen (Qualifikation: weiß, daß man mitm Kompressor alles viel lauter bekommt) alles übernimmt.
Freilich, große Häuser und die ARD sowieso haben noch Tontechniker. Sie kommen bei der Produktion von Hörspielen oder komplexeren redaktionellen Arbeiten zum Einsatz und betreuen die dann doch zahlreichen Studios - immer mehr unterstützt durch reine Computer- und Netzwerkleute. In einer mir bekannten ARD-Anstalt gibts nen Korridor, auf dem all das konzentriert ist. Da stehen die Rechner der Dira-Administatoren ebenso wie die Lötkölben, Oszis (ja, da wird noch selbst gemessen), Kartons mit Geräten, Meßschnüre, Tastköpfe und im Fax aufm Flur lag, als ich dort war, eine Einladung zu nem Workshop von Rohde & Schwarz...
Die Leute haben gut zu tun, aber halt kaum was mit dem künstlerisch-ästhetischen Teil der Produktion zu tun.