Malt doch nicht so schwarz-weiß...: Die Nachrichten sind aufgezeichnet, alle Gewinnspiele lügen, der Live-Gast sitzt nicht im Studio, das Radio verarscht alle... Und Journalisten findet man in den elektronischen Medien eh' nicht. Halleluja...
Sowas kommt vor. Natürlich. Aber muss man sich als Radiomacher mit diesem Schmuh identifizieren? Muss man dieses Spielchen der Hörer-Verarsche mitspielen? In meinen 36 Jahren Radio (ÖR) bin ich buchstäblich durch sämtliche Programme meines Senders gehüpft und habe - wie die allermeisten (!) meiner Kolleginnen und Kollegen - meine Hörerinnen und Hörer zumindest wissentlich nie betrogen. Keine aufgezeichneten Nachrichten: Von den tausenden, die ich gelesen habe und immer noch lese und zusammenbaue, KEINE EINZIGE! Keine Pseudo-Gewinnspiele: Bei denen, die ich moderiert habe, waren es ECHTE Hörer, die ECHTE Preise gewonnen haben - unter fairen Bedingungen. Keine Journalisten? Ich habe hier Leute erlebt, die wegen einer Recherche, wegen eines Beitrags, ja, auch nur wegen eines O-Tons alles andere stehen und liegen ließen, um das Ding auf den Sender zu bringen, ich habe Kollegen gesehen, die aus den Kriegsgebieten zurückkamen, lädiert, aber glücklich, weil sie über Monate, manchmal Jahre unter absurden Bedingungen versuchten, objektiv Bericht zu erstatten. Und so weiter und so weiter. Es geht auch ehrlich und aufrichtig, wenn man nur will. Ja, auch den Tutzinger Appell habe ich unterschrieben und fühle mich gerade deswegen nicht als " traurige Gestalt". Warum muss man eine traurige Gestalt sein, wenn man ehrlich durchs Berufsleben geht? Vielleicht hab ich auch eine überkommene "Manufactum"-Auffassung von Radio. Aber dann hab ich wenigstens was, auf das ich stolz sein kann!