2. Keinesfalls liegt irgend etwas am "Alex". Um nicht so streng zu sein: Was sollte am "Fernsehturm am Alexanderplatz" denn "liegen"?
Am Fernsehturm auf dem Alexanderplatz (genauer: an der Vielzahl an Programmen, die von dort ausgestrahlt werden), liegt es, daß man in Berlin "nicht so viel" von weiter weg empfangen kann wie anderswo im Land. Man hat dafür weitaus mehr Ortssender. Nehmen wir doch mal die FMscan-Ergebnisse von meinem Wohnort nahe Plänterwald:
Das sind alles freilich nur hypothetische Werte, die im dicht und hoch bebauten Gelände ähnlich wacklig sind wie im Mittelgebirgsland (kann real durchaus mal 10 dB schlechter sein). Aber die Signalstärken am Dipol kann man ja trotzdem vergleichen, die Bedingungen sind für alle gleich. Und da ist festzustellen: anderswo hat man vielleicht ein Dutzend Programme mit Signalstärken über 60 dBµV, in Berlin hat man davon theoretisch etwa 30. Ein UKW-Tuner fühlt sich bei wenigen Programmen auf der Skala bei vielleicht 60-65 dBµV am wohlsten, bei vielen und dicht gedrängten Programmen je nach konstruktivem Aufwand bei ca. 55 dBµV.
Greifen wir uns
ElendsElsterwerda in Brandenburg mit dem gleichen Ausbreitungsmodell:
Da geht es erst bei 70 dBµV abwärts los - das wäre in Berlin-Plänterwald in etwa ab Programm Nr. 26. Also haben in Berlin 25 Programme mehr "Bumms".
Und richtig nett wirds dann an der Küste wie hier in Thiessow (Südostspitze der Insel Rügen):
9 Programme auf der Insel, zwei der noch solidesten (wieder mal) mit der geringsten Leistung. Alles weitere läuft unter "Fernempfang" und verlangt für Stereo nach einer anständigen Antenne. Immerhin dürfte das meiste reflexionsfrei sein, was in Berlin nun absolut nicht der Fall ist.
Also: je mehr Programme vor Ort stark zu empfangen sind, umso weniger bekommt man freilich an Fernempfängen. Deshalb siehts in Berlin auch sehr mau aus mit sowas, während man auf Rügen durchaus ständig Polen zu Gast hat aus auch >50 oder gar >100 km Entfernung. Troyka habe ich da oben (Groß Zicker) schon mit nem Taschenradio gehört. Mit ner
guten Antenne auf nen Hügel gehen und scannen bringt da deutlich mehr Freude als in Berlin auf nem Hochhausdach.
Zusätzlich sind in Berlin auch Frequenzen gestört, die formal frei sind: die hohe HF-Last bringt viele Empfänger zur Übersteuerung. Dabei entstehen Mischprodukte der Art 2*f1-f2 bzw. 2*f2-f1. Beispiel: 88,4 und 88,8 können Störungen auf 88,0 (damit geht kein MDR 1 auf 88,1) und 89,2 (damit ist z.B. Radio Potsdam angegriffen) verursachen. Die Reihe 97,2 - 97,7 - 98,2 stört sich selbst hervorragend mit solchen Intermodulationen und manche Empfänger verzischeln nahe des Alexanderplatzes generell alles, weil die Eingangsstufe selbst mit nem Stück Draht als "Antenne" übersteuert ist. Kulturradio (Scholzplatz) rauscht dann nahe des Alex immer. Feldstärkemäßig ist das in Ostberlin schon ein "Fernsender".
In Südwestbrandenburg, worum es ja eigentlich ging, isr durchaus viel in der Luft - nur halt nicht aus dem eigenen Bundesland:
Genaugenommen kann man nur Nr. 1 - 8 als "vermutlich auch mit einfachen Radios ohne besondere Antenne gut zu empfangen" werten. Die Brandenburger Programme beginnen bei ca. 55 dBµV - da hörts in Berlin mit den Ortssendern auf. Früher empfing man in Ostthüringen den BR mit Pegeln um 50 dBµV und installierte dafür große Antennen mit ca. 11 dB Gewinn. Heute hat man für so etwas kaum noch Platz, Muße und Erlaubnis, außerdem ist die Skala deutlich voller, was den Empfang nicht leichter macht. Und in Südbrandenburg soll man unter solchen Bedingungen seine heimatanstalt empfangen. Ein Radio Eins mit knapp 50 dBµV ist einfach mal ein Witz. Das geht indoor gleich gar nicht und draußen in besseren Lagen dann in Mono. Aufm Dach bei guter Lage ist vieleicht wohntimmertaugliches Stereo drin mit anständiger Antenne.