AW: Dudelfunk: Argumente pro und contra - wie ist es dazu gekommen?
Aha, man macht also Programm für Leute, die morgens und abends 20 Min. im Auto von und zur Arbeit fahren. Scheinbar standen die noch nie in NRW im Stau.
Ich beobachte ein anderes Phänomen in dieser Pendlergruppe. Musik aufgrund immer gleicher Titel hören die nicht mehr, auf Informationshardcore á la DLF haben die zudem keine Lust. Stattdessen leihen Sie masssenhaft Hörbücher in der Bibliothek aus. Und die alte Dauerhörgruppe der Brummifahrer wechselt auch oft - die wollen ja nicht irre hinterm Steuer werden. Wenn man bedenkt, welch expansiver Markt bei Hörbüchern existiert und wie wenig Radio in D davon abbildet - aber das wäre dann wohl Einschaltprogramm.
Vor allem frage ich mich wie es zum teilweise absolut niedrigem Informationsgehalt gekommen ist. Geht da wirklich nicht mehr mehr? "Die Kleidungsexpertin Julia empfielht dringend warme Kleidung und Handschuhe, wenn draussen minus 10 Grad sind..."
Aber scheinbar muss auch hinter die breiteste Basis erwischt werden, bloß niemand mit einer Information überfordern oder gar zum (Nach)denken anregen. Es endet dann im heute bekannten sinnentleerten Blabla um Wetter, Fussball und Stars und Sternchen.
Ähnlich wie beim Fernsehen hat sich eine Bildungsschicht bereits völlig vom Medium verabschiedet oder tummelt sich auf den letzten verbliebenen Inseln, wo die Idiotie wie Wellen den Sand immer weiter abtragen.
Schaut man auf den Trend der "Verblödungssachbücher" wie "Generation Blöd" oder die "verblödete Republik" stellt dich die Frage ob die flüchtigen Medien nur einem Trend folgen oder ihn beschleunigen. Das Aufmerksamkeitsdefizit ist überall sichtbar. Ein Film ohne Werbung halten wir kaum noch durch, eine Information über 1:30 ist nicht mehr zu verarbeiten. Stattdessen Eventkultur und Hypermaximierung. So leben gesellschaftliche Paralellwelten vor sich hin und begreifen den jeweils anderen nicht mehr.
Deswegen stellt radiovictoria ja auch diese Frage - wie es dazu gekommen ist. Ganz einfach: weil es für die Masse so richtig ist! Die Einschaltquote gibt ihr Recht. Die täglichen Messwerte im TV beweisen es täglich erneut:
1 Das Supertalent 20:15 4.09 Mio. 31.8 %
2 Das Supertalent - Die Entscheidung 00:21 2.99 Mio. 41.0 %
3 Schlag den Raab 20:14 2.50 Mio. 21.3 %
4 Die 10 schrägsten Supertalent-K. 23:24 2.46 Mio. 25.3 %
5 Sportschau Fußball-Bundesliga 18:59 1.90 Mio. 20.6 %
6 Tagesschau 20:00 1.78 Mio. 17.2 %
7 Explosiv - Weekend 19:05 1.44 Mio. 15.2 %
8 Das Wunder von Manhattan 20:13 1.44 Mio. 11.0 %
9 Sportschau Fußball-Bundesliga 18:28 1.43 Mio. 16.9 %
10 RTL Aktuell - Weekend 18:45 1.41 Mio. 16.2 %
11 Tagesschau 18:58 1.32 Mio. 15.0 %
12 Die Simpsons 18:37 1.21 Mio. 14.1 %
13 Mario Barth präsentiert: Die besten 01:10 1.16 Mio. 28.2 %
14 Das Supertalent - Backstage 17:45 1.11 Mio. 14.7 %
15 Talk Talk Talk 19:06 1.10 Mio. 11.7 %
Das sind die beliebtesten Sendungen der 14-49 Jährigen vom 19.12.2009. Und genau so klingt das Radio auch, das mit Werbung Geld verdienen muss. Und all die Zuschauer wollen meist auch gar keine GEZ mehr. Leider regiert uns diese Subkultur auch noch.
Wer sich da nicht wiederfindet - es ist noch Platz auf den Inseln. Und es tut mir aufrichtig Leid, wenn Ihr beruflich täglich aufs Meer müsst.