AW: Dynamische Reporter-Mikrofone
Ich lese in diesen Thread so viel Angst vor der Nähe hinein, ganz so als berge sie irgendeine unberechenbare Gefahr. Dazu ein kleiner Kommentar am Rande:
Je näher das Mikrofon an der Schallquelle, desto besser ist der Klang. Das gilt für dynamische wie für Kondensatormikrofone: es geht um Rauschabstand, Umgebungsgeräusche etc. Dieser Umstand ist gegeben und es gibt daran nichts zu rütteln. Der Job des Reporters besteht also darin, das Mikrofon so nah wie möglich an den Mund des Interviewpartners/Passanten zu bekommen. Punkt.
Wenn nun im Moment der Erkenntnis dieses Umstands Panik um sich greift, deutet das meines Erachtens auf ein gewisses Defizit in der Haltung hin: man würde die ganze Technik am liebsten verstecken und ein ganz natürliches Gespräch heimlich aufnehmen und am Ende in der Hoffnung, der/die aufgezeichnete höre sowieso kein Radio, auf Sendung gehen, stets begleitet von einem mulmigen Gefühl bezüglich der Rechtslage dieser Situation und miesem Ton.
So geht das nicht. Man verhält sich, als würde man dem Passanten irgendwas wegnehmen, als würde man an der Kreuzung stehend um Antworten betteln und sei dann jedem, der großzügig mit seiner Zeit umgehend eine Antwort gibt, zu endlosem Dank verpflichtet.
Ich hatte in einem vorangegangenen Posting bereits erwähnt, wie wichtig das Auftreten des Fragenden für das Interview ist. Man kann an seinem Auftreten noch so hart arbeiten, die innere Haltung wird sich dem Gegenüber immer mitteilen.
Möchte man daran etwas ändern, sollte man sich eines deutlich machen: ein Gesprächspartner spricht nicht mit mir, wenn er selbst nicht daran interessiert ist. Er oder sie hat etwas zu sagen und hat ein Interesse daran, dass seine Worte auch von meinem Rekorder aufgezeichnet werden und möglichst deutlich andernorts wiedergegeben werden.
Mein Mikrofon ist das Werkzeug um dies zu ermöglichen. Es dient uns beiden. Und mir obliegt die Verantwortung es so zu gebrauchen, dass es funktioniert. Was hat mein Gesprächspartner von seiner Anstrengung, wenn ich sie am Ende nicht über den Rauschpegel heben kann?
Und noch etwas: bei bestimmten Interviews, (nämlich dann, wenn ich bereits einen Gesprächsverlauf geplant habe oder auf etwas ganz bestimmtes hinaus will) ist mein Mikrofon der Taktstock. Der Gast wird mit dem Gerät vertraut gemacht -im Sinne des "es dient uns beiden"-, sodass er damit interagiert. Das Mikrofon in meiner Hand dirigiert jetzt das Gespräch: ich erteile das Wort und nehme es wieder, entscheide wann eine Ausführung zu lang ist, das Thema zu sehr verlassen wird etc. Mit ein bißchen Gefühl im Handgelenk kann man das alles machen ohne im entferntesten unhöflich zu wirken.
Also: Nähe ist in meinem und im Interesse meiner Interviewpartner. Und man kann sie auch nicht mit igrendwelchen Spezialmikrofonen kompensieren: die gibt es nämlich nicht -selbst ein mkh416 muss mindestens 30cm an den Mund heran um vernünftig zu klingen und wirkt dabei aufgrund seiner Größe ebenso penetrant wie ein md21 auf 10cm.
lieben Gruß
omni