@K 6: Stimmt. Es scheint so, als würde die Mehrheit der Radiohörer auf minderwertigen Schrott stehen; Stichwort: "Die größten Hits der 80er, 90er und das Beste von heute".
Das ist absolut kein minderwertiger Schrott - ganz im Gegenteil - aber die Phantasie und Kompetenz deutscher Radioplaner (nicht die der Macher) reichen für nichts anderes mehr. Das sind überwiegend Leute die von 60er/70er-Rock und den frühen 80er-Hits euphorisiert wurden und seit dem musikalisch nichts Adäquates mehr gefunden haben. Irgendwann hat sich dieser Beraterapparat verselbständigt und eine derartige Machtfülle erlangt, dass er im deutschen Radio praktisch frei schlaten und walten durfte - die noch viel inkompetenteren Verleger und Verlagsmanager im Hintergrund hätten ihnen wohl auch keine Ratschläge erteilen können.
Der ganze Rattenschwnaz von radiotechnisch schnell angelernten und in musikalischen Belangen weithin unbeleckten Werbefachleuten, die das Radiogeschäft nach 1994 maßgeblich geprägt haben, hat deren Dogma ganz einfach aufgesogen und seit dem ist das deutsche Radio einem anachronistischen Oldiewahn verfallen, der lange Zeit keinem vernünftigen Argument zugänglich war und bis zum bitteren Ende weitertoben dürfte. Alle einheimischen Produktionsstätten wurden zugunsten eines mengenmäßig begrenzten, blind importierten "Durchschnitts-Standard-Jugendpops" (abschätzig "Chartmusik", "Dudelpop"
), der quer durch die Bank von allen Kommerzwellen kritiklos und unhinterfragt übernommen wurde, geschleift und jede Vielfalt mit dem eisernen Besen hinfortgekehrt.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die bis heute aufrechte Doktrin von der Kombination von Einzeltiteln unterschiedlichster Provenienz, die für sich genommen angeblich mehrheitsfähig sein sollen, aber dummerweise nur selten zusammenpassen und auf allen Wellen mehr oder minder identisch sind. So eine Playlist wird dann idealerweise vom Computer zusmmengeschustert, nicht wahr?
Musikalische Kompetenz jenseits der Oldieschiene war bis zum Aufkommen der Top-40-Discowellen ja quasi nicht mehr vorhanden, mit Ausnahme des zweiten Gliedes, d.h. in den nur bedingt entscheidungsbefugten Musikredaktionen öffentlich-rechtlicher Sender. Doch nun ist auch diese Bastion gefallen und der von einer Hand voll provisionsverwöhnter Promoter herangeschaffte Einheits-Dudelpop nebst der sattsam bekannten Oldieberieselung zur zentralen Säule des öffentlich-rechtlichen Radiobetriebs geworden. Wenn die Reste des Bärenfalls (der dank Zeitungsmonopol äußerst dürftigen Werbeeinnahmen) verteilt werden will niemand abseits stehen. Eine Schande ist das.
Mittlerweile dürfte sogar dem Beraterstab aufgegangen sein, auf welch abschüssiger Bahn er sich bewegt und welche Vielfalt an Möglichkeiten zur Aufwertung des Mediums man in all den Jahren ausgeschlagen hat. Doch heute bringt keiner mehr den Mut, geschweige denn die Risikobereitschaft auf, gegenzusteuern - Resignation hat sich breitgemacht. Radio musste immer schon billig sein und möglichst viel Rendite abwerfen, jeder Hörer jenseits der 25 war in den letzten 15 Jahren eine Hypothek, um die sich die hauseigenen Resterampen zu kümmern hatten (Oldies & Classics). Der Schlager, so innovativ er zeitweise auch gewesen sein mag, wurde erbittert bekämpft und mit statistischen Tricks alt gerechnet, weil der Werbemarkt 30plus von den hauseigenen Printmedien beansprucht wurde.
All diese Zustände haben sich bald gründlich überlebt. Irgendwann muss ein Fundament für die Zukunft gelegt werden und je länger man zuwartet umso schwerer wird's.