@Hepp: Habe die Anzeige auch gelesen und beim gleichen Satz schmunzeln müssen...
Eins Vorweg: Natürlich MUSS beim InternetRadio gar nix. Mann muss nicht mal durchgehend senden - und wenn man sendet, bestimmt auch keine Behörde, was gesendet werden muss, so lange ich nicht gegen geltendes Recht verstosse.
Aus einger Erfahrung bei meiner eigenen INet-Station kann ich aber nur Folgendes berichten: Ich lerne dort grade einen Moderator an, der eine erste moderierte Schiene übernommen hat. Und natürlich ist mir wichtig, dass er den Sendernamen und den Claim ordentlich und richtig sagt und sich auch musikalisch an die Linie meiner Station hält. OK, er hat sogar ne Stundenuhr von mir bekommen, aber nur als Hilfestellung, nicht als Zwang.
Natürlich hängt das in erster Linie damit zusammen, dass ich mir - um mein Radio zu positionieren - selbst einige Vorgaben gemacht habe, was die Anmutung des Ganzen angeht. Format dient hier aber nicht als Sebstzweck und ich sitze auch nicht mit der Stoppuhr daneben und schaue, ob er nach 90 Sekunden wieder in der Musik ist.
Mein Format - und ich denke, dass ist der Ausgangsgedanke von Format - dient lediglich dazu die Gesamtanmutung des Programmes zu wahren, denn meine Hörer sollen ja im Großen und Ganzen schon wissen, was sie erwartet, wenn sie das Programm einschalten - um dennoch immer wieder mal überrascht zu werden, keine Frage, das widerspricht sich ja nicht zwingend, auch wenn einige PD's echter Stationen das sicher anders sehen.
Dennoch "muss" ich mal grundsätzlich festlegen, ob ich ein Talk-Radio oder eine Musikstation machen will, ob ich Pop/Rock/Charts oder nur Oldies spiele, ob ich eine junge Zielgruppe ansprechen möchte, oder mich eher auf ein älteres Segment begebe. Darüber sollte ich mir schon im Klaren sein, denn eine gewisse Hörer-Erwartungunshaltung ist sicher auch beim INet-Radio vorhanden und man tut bestimmt gut daran, sich ein wie auch immer geartetes Profil zu geben - und natürlich ist das schon Format.
Mein Radio steht zum Beispiel für aktuelle Chart-Musik in recht enger Rotation, dazu Powerhits aus den 90ern und ein paar Classic-Hits aus den 80ern - Pop, Rock, Dance, Charts und Comedy-Bits. Ab und an ein paar flockige Moderationen.
Wenn ich nun zwischendurch altenglische Kinderlieder senden würde, würde ich meine Hörer verlieren. Und wenn plötzlich jemand ne Stunde lang aus Harry Potter vorlesen würde, auch. Und mich schaltet auch keiner ein, der am Wochenende eine Bundesliga-Konferenz-Schaltung hören will, weil er das bei mir gar nicht erwartet.
Bleibt natürlich noch die Frage nach der Unterscheidung zu kommerziellen Radios.
Kann ich in meinem Fall zum Beispiel durch die AUSWAHL der Musik beeinflussen. Ich kann die geile 7 Minuten-Version von Prince' Kiss spielen und muss mir keine Gedanken ums Timing machen - ich kann gute neue Musik schneller einsetzen, ohne auf Testergebnisse warten zu müssen, kann Songs spielen, die längst in Vergessenheit geraten sind, weil sie kein kommerzieller Sender mehr plant, Stichwort 80er: wo läuft noch Yello's The Race oder New York, Rio, Tokio...
Und ich kann das natürlich ganz entscheidend über die Moderation tun, in dem ich auf Liner-Card lesen verzichte, in dem ich nicht gewungen bin, heftig zu claimen und die Major-Promo zu bewerben und dabei mein Timing im Auge zu behalten... Entscheidend ist letztlich, dass ich mich nur den Regeln zu unterwerfen habe, die ich mir selbst auferlegt habe und da ist ja jeder ganz frei und es ist auch eine Frage der unterschiedlichen Ansprüche, die man an sich und sein Radio (und seine potentiellen Hörer) setzt.
Ich möchte eine professionelle Plattform bieten, die durchhörbar ist und qualitativ - das ist mir sehr wichtig - "kommerziellen" Stationen nicht nachsteht. Gute Verpackungen und eine sorgsame Musikplanung sowie das Einschiessen auf eine jüngere Zielgruppe - das ist mein Format.
Ich denke einfach, dass es wichtig ist, sich selbst eine Linie vorzugeben und sich ein Profil zu schaffen, dass eine Wiedererkennbarkeit gegenüber anderen INet-Sendern möglich macht - ich muss wissen, wofür und für was mein Radio stehen soll.
Wie ernst und konsequent ich diese Regeln dann im Betrieb umsetzte und wie oft ich mir ein Ausbrechen und Überschreiten dieser selbstauferlegten Regeln genehmigen möchte ist eine ganz andere Frage und schafft unter Umständen genau die angenehme und sympatische "Abwechslung" zu den UKW-Privat-Radios.
Grüße in die Szene,
walli