Chefkoch hat recht. Willst Du jetzt die wissenschaftliche Begründung hören? Nein? Ich sag's Dir trotzdem: Es hat vor einiger Zeit einen recht umfangreichen Versuch gegeben, zu klären, ob Dörfler sich im Straßenverkehr wirklich immer blöder anstellen als Städter. Als Referenz gewählt wurde Pinneberg (Kennzeichen PI = Pennt immer). Es kam heraus, dass das natürlich nicht der Fall ist. (Was ich ja auch nicht glauben wollte.) Wie aber kommen die Menschen zu dem Schluss?
Nun, Wahrnehmung ist dreifach selektiv.
1. gibt es die so genannte Stichprobenselektion. Du nimmst ja nicht eine repräsentative Stichprobe für Deine Hypothese, sondern es fällt Dir etwas mehr oder weniger zufällig in dem Umfeld auf, in dem Du Dich nun mal gerade bewegst. (Also: Wie viele Pinneberger kreuzen wo Deinen Weg? Oder: Wie viele Frauen senden wo aus dem Selbstfahrerstudio??) Schon da wird das Ganze ziemlich verzerrt.
2. gibt es die so genannte Wahrnehmungsselektion. Wahrscheinlich nimmst Du die meisten Pinneberger gar nicht wahr, sondern sie fallen Dir erst dann auf, wenn sie Dich geschnitten/ausgebremst haben. Oder: Möglicherweise fällt Dir erst auf, dass überhaupt eine Frau sendet, wenn ein Fehler passiert. Dass möglicherweise schon Stunden vorher eine / die Frau fehlerlos gesendet hat, nimmst Du hingegen nicht wahr. Und sagst: Oh, das war doch schon wieder eine Frau, die gepatzt hat?! Und dann müsste noch zu klären sein, ob Du alle Kategorien ohne Unterschied anwendest. Möglicherweise lässt Du einem Mann eher mal was durchgehen, als einer Frau, von der Du ja ohnehin denkst, sie sei schlechter.
3. gibt es die so genannte Erinnerungsselektion. Wir Menschen neigen bedauerlicherweise dazu, uns nur die Dinge zu merken, die gerade in unseren Kram passen. Glaubst Du mir nicht? Warum stellt Tom2000 dann immer die gleichen Fragen, die zum Teil schon ausführlich beantwortet sind?
Du wirst Dich an einem Tag möglicherweise 20 Mal über Autofahrer ärgern. Aber weil Du ja ohnehin die These hast, dass alle Pinneberger immer pennen, wirst Du Dich in zwei Wochen nur noch an die zwei Pinneberger erinnert, die darunter waren. Oder: Es passieren am Tag tausende Fehler am Mischpult. Aber weil Du glaubst, dass Frauen am Pult einfach schlechter sind, werden Dir nur die fünf Fehler in Erinnerung bleiben, die Du im Zusammenhang mit weiblichen Moderatoren registriert hast. Und wenn dann der nächsten Frau der nächste Fehler passiert, wirst Du sagen: HAH! Hab ich's doch gewusst. So etwas nennt man Bestätigungsbias.
Sind Frauen im Selbstfahrerstudio nun besser als Männer? Tja, ich finde, ich kann fantastisch rückwärts einparken und denke, dass alle Dörfler nur mit dem Zug/Bus in die große Stadt fahren dürfen sollten. Vor allem Sonnabends und zum Weihnachtsmarkt. Solltst Du Deine Hypothese mit der gebotenen wissenschaftlichen Distanz überprüft haben (also: repräsentative Stichprobe, klar definierte Kategorien und Variablen, vorurteilsfreie Auswertung), wäre ich erfreut, wenn Du uns teilhaben lassen könntest.
Viele Grüße
Die Hexe
PS: vgl.: Diekmann, Andreas (2003): Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, Rowohlt, Hamburg, S.40-52.