Klar kann man ein einzelnes autarkes Radio leicht austauschen. Mit Stereoanlagen im Wohnzimmer wird das aber schon anders: da ist dann u.U. kein Line-In vorhanden und die ganze Anlage wird damit wertlos und muss ersetzt werden. Oder es sieht einfach nur "scheiße" aus (es gibt Menschen, die legen Wert auf eine halbwegs gediegene Wohnzimmerausstattung).
Greifen wir doch gleich mal das Beispiel meiner Eltern. Setze z.B. hier mal einen DAB-Empfänger ohne viel Bastelei ein, ohne dass es fies aussieht:
Da wäre sogar noch ein Line-In vorhanden, also die Anlage prinzipiell weiterverwendbar. Man müsste einen dieser "DAB-Adapter" verwenden, also so ein Ding das aussieht wie ein Wecker, meist pultförmig gebaut und oben auf der Anlage stehend. Schön hätte ich ein no-Go bekommen von meinen Eltern, aus optischen Gründen. Diese hier sichtbare Anlage war schon das Ergebnis eines jahrelangen zähen Kampfes, denn sie ersetzte Vaters Eigenbauanlage aus den frühen 1980er Jahren, bei der altersbedingt immer weniger ging. Es wäre noch ein Steckernetzteil zu verkabeln, ggf. das Anschlusskabel zu verlängern, damit es unter den rechts sichtbaren Schrank kommen kann (wo schon das Netzteil des Plattenspielers "unsichtbar" hängt), es wäre eine dickere Kabelführung nötig (die derzeitige ist schon voller Kompromisse, die Lautsprecherkabel sind von sehr magerem Querschnitt, damit ich ein 6,8er Antennenkabel reinbekommen habe) und es läge eine weitere Fernbedienung herum und müsste auch genutzt werden. Klar, das geht alles, ab einem bestimmten Alter der Benutzer aber kommt dann - so kenne ich es aus mehreren Haushalten - jedoch schnell der Kommentar "dann lass ich es halt, dann kann ich halt kein Radio mehr hören". Zuweilen wird dann auch die Ausicht (eher: die Hoffnung) auf den baldigen eigenen Tod ins Gespräch gebracht. Das ist alles sehr entwürdigend.
Hinzu kommt die Bedienung: ich habe inzwischen bei Senioren mehrfach erlebt, wie teure "Handwerker" geholt werden, sobald etwas nicht mehr so funktioniert, wie einmal eingestellt. Im Falle eines mir bekannten Paares (80/83) kann oft wochenlang kein Fernsehen geschaut werden, weil der TV statt auf HDMI 1 (DVB-T2-Receiver) auf HDMI 2 steht und "kein Signal" anzeigt. Die Leute sind hilflos, wenn sie mit einem ihnen unbekannten Zustand konfrontiert werden. Selbst via Telefon sind solche Umstellungen dann kaum zu bewerkstelligen, ich habe da schon weinende und dann auflegende Senioren erlebt. Gerade bei den "Schöngeistern", bei den Kulturleuten. Die haben auch kein Internet.
Und im Auto gehen Umrüstungen auf DAB dank tief in die Bordelektronik integrierter Radios (die dann das Navi beinhalten oder deren Display zwischen den anderen Instrumenten mit im Armaturenbrett sitzt und noch ganz andere Dinge anzeigt) auch nicht allzu leicht von der Hand. Wer außer Freaks packt sich eine Magnetfußantenne aufs Dach mit Kabel durch den Türholm und injeziert das Audiosignal im schlimmsten Fall via FM-Transmitter?
Das Problem mit PULS vs. BR Klassik hätte aber weitaus heftigere Dimensionen gehabt: die inhaltliche Zerstörung von PULS aufgrund der Pflicht, nun massentauglich ("Verhinderung des Generationenabrisses") zu werden, evtl. auch die "Verwässerung" von Bayern 2 durch Übernahmen einiger Inhalte von BR Klassik, die doch auf UKW laufen sollen, ...