AW: Keine Radiokonzepte für Männer
Lieber Tom, alle Männer fahren auf Sex ab. Immer. Natürlich auch auf Autos und Bier, aber nur dann, wenn sie zu lange auf Ersteres warten müssen. Darüber hinaus lieben Männer ihre Computer mehr als ihre Frau(en), die sie ohnehin nur als optische Randerscheinung ihrer brillanten Selbstdarstellung benötigen oder um Erstgenanntes in geordneten Bahnen vollziehen zu können. Darüber hinaus haben Männer keine Interessen, weil ihnen ihre Gesundheit so lange egal ist, wie sie das eine noch können und das andere haben. Sex und Bier. Kinder und Familie haben Männer in ihrer sachorientierten Arbeitsverteilung an Frauen delegiert. Fragen zu Umwelt und Garten spielen so lange keine entscheidende Rolle, wie das Auto fährt und der Grill des Sommers auf der Terrasse nach der Sportschau seinen Dienst zuverlässig verrichtet. Finanziell gibt sich der Mann nicht nur börseninteressiert, er ist es auch, wenngleich er bei Hedge-Fonds und Knock-Outs ein wenig in die Defensive gerät. Bleibt noch der Beruf. Mit dem ist der Mann ersatzweise und sehr zum Leidwesen der Kinder- und Familienbeauftragten verheiratet, allerdings nur mangels weiterer Gestaltungsmöglichkeiten, die ihm das Leben eben in seinen Augen nicht mehr bietet. Charakterlich ist der Mann nicht nur klar strukturiert, er ist vor allem hart, liebt Viervierteltakte, verzerrte Gitarren, erwartet von sich und seinesgleichen marlboroartiges Verhalten im tristen Alltag und von Frauen, dass sie "lecker aussehen". Tief innen sind sie natürlich ebenso hart und nicht, wie von Frauen gerne besserwisserisch erklärt, mit einem total weichen Kern ausgestattet.
Auf Radiokonzepte übertragen heißt das konsequenterweise playboyFM. Sorry, falls ich anderes gesagt haben sollte.
Frauen dagegen lieben Freunde, gutes Essen und schöne Klamotten. Wäre nicht ihr Ehemann, dem sie allnachmittäglich die Kinder aufs Auge drücken, könnten sie endlich tun, was sie schon immer tun wollten. Den Chef ihres Lieblingsmodegeschäftes heiraten. Mit dem würden sie von Abend zu Abend eine edle Pizzeria nach der anderen "testen", um mal wieder "was Neues" auszuprobieren und auch mal zu schauen, wie es dem Luigi geht, dem ging's letztens nämlich nicht so gut. Wegen seiner Frau. Die ist ja auch ein Drachen. Armer Luigi. Eigentlich will die Frau natürlich nur ihren schlaffen und viel zu häuslichen Ehemann ein wenig eifersüchtig machen, damit es auch im Bett wieder Spaß macht. Nicht, dass Frauen auf Sex stünden. Aber sie glauben, ihr Mann brauche das. Ja, Frauen sind mitfühlende Wesen. Vormittags, wenn die Kinder in der Schule sind - "mein Mann wollte drei Kinder, mir hätte ja eins gereicht" - trifft sich die deutsche Durchschnittsfrau mit ihren Freundinnen im Café bei Pierre, einem total netten Franzosen, der den besten Cappuccino macht, den die Welt gesehen hat. Und eben nicht Luigi. Da unterhalten Frauen sich darüber, warum Eros Ramazotti der süßeste Mann der Welt ist, noch vor Luigi und Pierre und dass die Hunziker eine totale Zicke ist, die ihn ohnehin nicht verdient hatte. Frauen reden nämlich gerne über Beziehungen, weil ihnen die eigenen auch total wichtig sind. Vor allem die zum Gatten, der kann nämlich sogar kochen. Nicht nur Nudeln mit Tomatensoße. Und auf die Kinder aufpassen, darin ist er der Held. Sie unterhalten sich mit ihresgleichen zudem über Kochrezepte - Marmelade im Sommer, leichte italienische Kost im Winter -, die sie aber nie ausprobieren können, weil die Kinder soviel Zeit kosten. Und ihr Mann muss ja soviel arbeiten. "Der ist mit seiner Arbeit ja fast schon verheiratet". Musik interessiert sie so lange nicht, wie die Interpreten nicht "süß" aussehen. Harte Nummern lieben sie nirgendwo, also stehen sie auf Eros und Robbie. Außerdem sind wichtige Themen für Frauen: Urlaub und Gesundheit. Ist ein bisschen länger geworden, aber Frauen sind auch viel vielseitiger.
Auf Radiokonzepte übertragen heißt das konsequenterweise brigitteFM. Auch hier: Sorry, falls ich anderes gesagt haben sollte.