AW: Neuer Trend News-Talk?
@Jasemine
In Deutschland herrscht leider die verbreitete Meinung vor, dass AC das einzig erfolgreiche Radioformat ist. Ausserdem ist es so schön einfach herzustellen: man braucht nur die Programmelemente und Ideen der Sender aus anderen Märkten kopieren. Die meisten Radiomacher fragen sich oft gar nicht, warum etwas gemacht wird, sondern hoffen darauf, dass es schon "gereasearched" sein wird.
Ich gebe Dir Recht, dass Musiksparten-Sender wie Jazz, Rock usw. nie die gleichen Hörerzahlen erreichen können wie AC-Sender. Beim Talkformat sehe ich das etwas anders, da es hier nicht um einen bestimmten Musikgeschmack geht, sondern um eine ganz neue Kategorie, die theoretisch alle interessieren kann, egal ob sie sonst AC, Schlager, Jazz, Rock oder was auch immer konsumieren.
Ausserdem könnte man sich mit einem neuen Format in einem Markt wie Berlin die vielen schönen Marketingregeln von Ries&Trout zu Nutze machen: "Seien Sie erster!, Machen Sie was Neues, Seien Sie anders, Setzen Sie auf ein Schlagwort, Denken Sie langfristig" usw.).
Ich habe das einmal mit Dan O´Day diskutiert, als er in Österreich zu Besuch war. Und er hat mir damals gesagt: "ein Talkformat zu etablieren dauert leider viel länger als ein Musikformat, aber wenn es einmal läuft, hält es für Jahre".
Erst einmal müssten sich die Hörer daran gewöhnen, dass es Talk nicht nur im Fernsehen gibt, sondern auch im Radio und dass man dort selbst jederzeit anrufen kann.
Ich behaupte, dass Talk Radio in Deutschland oder Österreich nur deswegen nicht gemacht wird, weil die Anlaufkosten zu hoch sind. Gute Talkmoderatoren sind teuer und Nachwuchs gibt es keinen, weil man nirgendwo üben kann.
Ein Aspekt ist allerdings auch, dass Inhalte in den USA weniger restriktiv behandelt werden als hierzulande. Dadurch werden auch weniger provokante Aussagen on air gebracht, die aber zur Ankurberlung einer Diskussion notwendig sind. Ich stelle hier aber auch einen Unterschied zum Fernsehen fest. Was bei TV-Talkshows offenbar toleriert wird (Interview mit Neonazis u.ä.), fällt im Radio schon der freiwilligen Selbstzensur zum Opfer. Alles ist hier immer schön glatt und harmlos.
@dira: ja, da beginnt auch schon Deine Schere im Kopf zu wirken: Newstalk als Radioformat heisst ja nicht unbedingt "Hardfacts mit Meinung vermischen", sondern dass z.B. nach der regulären Nachrichtensendung zur vollen Stunde Themen daraus aufgegriffen und anschlissend diskutiert werden.
So jetzt bin ich mal wieder vom eigentlich Thema abgeschweift: sorry, ravag!
J.B.