AW: Orban Loudness Meter
Ach mann...
Glaubt Ihr denn im Ernst, die von Dir so gelobte neue CD von Clueso sei nicht komprimiert/limitiert und gemastert?
Nun, Hochwürden gedenkt zu glauben, daß die CD immerhin gemastert wurde. Hochwürden hätte sie sonst nicht hier im Regal stehen...
Im Ernst: freilich wurde auch bei dieser Produktion komprimiert und limitiert. Hier handelt es sich um elektrisch verstärkte Beatmusik, da gibt es im Unterschied zu einer reinen Akustikaufnahme genaugenommen kein "Original". Aus ner E-Gitarre kommt halt nicht viel raus, wenn man den Stecker zieht. Das akustische Gesamtbild entsteht im Pult bzw. bei der Clueso-CD entstand es in Pro Tools, da kein "richtiges" Pult im Spiel war, sondern eine Armada Vorverstärker, Effektgeräte und eben das Pro Tools.
Einzelne Spuren zu bearbeiten, gehört zum üblichen Repertoire in der U-Musik-Produktion. Das kann - Du weißt es - bis zur völligen Entstellung dessen gehen, das das Mikrofon oder das Instrument, das auf dieser Spur aufgezeichnet wird, geliefert hat. Auch bei der aktuellen Clueso-CD wurde teils brachial komprimiert - auf einzelnen Mikrofonkanälen am Schlagzeug, um ganz gezielt bestimmte Effekte erreichen zu können.
Genau da liegt aber der Unterschied zur Summen-Nachbearbeitung im Rundfunk, die nur dem Ziel dient, möglichst besonders laut anzukommen, koste es was es wolle (und sei es das vom Tonmenschen beabsichtigte Klangbild). Da helfen auch keine Multiband-Kompressoren, die verhindern vielleicht Pegelmodulationen in anderen Frequenzbereichen, zerstören dabei aber die spektrale Balance. Und waren ebenso wenig vom Künstler vorgesehen, sonst hätte er sie selbst angewendet.
Beim aktuellen Clueso-Album kamen u.a. der
Germanium-Kompressor sowie der
TG1-Limiter von Chandler für die gezielte Dynamikbearbeitung zum Einsatz.
Es geht darum, dass es immer bessere Kompressoren/Limtiter/EQ´s gibt, die der Musik eben nicht die Dynamik nehmen, zumindest nicht hörbar.
Was sollen denn Kompressoren tun, wenn sie nicht die Dynamik verändern? Da kann ich ja gleich ein Patchkabel anstelle des Kompressors einsetzen.
Im Gegenteil, moderne Produktionen klingen offen, transparent und sehr dynamisch - Madonnas letzte beiden Alben sind auch so Beispiele dafür.
Ich kenne von Madonna nur sehr wenige Aufnahmen, die jünger als 20 Jahre sind, weil mir die Tante musikalisch nix mehr gibt. Was ich kenne, war widerlich komprimiert und pumpend wie ein Wasserwerk. Vielleicht gibt es andere Titel, aber das Zeugs, das mir zu Ohren kam, war Grütze.
Und die "modernen Produktionen"... das diesjährige Kettcar-Album kann man schon wegen seines aggressiven Gleichstrom-Sounds in die Tonne werfen. Das aktuelle Coldplay-Album ist nicht nur musikalisch wertlos, es ist auch klanglich nur überproduzierter Müll. Das Teil hängt schon seit Ewigkeiten auf 0 dBfs, obwohl noch gar nix passiert ist. Wenn was passieren soll, ist dafür kein Headroom mehr und man hört nur noch Mulm. Das diesjährige Feeder-Album ist verzerrter Sondermüll und unanhörbar. Wüßte zu gerne, ob die Songs was taugen würden, wenn sie anständig und mit gewisser Restdynamik produziert worden wären. Die aktuelle Produktion von Klee ist auch nur brüllender Müll und klingt schlimmer als das Summenprocessing mancher Popwelle. Man weiß ja, womit man es zu tun hat und dreht eben leiser, irgendwann ists aber nur noch öde. Die Liste ließe sich fortsetzen...
Und Du würdest heute nie behaupten, dass sich das komprimiert anhört.
Doch, siehe oben: künstlerisch beabsichtigte Kompression. Bei U-Musik durchaus Gestaltungsmittel, wenn man es nicht übertreibt. Seit etwa 10 Jahren übertreibt man es zunehmend...
Wer hat denn tatsächlich von Euch schon mit solch hochwertigen Geräten gearbeitet???
Ich hatte noch nicht viele unter den Fingern. dBmax von TC und Jünger d07 müssen leider erstmal reichen, Geräte aus Produktionsstudios konnte ich noch nie befummeln. Die Neugier bleibt und wird bei etwas mehr freier Zeit befriedigt. Die Abneigung gegen brüllend lauten Akustikbrei bleibt, dafür muß ich auch keine Geräte kennen. Dafür habe ich 2 noch halbwegs gesunde Ohren und einen Gehörsinn in dem Organ dazwischen.
Wo liegen denn jeweils die Signalspitzen?
Da kann ich sogar das erste DeMo-Album (Speak & Spell) von 1981 greifen, auf CD 1988 erschienen. "Just Can't Get Enough" geht bis 0 dBfs, und das nicht nur einmal, sondern faktisch dauernd. Hier ein Ausschnitt aus der Wellenform:
Der RMS-Pegel liegt so um die -17 dBfs.
Cluesos schöner Titel "Wir wolln Sommer" ist auch recht perkussiv, deshalb nehme ich ihn zum Vergleich. Hier die Hüllkurve in gleicher Skalierung, es geht oft bis 0 dBfs:
Man sieht es zwar schon, aber trotzdem: der RMS-Pegel liegt bei etwa -13.7 dBfs und den Unterschied hört man dann schon. Aus heutiger Sicht und mit heutigen lärmgeplagten Ohren mutet der Song dennoch wie ein Feuerwerk an: hoch explosiv. Das macht Laune!