AW: Privatfunk in Deutschland steckt in der Krise - wie kommt er da raus?
Lassen wir doch mal bezüglich dieser Frage mal eine alte Radioserie wieder aufleben
ICH HABE EIN PROBLEM - von und mit Alexander Borell (oder so ähnlich)
"Lieber Herr Borell, ich weiß nicht mehr was ich tun soll. Ich bin 17 Jahre alt und ein Privatradio. Ich spiele immer nur die grössten Hits der 80er und 90er und selbstverständlich nur das allerbeste von heute. Damit auch keiner unseren Claim "Wir spielen die Superhits für Waden-Würgezwerg" vergisst, wiederholen wir diesen alle 4 Minuten. Selbstverständlich spielen wir nur getestete Musik und halten unsere Playlist schön überschaubar, denn erstens ist das ja professionell, zweitens machen das alle so, drittens sagt das mein Berater und viertens können dann meine Moderatoren nicht die Ramps vermasseln, da sie alle Lieder auswendig können, hihi, Spässle gmacht.
Damit die nicht immer so blödes Zeug labern oder dann gar noch eigensinnige Kommentare abgeben, bekommen sie immer schöne Linercards, die sie nur abzulesen brauchen. Natürlich sind meine Starmoderatoren immer supi drauf und grinsen bis hinter beide Ohren, sobald sie am Mikro stehen. Die Bildzeitung haben sie natürlich vorher auch schon auswendig gelernt.
Und ich mache supergeile Gewinnspiele, da wo man immer 1 Million Euro gewinnen kann, das heisst, eigentlich ja überhaupt gar nicht, aber die Hörer glauben das doch alle, und dann machen wir auch noch ganz ganz tolle Umfragen und finden für unsere Hörer heraus, ob Angela Merkel schon in den Wechseljahren ist und sich Gerhard Schröder kastrieren lassen will, bevor er eine vierte Frau heiratet, wegen der Alimente und so...
Wir sind nämlich voll innovativ.
Und trotzdem haben mich die Hörer gar nicht mehr so gern, die ganzen bösen ipods und mp3-Player setzen die sich auf die Ohren, und ernst nehmen tun sie mich auch nicht. Bei der heiligen Medianalyse habe ich doch tatsächlich mehrere Tausend Hörer verloren. Wo zum Elch sind denn die alle hingegangen?
Wenn ich noch mehr verliere, dann bucht nicht nur der Holzfachmarkt keine Werbung mehr, sondern dann wollen auch noch Cola und McDoof nemme, und dann siehts ganz böse aus. Denn dann werden bestimmt noch in die Regentonne gekloppt. Au weia, ich weiss gar nicht, was ich machen soll"
"Liebe Latrine, Sie haben ein schönes Selbstbewusstsein. Das ist auch gut so, wenn man sich wie Sie auf einem harten Markt behaupten muß. Trotzdem sollten Sie hin und wieder sich selbst und ihre Konzepte hinterfragen. Die Bedingungen haben sich geändert, es gibt neue Angebote, stellen Sie sich darauf ein. Zeichnen Sie doch mal ihr eigenes Programm auf, nehmen Sie 10 tage Urlaub und hören Sie sich das einfach mal den Tag nebenher an. Dann werden Sie wissen, was ich meine, wenn Sie dem Nervenzusammenbruch nahe sind und ihren Discman anschliessen. Machen Sie doch einfach wieder richtig Radio. Lassen Sie ihre Moderatoren so sein, wie sie sind. Wenn sie mal nicht lachen wollen, dann dürfen Sie es auch lassen. Und geben Sie ihnen mal ein paar Tage frei, damit Sie mit frischen kreativen Ideen zurückkommen und dann schmeissen Sie einfach diese "Liner-Karten" weg. Wenn einer nicht frei moderieren können, fragen Sie rum, es gibt bestimmt genug andere, die können es. Ja, und dann stöbern sie mal in ihrem Musikarchiv, da finden sich ganz bestimmt so viele schöne Songs, die schon lang nicht mehr gespielt werden und die ganz viele da draussen freuen. Dann sagen sie etwa alle Viertelstunde ihren Namen, da ihre Hörer ja grossteils unter 49 sind, brauchen Sie keine übermässige Demenz zu befürchten. Einen Claim brauchens dann gar nimmer, denn ihre Hörer wissen ja ohnehin, daß sie die beste Musik spielen, ganz einfach, WEIL sie es jetzt tun, und nicht mehr, weil Sie es dauernd behaupten. Schauns, holens einfach mal a Band raus mit einer Aufnahme von 1990, machen Sie ein paar Sachen handwerklich besser, die Sie gelernt haben und entdecken Sie meinetwegen die Spartensendung neu. Auch ein weitester Hörerkreis ist interessant für die werbung!
Sie habens doch selbst in der Hand. Sie haben sich unmerklich mit ihren Konkurrenten aufgeschaukelt und den Karren in den Dreck gefahren, jetzt schiebens den auch wieder da raus. Wenn Sie es anpacken und nicht locker lassen, dann schaffen Sie das schon.
Ihr Alexander Borrell.