Radio Neckarburg war der durchaus erfolgreiche Versuch, unabhängig von Verlagen und Konzernen einen lokalen, werbefinanzierten Radiosender aufzubauen. Gründungsgesellschafter waren Gerd Kieninger (meines Wissens Elektroingenieur) und sein Redakteur Martin Himmelheber (derzeit Neue Rottweiler Zeitung und politisch aktiv in Schramberg). Der Sender begann damals schon mit einem Kuriosum. Da die Frequenz 103.7MHz vom Standort Zimmerner Höhe mit 100 Watt in Teilen des Sendegebiets unter starken Nachbarkanalstörungen durch DRS3 von der Rigi (103.8MHz) litt, entschloss man sich, den Sender in mono zu betreiben und zwar nur für die Zeit, in der auch aktiv Programm gestaltet wurde. Aus Kostengründen entschloss man sich, bei nur einem Redakteur, für ein "Feierabendprogramm". Folglich wurde der Sender etwa um 15 Uhr 30 angeschaltet, um 16 Uhr begann das tägliche Programm, das um 21 Uhr schloss, wonach der Sender wieder off air ging.
Dies änderte sich erst, als am Standort Villingen die zweite Frequenz 101.2 MHz in Betrieb ging. Fortan übernahm man das Rahmenprogramm von Stadtradio aus Stuttgart, das kurz zuvor sein Musikformat auf Schlager und Oldies ausrichtete, was so einigermassen zu Kieningers "gutbürgerlichen Plattenküche" passte. Aus der MA war nie ein Erfolg des kleinen Senders herauszulesen, nach Höreindruck waren vor allem in den Anfangsjahren die Werbeschaltungen gut ausgebucht, vor allem auch durch lokale Unternehmen. Dem Sender war es gelungen, durch konsequentes Lokalprogramm, seine etwas biedere Athmosphäre und eben die konservative Musikauswahl in eine Lücke zu stoßen. Neckarburg ging kurz vor "S4 Baden-Württemberg" an den Start, das die ersten Jahre in dieser Region nur auf Mittelwelle zu empfangen war und kein zuständiges Lokalstudio vor Ort unterhielt. Da SWF1 schnell nach dem Start des vierten Programmes den Schlageranteil reduzierte, tat sich hier die Marktlücke auf, in die Kieninger mit seinem "Rieswelle"-Sender gekonnt stieß. Seine Aussage damals: "Warum solle mer die fuffte Ausgabe von SWF3 macha?" Alles, was "bloß Geld koschtet" (Stereo, RDS, Webstream...), auf das wurde konsequent verzichtet. Das Studio wurde selbst zusammengezimmert aus ausrangierter Technik, die u.a. vom Südwestfunk gekauft wurde.
Teure Jinglepakete und On-Air-Design hat man sich genauso wenig geleistet wie Hochglanzprospekte, Plakatwerbung und ähnliches. Der Sender wurde bekannt, weil er "vor Ort" war, wenn etwas passierte und geschah. Meiner Ansicht nach ist das ein erfolgreiches und nachahmenswertes Konzept für einen kleinen Lokalsender auf dem Lande.
Dass das Programm unter Leitung von Martin Himmelheber (grün-alternativ) politisch mitunter auch unbequem war, zeigten z.B. die Anfeindungen des Tuttlinger Landrates, der zu verhindern wusste, dass der Sender sein Gebiet in diesen Kreis ausdehnen konnte. Und so blieb der Sender mit dem "Kurier von der Burg" ein Kuriosum, auch nachdem in der zweiten Lizenzierungsperiode Verlage als Mitgesellschafter einstiegen. Den genauen Grund dafür kenne ich nicht. Vermutlich lag das an den Einigungsgesprächen, welche die LfK initiierte in Gebieten mit mehreren Bewerbern. An Versuchen, Kieningers Landfunk von der Frequenzkarte zu pusten, hat es also nicht gefehlt, es glückte aber bislang nicht. Nun will man ihm sicher nicht verübeln, wenn er seinen Ruhestand geniessen möchte. Ich hoffe, es finden sich Gesellschafter, die das Erbe zu schätzen wissen und nicht einen reinen Relais-Betrieb bewerkstelligen, wie es im Ländle schon so oft geschah (Ton, Energy...). Aus meiner Sicht wäre es unter den bestehenden Anbietern am ehesten Radio Ohr zuzutrauen, weiterhin echtes Lokalradio für die Region Schwarzwald-Baar zu garantieren. Ich wüsste schon, was ich aus diesem Sender machen und in welche Richtung ich das Programm entwickeln würde...aber ich sag's hier nicht.