Die gegenwärtige Situation ist für alle Beteiligten ein großes Problem:
a) Wir haben es mit vielen verunsicherten Menschen zu tun, die nicht so recht wissen, wie sie sich jetzt verhalten sollen und was da auf sie zukommt (Soziale Kontakte bis zu welchem Grad vermeiden? Wem kann man trauen? Was tun, wenn jemand hustet/niest? Wird in den kommenden Tagen doch noch eine Ausgangssperre kommen und was bedeutet das? Wie ist es um meinen Arbeitgeber und meinen Arbeitsplatz bestellt?)
b) Viele Menschen (vor allem, wenn sie Homeoffice machen bzw. machen müssen oder Kinder zu betreuen haben) haben mehr Freiheiten, müssen aber auch Organisationstalent beweisen. Das stellt die Menschen vor neue Herausforderungen. Ich sitze derzeit ebenfalls im Homeoffice und ich hoffe, dass die Maßnahmen helfen, die Gefahr einzudämmen und die Schwächsten unserer Gesellschaft so besser geschützt werden. Machen wir uns nichts vor, diese Isolation und dieses rein digitale Arbeiten mit Mails im Minutentakt, nur telefonieren, Videokonferenzen mit Küchenzeilen, Wohnzimmeransichten und spielenden Kindern im Hintergrund sind nicht schön und killen jede Menge Produktivität. Ein Treffen im Konferenzraum wäre in normalen Zeiten deutlich effektiver. Ich frage mich daher auch, wie lange das so gehen kann, ehe man selber psychischen Schaden nimmt.
c) Radio ist nach wie vor das schnellste Medium. Gerade in dieser Zeit benötigen die Menschen Informationen und Einordnung, manche Hörer wollen sich auch über das Medium sicher sein, dass da noch andere Menschen sind. Menschen, die zueinander und miteinander sprechen.
Eigentlich kann Radio hier alle seine Karten ausspielen. Es gibt aber natürlich das Problem, dass Radiosender auch eine Ansammlung von Menschen sind und in den Funkhäusern normalerweise viele Menschen zusammenkommen und zusammen am Programm arbeiten. Das ist misslich, wenn soziale Kontakte vermieden werden sollen. Vor allem ist eine Programmausdünnung für den Dienst am informationshungrigen Hörer (um den es ja in der Radiobranche immer gehen sollte) schlecht.
Kurzum: Jetzt sind kreative Lösungen gefragt. Jeder weiß, dass die Zeiten schwierig sind - und auch hier und da improvisiert werden muss. Die Hörer werden das verstehen können.
Ich habe vorhin durch Zufall per Web in den Berliner Rundfunk 91.4 reingehört. Erst hat sich der Verkehrsmoderator nach der Rolle seines Jobs gefragt, da es derzeit gar keine Staus anzusagen gibt (Grenze Deutschland - Polen ausgenommen). Später hat ein vierjähriger Sohn den Verkehrsservice begleitet und im Hintergrund gebrabbelt. Möglicherweise lief das per Videokonferenz von zu Hause. Das war dann schon wieder etwas hörernäher - denn in der Situation des Sprechers sind im Moment viele Arbeitnehmer, die irgendwie die Firmen am Laufen halten. Mal angenommen, es ging hierbei nicht nur um einen Engpass bei der Kinderbetreuung, sondern auch um den Schutz der Mitarbeiter, dann hat Regiocast es richtig gemacht (und ich lobe diesen Rundfunkveranstalter sonst selten).
Bitte bleibt gesund und munter
Muted