AW: radioeins soll auf den Prüfstand
Alles, was hier diskutiert wird, kann den Einbruch bei Radio Eins nicht erklären. Man schafft so einen Einbruch in den Zahlen doch gar nicht mit einem in der letzten Zeit nicht groß veränderten Programm in einem faktisch unverändertem Markt. Mal eben binnen 6 Monaten 30% zu verlieren, dazu gehört eigentlich mehr. Das schafft man, wenn man radikal umformatiert, wie 2008 bei Radio Top40 in Thüringen geschehen. Aber Radio Eins?
Ich warte ja irgendwie immer noch auf die Er-/Auf-Lösung und alles war ein Fehler in einer Exceltabelle oder so.
Soviel zum nüchternen Zahlenteil.
@ neulichamsee
Radio Eins kann durchaus froh sein, daß es Hörer gibt, die mit missionarischem Eifer bei der Sache sind. Das Programm ist halt einzigartig und zumindest die, die nicht nur Berlin kennen, wissen, wie finster es dagegen anderswo aussieht. Seit Digitalradio im Kabel ist, empfehle ich in meinem Berufsumfeld auch Radio Eins als Ausweg aus der Thüringer (da arbeite ich) Rundfunk-Finsternis. Ich muß aber feststellen, daß AThü, MDR 1 und auch teils Jump genau das ist, was die Leute um die 30 erwarten, ein Wechsel kommt für sie nicht in Frage, nichtmal ein Antesten. Ein paarmal habe ich die alte dBox mit auf Arbeit geschleppt, um sie jemandem mitzugeben - es ist nie zustandegekommen. Kein Interesse.
neulichamsee schrieb:
Die haben in dem Mist nichts zu suchen, ganz einfach. Ich habe viele Kritikpunkte an dem Programm und schalte lieber zu MotorFM, bin aber gottfroh, dass es Radio Eins gibt, dass es solch ein Radio überhaupt noch gibt.
Das unterschreibe ich - bis auf die Sache mit Motor FM, mit denen ich irgendwie nicht warm werde - gerne und sofort.
Reh schrieb:
Ich stelle mir das putzig vor, du in einer Fahrgemeinschaft auf engstem Raum mit anderen Menschen.
Es geht am ehesten, wenn man die ganze Zeit schweigt und leise erduldet, was da ansonsten so passiert. Angenehm ist es nicht. Ich habe da üble Sachen erlebt, die übelsten hatten nichts mit Radio, sondern mit männerhassenden Frauen zu tun, aber das ist ein anderes Thema. Bahnfahren tu ich auch am liebsten allein in einem 6er-Abteil, was nicht oft gelingt.
Reh schrieb:
Wie schrecklich für jemanden, der eh immer schlauer ist als alle anderen. Das nenne ich Arroganz.
Ich bin nicht schlauer als die anderen, ich mache halt nur nicht jeden vermeintlich angesagten Scheiß mit und lasse mich nicht vor jeden Karren spannen. Ich habe (leider?) auch nicht die Fähigkeit entwickelt, materiellen Wohlstand in seelisches Wohlbefinden zu verstoffwechseln. Wenn Du meinst, daß das mit Arroganz zu tun hat, dann lass ich Dir diese Einschätzung gerne.
Die lese ich bei dir in den Postings oft durch die Zeilen: Alle anderen verblöden, nur du nicht. Kommt mir gerezu so vor, als wenn dir an den radioeins-leuten das vorwirfst, was du selber bist. Könnte das sein?
Wir sind zwar inzwischen bei einer Diskussion, die Radio Eins nur noch am Rande betrifft, aber seis drum. Daß das meiste von dem, was draußen vor der Tür stattfindet, bei nüchterner Betrachtung nur noch blankes Entsetzen hervorruft, ist etwas, das Dir sicher gern andere bestätigen werden. Menschen, denen Du es im Unterschied zu mir vielleicht sogar ernsthaft glauben würdest. Es ist übrigens auch keine Frage eines wie auch immer gemessenen Bildungsgrades und IQ-technisch dürfte ich auch nur average sein.
Ich gebe zu, man kann es unauffälliger machen als ich. Ich habe einen guten Bekannten, der als Psychotherapeut unterwegs ist. Er kann mit dem, was da draußen so läuft, auch großteils nichts anfangen. Es fällt bei ihm nur nicht auf, da er es nicht einmal mehr für wichtig genug hält, es zu artikulieren. Er lehnt es auch nicht ab. Es findet einfach nicht mehr statt. Der Mann hat sich ein Haus außerhalb der Stadt gebaut, da werden nur die eingeladen, die die "Qualitätskontrolle" passiert haben. Alle anderen bleiben draußen - sein gutes Recht. Genau wie die Massenmedien, genau wie die anderen Teile der Mainstream-Gesellschaft. Sein Rezept für Zusammenkünfte mit dem Mainstream: er stellt sich so dumm, daß sich hinterher die anderen höchstens fragen, wie unfassbar platt man doch sein könne. So kommt er gut getarnt durch. Ich hole in solchen Fällen halt eher den Krieger raus und haue drauf. Das fällt halt auf. Skrupel habe ich dabei keine mehr, weil: diese Gesellschaft ist mir sowas von egal, daß ich auch Kollateralschäden in Kauf nehme. Es bedeutet mir nichts mehr. Ich muß nicht "nett" simulieren, weil das, was ich dafür bekommen würde, auch nicht im Bereich des für mich erstrebenswerten liegt. Also versuche ich, so gut es geht, egoistisch das durchzusetzen, was ich will und von dem ich glaube, daß es mir guttut. Wer sonst sollte es tun wenn nicht ich? Um die Mehrheit wird sich gekümmert, weil es die Mehrheit ist. Minderheiten und Einzelgänger müssen sich selbst kümmern.
Grenzwelle schrieb:
Wie ist denn die Zielgruppe von radioeins zu definieren?
Schwierig. Radio Eins hörten bei uns im Institut in Adlershof faktisch alle Akademiker, egal ob 23 oder 55, egal ob männlich oder weiblich, egal ob Szenegänger oder Familienmensch. Die zweite Gruppe hörte Berliner Rundfunk - auch egal ob 23 oder 55. Unterscheidungsmerkmal war die kulturelle Zugehörigkeit. Die R1-Hörer waren eher neugierig auf neue Dinge, auf neue Bands, gingen zu Lesungen oder in kleine Konzerte von Geheimtip-Bands. Sie wohnten, wenn sie jung waren, häufig in Friedrichshain oder Prenzlauer Berg. Die BRF-Hörer wohnten eher in Köpenick, Baumschulenweg oder Oberspree und gingen mit Mutti und Vati in die Wuhlheide zum Open Air mit Suzi Quattro und den Puhdys. Oder so.
Grenzwelle schrieb:
'Gut dass es dieses Programm gibt, auch wenn ich es selber kaum höre, wegen keiner Zeit, nerviger Tagesmoderation, zuviel Werbung ...'.
Das ist in der tat auffällig. Fehlt bloß noch der Nachsatz "weil alles andere ja noch übler ist". So kenne ich es als ausgesprochene Ermüdungserscheinung bei R1-Fans. Ich habe da einige in Berlin - aber auch nicht erst seit 6 Monaten.
Ich kann mit dem Tagesprogramm leben - ich bin eh auf Arbeit und bekomme es nicht mit. Und abends ists wie gesagt wunderbar - das kann zumindest für mich kein Apfel-Laden ersetzen. Wäre mir neu, wenn der Redakteure beschäftigte, die mir liebevoll ein Menü zusammenstellen.