Wanderdüne
Benutzer
Ansonsten ist das leider so, daß die Strukturen des Hörfunkmarktes in Deutschland keinen dauerhaften Platz für unabhängige Programmanbieter bieten. Das liegt zum einen daran, daß sich um das Thema Werbezeitenverkauf ein Bollwerk, ein Quasi-Kartell gebildet hat. Selbst reine DAB Veranstalter mit MA Ausweisung haben aktuell keinerlei Chancen in die nationalen Kombis zu kommen.
Ja und nein. Am Ende entscheidet nun mal der Hörer bzw. die Kohle. An anderer Stelle habe ich es bereits gesagt, dass die meisten Radio Start-Ups drei eklatante Fehler begehen, die am Ende in die Insolvenz führen oder zur Aufgabe zwingen.
Es reicht eben nicht, dass ich eine "nette" Programmidee habe. Meist sind es dann noch Produkte, bei denen man das Gefühl hat, dass der oder die Gründer Programm für sich machen oder von dem sie glauben, dass es gefallen muss. Der Wurm muss aber nicht dem Angler schmecken, sondern dem Fisch. Also macht es schon einmal Sinn zu überlegen, eine Marktforschung voranzustellen. Die muss nicht unbedingt teuer sein, sollte aber im Vorfeld gemacht werden. Dazu kommt, dass man zu sehr produktverliebt ist und dabei vergisst, wie Reichweiten in Deutschland erhoben werden. Richtig, erinnerungsbasiert. Und dazu muss ich das Handwerk beherrschen und bestimmte Regeln befolgen - egal, ob mir das gefällt oder nicht. Dazu gehört auch Marketing. Kostet aber Geld (siehe dritter Punkt). Tun aber die meisten nicht. Merke: Selbst eine gute Programmidee reicht noch lange nicht aus, um sich im Markt zu etablieren.
Der zweite vernachlässigte Punkt ist, dass man sich auf die Vermarktung Dritter verlassen will. Ich bin immer wieder entsetzt, wenn kleine Anbieter davon träumen, dass die RMS oder ASS sie vermarktet und alles gut ist. Vermarktung ist für viele Programmmacher ein Buch mit sieben Siegeln oder ein unangenehmes Muss, was man gerne wegdrückt. Doch der Glaube, dass es irgendwie von alleine läuft oder andere für einen laufen, ist ein Irrglaube. An anderer Stelle habe ich einmal grob dargestellt, was die Mini-Reichweiten der ausgewiesenen DAB+ Programme bei RMS oder ASS gibt. Davon wird man keinen Sender betreiben können. Insofern wird sich ein Newcomer in dem Markt zwangsläufig mit der Eigenvermarktung auseinandersetzen müssen - oder er sollte es besser bleiben lassen. Sich national in die Einzelvermarktung zu begeben ist bei den Reichweiten Selbstmord, da die Reichweiten nicht relevant für Medieagenturen sind. Bleibt die regionale Vermarktung, die nach wie vor sehr lukrativ ist. Dumm nur, wenn ich eine nationale Programmidee habe... Dass die RMS gesellschaftsrechtlich die Aufnahme in die Kombis nicht unbedingt begrüßt, was jedoch immer von der strategischen Situation abhängt (z.B. ob der Verlust der Marktführerschaft droht und damit eine Shareumkehr droht), trifft im Einzelfall zu. Aber nochmals, mit 100.000 Hörern kommt auch in der Super-Kombi, die rund 70% der RMS-Umsätze ausmacht, nix rum. Merke: Ohne Vermarktungskompetenz und -konzept sollte ich es besser lassen. Oder mir Partner suchen, die mit einsteigen und davon Ahnung haben.
Der dritte Aspekt ist, dass die meisten Anbieter nicht ausreichend kapitalisiert sind, um die ersten Jahre überhaupt zu überstehen. Der Glaube, dass es eine tolle Idee gibt und eine großflächige technische Verbreitung, die eine Hörerreichweite garantiert, entwickelt sich schnell zum Alptraum. Wer ohne Werbeeinahmen die ersten 3-5 Jahre nicht vollständig selbst finanzieren kann, der sollte es besser auch lassen. Ach ja, wer davon träumt, dass ein Weißer Ritter vorbeikommt und für die Idee viel Geld auf den Tisch legt, hat sich zumeist vergaloppiert. Die Zeiten sind vorbei.
Daher würde ich nicht die Fehler bei den "eingefahrenen" Hörgewohnheiten der dummen Hörer suchen, sondern eher bei einem selbst.
Zuletzt bearbeitet: