AW: Sendeturm Calau brennt - 500 Menschen in Sicherheit gebracht
[...]Ich sage, der Brand in 120m Höhe hätte sich vermeiden lassen. Natürlich bekommt man Brandschutz nicht zum Nulltarif.
[...] Grüßle Zwerg#8
Sorry, dass ich ein so altes Posting aufwärme.
Im Zusammenhang mit Windenergie wird das Thema "Brandschutz in hohen, nicht zugänglichen Gebäuden" wieder neu aktuell.
Die Dichte verfügbarer Energie in so einer Windanlagengondel dürfte vergleichbar sein mit einem leistungsfähigen Sendeturm. Und wo beim Sender Brandlast durch Kabel-Isolierungen ist, kommt bei vielen Windanlagen eine Hydraulikanlage dazu, die häufig zur Wärmeabfuhr im Generator, beim Bremsen und manchmal auch zur Pitch-Verstellung verwendet wird.
Auch da gab es in der Vergangenheit immer wieder spektakuläre Brände, bei denen die Feuerwehr auch nur zusehen und absperren konnte.
Die großen Feuerlösch-Fachfirmen zeigen regelmäßig ihre Brandschutzkonzepte, die aus mehreren Komponenten bestehen:
1. exzellenter Blitzschutz - wenn ein Blitz elektrisch abgeleitet wird, ohne Lichtbogen im Inneren und ohne kritische Überhitzung ist vielleicht Elektronik hin, aber es gibt keinen Entstehungsbrand.
2. Sauerstoffreduzierte Atmosphäre. Die Technikräume lassen sich - allein aufgrund nicht gewünschter Umwelteinwirkung und Kamineffekt - ziemlich dicht zu machen. Mit N2-Konzentratoren wird dann vor Ort Sauerstoff aus der Innenluft entzogen und nach draußen befördert. Wenn ein Wartungstrupp unten beim Einstieg die Anlage deaktiviert und die Lüftungsklappen ferngesteuert öffnet, ist wieder ausreichend O2 da, bis die Burschen (und Mädels) oben sind.
3. Aktive Löschung mit Co2-Flutung. Kann man mittlerweile sogar als intelligente Schaltschranklöschanlage haben.
Dass eine solche Windanlage alle Betriebszustände meldet dürfte klar sein - die rechnen mit ihren Zulieferern jede Minute Ausfall ab und ermitteln daher exakt, wo ein Fehler herkommt.
Aber diese Technik hat sich erst in den letzten Jahren so richtig entwickelt (O2-Reduktion für z.B. Konfektions- und Stofflager, automatische CO2-Löschanlagen im Schaltschrank...) Kann daher sehr gut sein, dass ein älterer Turm keinerlei dieser Einrichtungen hat.
Und da Brandmeldung gesetzlich zum Personenschutz, aber nicht zum Investitionsschutz vorgeschrieben ist, ist mir wiederum klar, warum man sich da oben eine automatische Brandmeldeanlage mit direkter Aufschaltung auf die Leitstelle gespart hat.
Ich schränke daher Zwerg#8's Äußerung ein - in der Tat kommt es noch immer in 120 m zu Bränden, obwohl es mittlerweile Lösungen gibt, immer mehr davon schon in der Entstehung zu löschen.
@ThoRr: Reaktion direkt mit Stickstoff? Sicher, geht technisch (Ammoniak und daraus resultierend Kunstdünger und Sprengstoffe), als alleinige Reaktion, um einen Brand zu befeuern reicht es nicht. Insbesondere ist mir nicht bekannt, wie ohne die Energie einer echten Oxidation (als Begleitreaktion) Stickstoff überhaupt mit etwas reagieren kann. (Im Motor gibt es auch nur deshalb Stickoxide, weil die Verbrennung der Kohlenwasserstoffe mit Sauerstoff recht heiß ist)
Also O2 in der Luft zu reduzieren und den verbleibenden N2 als Innert-Gas zu verwenden ist schon der richtige Weg.
P.S. Minimax hat übrigens einen Branchenflyer "Brandschutz für Windenergieanlagen" im Netz. Da haben sie übrigens auch ein Konzept mit dem guten alten Wasser mit drin. Extrem fein versprüht hat es eine unglaubliche Kühlwirkung und ist damit immer noch das effizienteste Löschmittel. Kommt bei Windanlagen im Umfeld der Mechanik zum Einsatz. Im Schaltschrank natürlich nicht, aber auch im Kabelschacht im Sendeturm sollten die Leitungen so isoliert sein (außer die angekokelte), dass ihnen ein Wassernebel nix ausmacht.
Die Löschsysteme von Minimax sind extra dafür ausgelegt, dass die Anlage nach recht kurzer Zeit wieder ans Netz kann. Also keine Totalflutung mit Gigalitern von Wasser und Schaum, wie üblicherweise Wohn- und Geschäftshäuser so lange gelöscht werden, bis der letzte Wertgegenstand auch noch weggespült ist.
So machen's Profis heutzutage.