AW: So denken Jugendliche übers Radio
Jugendliche sind schwer zu begeistern. Vielleicht kommen sich auch gerade durch das Radio bevormundet vor und greifen deshalb um MP3 Player.
Das würde ich so nicht ganz stehen lassen wollen, obwohl der Kern eigentlich durchaus hier schon drinsteht: Jugendliche sind sehr wohl zu begeistern, das "wie" ist hier die Frage. Und da hast Du ganz Recht, daß das Gefühl der Bevormundung ein sehr großer Abschaltimpuls für jeden Jugendlichen ist.
Jugendliche haben ein Bedürfnis "anders" zu sein. Sie sind auf dem Weg, sich in dieser Welt zurechtzufinden, sich selbst und anderen gegenüber ihre eigene Bedeutung zu definieren. Sie haben - unbewußt - das Bedürfnis, sich von ihren Eltern zu unterscheiden (Stichwort: Generationenkonflikt). Dieses völlig natürliche Bedürfnis läßt mit zunehmendem Alter nach und da es meistens sowieso völlig unbewußt abgelaufen ist, ist dann für den Erwachsenen schwer, nachzuvollziehen, was da passiert. Obwohl man selbst keinen Deut besser war schimpft man dann oft gern auf die "Jugend von heute".
Ohne die Diskussion jetzt dahin abschweifen zu lassen, ob "damals" nun wirklich alles besser war oder die Jugend von heute tatsächlich schlimmer ist, als die von früher - das würde hier zu weit führen.
Das Problem ist (mal wieder) daß es hier aber auch keine Patentrezepte geben kann außer: Jugendliche wollen Ernst genommen werden. Jugendliche wollen verstanden werden. Aber: genau hier liegt der Hase im Pfeffer, das ist leichter gesagt, als getan. Die meisten (mich eingeschlossen) wähnen sich in der trügerischen Sicherheit, alles Verstandesmäßig erfassen zu können und alles in irgendwelchen Zahlen beschreiben zu können. Was sie dabei vergessen, ist, daß diese ganzen "Berechnungen" und "Forecasts" und was nicht alles auf Theorien beruhen. Theorien haben aber die unangenehme Eigenschaft, keine Wahrheiten zu sein, sondern Annahmen. Werden Fakten bekannt, die einer Theorie widersprechen, so wird die Theorie durch eine neue, den neuen Fakten angepaßte ersetzt. Das ist ganz normales wissenschaftliches Vorgehen.
Die Interessen von Jugendlichen (und übrigens auch Erwachsenen) beruhen aber auf Gefühl, nicht auf Fakten. Nur kann man Gefühl dummerweise weder in Zahlen erfassen noch verkaufen. Deshalb können sämtliche Theorien, die hier über Zielgruppenerriechbarkeit und ähnliches aufgestellt werden, im Prinzip nur Schüsse ins Blaue sein. Erfolg hat bei Jugendlichen, wer ihren Nerv trifft. Mag sein, daß es Modelle gibt, die da ganz gut funktionieren, aber wirklich dauerhaften Erfolg hat bei Jugendlichen selten etwas. Etwas, das heute absolut "In" ist, ist morgen "out" und was gestern noch gar nicht ging, ist heute auf einmal der letzte Schrei. Will man also bei Jugendlichen Erfolg haben, muß man das Ohr bei ihnen haben, die Augen weit offen halten und den neuesten Trend erkennen - das ist aber äußerst anstrengend und geht Maximen wie "Gewinnoptimierung" zu wieder - weil man auch mal was ausprobieren muß und oft auchmal auf die Nase fallen wird. Wie gesagt. Patentrezepte gibt's wie immer keine.
LG
McCavity