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Spotify veröffentlicht deutsche Zahlen zu Musikstreaming und Vergütung

Heute kann es - theoretisch - nahezu jeder mit einigermaßen Können, natürlich auch Glück und Geschick via YouTube und Tik Tok zum vorrübergehenden Weltstar bzw. zumindest zum weltweiten Phänomen schaffen, weltweites Radio-Airplay erhalten, in den Charts landen, und für kurze Zeit dann auch einigermaßen gut verdienen.

Na ja, was ist "gut verdienen"? Bei so ziemlich allen genannten Titeln würde ich fragen wollen

a) "Und was kam danach?"
Im Grunde genommen sind das internetbasierte One-Hit-Wonder, keinem davon gelang es bislang, eine nachhaltige Karriere darauf aufzubauen, und falls Youtube sich morgen dazu entschließen sollte, über Nacht den Stecker zu ziehen, werden das alle Beteiligten schon ziemlich deutlich spüren.

b) "Ist es fair, ausgerechnet die null-komma-viele-nullen-eins Prozent anzuleuchten, bei denen das Konzept aufgegangen ist, zumal von allen Beteiligten eigentlich absolut unerwartet, während die meisten anderen Leute trotz Talent und gutem Material keinen Hering vom Teller gezerrt bekommen ...?"
Das Problem bei Youtube oder Spotify und natürlich allen anderen Beteiligten ist nun mal, daß das keine wirklich guten Plattformen sind, um für sich und seine Klangerzeugnisse Werbung zu machen, denn - wie soll der zufällig durch das Internet streifende potentielle Konsument darauf aufmerksam werden, wenn die Kunst in der schieren Content-Masse ertrinkt? Jede Litfaßsäule schreit bezüglich eines Produkts oder eines Ereignisses lauter und zielgruppenorientierter "schau mal, hier!" als Youtube oder Spotify.

Das Problem: Zumindest die etwas weniger Musikinteressierten benutzen die Charts schon lange als Vorfilterungs-Mechanismus. Nach dem Motto: "Wenn ein Song für so wenige Leute interessant ist, dass es noch nicht mal für die Charts reicht, kann er auch nicht sehr viel taugen!" Das gleiche Phänomen ist bei Büchern zu beobachten, wo viele Leute sich nur noch an den Bestseller-Listen orientieren.

Hm. Ich glaube, es ist ein wenig anders. Vor allem weil ich irgendwelchen Algorithmen, in irgendwelchen anwendungsinternen Hit- und Vorschlagslisten einen bedeutend größeren Einfluß sehe als in den offiziellen Charts. Ich meine - mir kann jetzt keiner wirklich erzählen, daß es Leute gibt, die sich von Verkaufszahlen zum Konsum sowohl von den Amigos als auch von Capital Bra inspirieren lassen (jetzt mal unabhängig davon, daß ich persönlich mich frage, warum man sich in zurechnungsfähigem Zustand überhaupt das eine oder das andere geben sollte).
Bei den Büchern schaut's dagegen ein bißchen anders aus, ich glaube, diesen Eindruck würde ich unterschreiben wollen.

Diese Entwicklung wurde allerdings dadurch befeuert, da Musiker genauso wie Schriftsteller heute auch die Möglichkeit haben, an den etablierten Verlagen vorbei zu veröffentlichen - und das auch tun. Wird nun ein neuer Song von EMI, Bertelsmann, Universal & Co. abgelehnt, vertreibt man ihn eben selbst. Dadurch gelangen heutzutage Titel auf den Markt, die früher nie an die Öffentlichkeit gelangt wären, weil sie für zu schlecht befunden wurden.
Wenn "schlecht" "kommerziell problematisch" meint - einverstanden. Wobei es auch schon früher recht viele Leute gab, die auf eigene Verlage oder Labels zurückgegriffen haben, sofern sie sich das Organisatorische wirklich zugetraut und das finanzielle Risiko nicht gescheut haben. Ich seh's ja bei unzähligen Liedermachern oder Folkies und auch von einigen elektronischen oder rockigeren Kalibern, von denen viele Labels die Finger gelassen haben, nachdem deren Zeit erst mal vorbei war bzw. erst einige Jahre in der Zukunft noch kommen sollte. Vor allem mit dem CD-Zeitalter sind da einige Sachen aufgeblüht, weil man jetzt die Kleinstauflagen selbst fertigen konnte und nicht mehr von irgendeinem Preßwerk abhängig war.

Zu diesem Zeitpunkt war der Geist allerdings schon aus der Flasche, da der technische Fortschritt dafür gesorgt hat, dass "jeder" von zu Hause aus Demos aufnehmen kann und dafür noch nicht mal ein Studio anmieten musste. Wie man unter diesen Umständen die allgemeine Qualität der veröffentlichten Musik wieder erhöhen kann, weiß ich auch nicht.

Das müßte der Markt machen, indem er entsprechende Signale setzt. Daß im Augenblick das absolute Gegenteil der Fall ist - geschenkt. Mir gefällt's ja auch nicht, daß im Prinzip heutzutage Lieder oft genug nicht viel mehr sind als verlängerte Hörproben und daß das Handwerk in der Musik immer weniger so sehr geschätzt wird, daß man wenigstens mal ein paar Cent investiert. Und ich finde es unfair bestimmten Künstlern gegenüber, daß man sich nicht mehr groß auf Musik einlassen möchte. Oder vielleicht sogar kann. Hat wahrscheinlich was mit Wertschätzung zu tun.
Heut bringt sie sich zu Fall,
man braucht, es zu begreifen:
Musik ist überall,
in Klos und Warteschleifen,
im Stream, im Netz, ein Schall
wie Dreck auf dem Trottoir,
und überall ist nirgends,
und am schaurigsten, wenn sie so tut,
als wär’ sie trotzdem echt und wahr.
Wie die Musik niemals war.

Ein Klick, schon hast du hundert Millionen Songs,
kriegst die irresten Sinfonien für lau, wenn eingebongt,
streamst ganze Orchester an den Subventionentropf –
du willst im Ernst noch Geiger werden? Schlag dir den Unsinn aus dem Kopf!
Du überschaust hier ein Gelände, das in jeder Sekunde wächst,
wozu CDs und Filme? Ein Datenstrom, sonst nix.
Du hast hier das Modell vor dir von einer wüst befreiten Welt,
befreit von allen Bremsen: Bindung, Fairness, Geld …
aus Manfred Maurenbrecher "Musik"
vollständiger Text hier


Gruß
Skywise
 
Na ja, was ist "gut verdienen"? Bei so ziemlich allen genannten Titeln würde ich fragen wollen

a) "Und was kam danach?"
Um letzteres zuerst zu beantworten: Gottseidank kam bei keinem der von mir genannten Interpreten danach noch etwas anderes...... Jeder "Song" für sich war nach meiner subjektiven Meinung ziemlicher Mist. Und ja, gut verdienen ist unter Umständen mit viel Glück sehr wohl möglich. Bestes Beispiel ist der vormalige Postbote Nathan Evans mit "Wellerman". Selbiges ist ein uralter Shanty, ein Traditional, an welchem meiner Meinung nach niemand Musikrechte besitzt. Er macht ohne viel Aufwand einen zugegeben nervigen Hit, aber eben einen Hit. Bei Spotify erreichen von ihm gesungen mehrere Varianten des Liedes derzeit insgesamt ca. 780 Mio. Streams. Von Spotify gibt es pro Stream kolportierte 0,003 Cent. Aus der Rechnung kommt man dann auf ca. 2,34 Mio. Euro. Von Deezer & Co. wird wohl auch eine schöne Summe fließen. Und ja, wenn der gute Nathan dann auch noch einen exzellenten Steuerberater hat, wird schon so viel übrig bleiben, um das restliche Leben abgesichert zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und jetzt einfach zum Vergleich mal 1995:
https://germancharts.de/showitem.asp?titel=Bravo+Hits+%2D+Best+Of+95&cat=a Da muss man sich eher umgekehrt fragen: An welchen Song erinnert man sich den heutzutage NICHT mehr?
Viele davon.

Denn das meiste befindet sich weiterhin in den Rotationen unzähliger AC-Sender
Das meiste davon (vor allem fast alles von CD1) spielt so gut wie gar kein AC-Sender. Die Liste ist das beste Beispiel dafür, wie wenig davon letztlich im Mainstream überlebt. Von der 2023er CD läuft jedenfalls aktuell deutlich mehr im Radio. Natürlich bleibt das auch nicht lange so, sondern ist nur eine Momentaufnahme. Wie viel davon in den nächsten Jahrzehnten im Mainstream überlebt kann man jetzt noch nicht sagen, genauso wie man 1995 noch nicht sagen konnte, welche dieser Songs in den 2020ern noch im Radio laufen.

Und noch extremer wird es bei den 60ern.
Inwiefern?

Hits wie "Hey Jude", "Mr. Tambourine Man", "Pretty Flamingo", "San Francisco", "Blowin' In The Wind", "Streets Of London" oder "Bridge Over Troubled Water" sind einfach nicht tot zu kriegen.
Das sind eine handvoll Titel, die heute noch mehr oder weniger bekannt sind. Doch garantiert gab es in den 1960ern noch viel mehr Titel die mal populär waren, dann aber wieder in Vergessenheit geraten sind bzw. nie zum Kult wurden. Vor allem wenn man bedenkt, dass die deutschen ÖR-Radios in den 1960ern die amerikanische/britische Pop- und Rock-Musik noch weitestgehend verschmäht haben. Stattdessen liefen hierzulande noch überwiegend deutschsprachige Titel. Und wo sind die alle? Wie viele deutschsprachige Titel aus den 1960ern laufen heutzutage auf den Oldie-Wellen? Im Grunde gar keine.
 
Wie viele deutschsprachige Titel aus den 1960ern laufen heutzutage auf den Oldie-Wellen? Im Grunde gar keine.
Die wurden schon damals wie heute in die Schlager-Ecke einsortiert. Es kommt letztlich immer auf das Format an. Fakt ist jedenfalls, dass auch viele junge Konsumenten die großen Schlager-Hits der 60er kennen - manchmal zumindest aufgrund aktueller Cover-Versionen, durch eine Werbung, ein Stadtfest, irgendwelche Feiern.... Das alte Zeug taucht irgendwie immer wieder auf.
 
Die wurden schon damals wie heute in die Schlager-Ecke einsortiert. Es kommt letztlich immer auf das Format an. Fakt ist jedenfalls, dass auch viele junge Konsumenten die großen Schlager-Hits der 60er kennen - manchmal zumindest aufgrund aktueller Cover-Versionen, durch eine Werbung, ein Stadtfest, irgendwelche Feiern.... Das alte Zeug taucht irgendwie immer wieder auf.
Eigentlich nein.
Also - "Schlager", das sicher, und da hat's damals ja auch eine Rolle gespielt, ob er jazzlastig war, sich stilistisch aus irgendwelchen fremden Kulturen bedient hat oder sogar schon einige Pop-Elemente vorweg nahm.
Es gibt so ein paar Titel aus den 60ern, die sind so eingängig oder sie wirken so simpel und leicht verständlich, daß man die auch einem Kind vermitteln kann, egal ob das jetzt der "Babysitter-Boogie" oder "Da sprach der alte Häuptling der Indianer" ist, die wird man wahrscheinlich noch als kleine amüsante Anekdote oder als Gaga-Titel an der einen oder anderen Stelle einstreuen können, insofern glaube ich schon, daß die Dinger überleben werden. Aber sehr viele von den alten Sachen, sogar richtig erfolgreiche Dinger, sind mittlerweile gestrichen, da nicht mehr zeitgemäß, oder schlicht vergessen, oder zumindest kurz davor, weil diejenigen, die die Zeit mitgemacht haben, sich auch höchstens noch dunkel an bestimmte Namen oder Lieder vergessen.
Solche Leute wie Jan & Kjeld, Peter Niemann, Renate und Werner Leismann, Peter Hinnen, Ronny, Bernd Spier etc. sind aus den Programmen verschwunden, viele andere werden auf einen Titel oder höchstens eine Handvoll Titel reduziert, obwohl sie definitiv ein größeres und auch stellenweise einst erfolgreicheres Werk vorzuweisen haben (Freddy Quinn, Drafi Deutscher, Lale Andersen, Caterina Valente, Manuela, Gus Backus, Vico Torriani, Bill Ramsey ...).
Nicht falsch verstehen - um einiges auf Schlonz-Niveau ist es wirklich nicht schade, daß die Zeit den Mantel des Vergessens über ihn legt. Gemessen an den damaligen Erfolgen von Liedern oder Interpreten ist das, was heute davon gelegentlich mal auftaucht, quantitativ und qualitativ eher *mäh*.

Gruß
Skywise
 
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