AW: Sprachaufnahmen - Mundgeräusche!?
Hallo!,
Die letzten Posts von OnkelOtto, Qualiton, Tondose und K6 haben mir noch einmal so richtig bewusst gemacht, dass das Problem tatsächlich nicht nur ein tontechnisches, sondern ganz ausschlaggebend auch ein sprechtechnisches ist. Ganz vielen Dank für Eure Kommentare!
In den letzten Tagen habe ich umfangreiche Tests gemacht. Im Selbst-Test habe ich folgende
Mikros verglichen:
- Brauner Phantom C Anniversary Edition
- Neumann TLM 103
- T.Bone SCT-800
Gesprochen habe ich für die Tests selbst, obwohl ich selbst keine ausgebildete Sprecherin bin und auch normalerweise nicht für meine Produktionen spreche.
Ich denke jetzt, 3 Faktoren sind für die Lösung des Problems ausschlaggebend:
1. Sprechtechnik, mehr noch aber der momentane Mundzustand
Nach einem Vanilleeis bekam ich meist hervorragende Ergebnisse. Nach Verzehr von Maoam Kaubonbons: Katastrophe
) Mundzustand: klebrig, ein Feuerwerk an Nebengeräuschen. Beruhigt sich erst nach einer Zeit.
Glas stilles Wasser ist obligatorisch (war auch bisher bei den Aufnahmen immer Standard, brachte aber nicht viel)
Nach einer Zeit bekam ich auch bei eher klebrigem Mund raus, wie es besser ging. Das war so etwas wie: Spucke einfach links liegen lassen und ja, eher vorne sprechen, OnkelOtto hatte das geschrieben („Lautbildung sehr weit vorne“), daran habe ich mich bei meinen Versuchen, in denen ich mich ja selbst incl. Spuckeknistern hörte, erinnert gefühlt. Das kam dann ganz von alleine.
2. Einstellungen beim Aufnehmen
Der Einsatz eines Gates, bei dem man einstellen kann, wie stark die Laute unterhalb der Grenzschwelle reduziert werden sollen, kann hilfreich sein. Ganz vorsichtig eingesetzt reduziert es den Anteil an leisen Mundnebengeräuschen zwischen den Worten/Sätzen. Tests mit und ohne Kompressor ergaben dann keine großen Unterschiede, wenn der Kompressor relativ stark eingestellt war. Das ist event. von Gerät zu Gerät verschieden.
Event. versuchen Hersteller, bei der Entwicklung eines Kompressors darauf zu achten, dass zwar leise Töne verstärkt werden, gleichzeitig Rauschen jedoch möglichst wenig verstärkt wird, so dass auch leise Klicksgeräusche in diese Rauschschwelle fallen könnten. Nur so ne Idee, mi das Phänomen zu erklären, denn logisch betrachtet müsste eigentlich ein Kompressor die leisen Spucke-Klickser usw. sehr verstärken.
3. Mikro und Positionierung des Mikros
Klanglich (Klang der Stimme bei Sprechtexten) schlägt das
Brauner Phantom C das Neumann TLM 103 meiner persönlichen Meinung eindeutig. Ich finde den Klang des Brauner Mikros regelrecht göttlich. Der Klang des
Neumann TLM 103 ist sehr gut, aber im Vergleich zum Brauner fehlt der seidige Glanz. Der Klang des T.Bone ist gut, man erzielt damit wirklich gute Ergebnisse, ganz ehrlich: ein normaler Hörer wird den Unterschied zwischen dem T.Bone und dem Neumann im Endergebnis nicht bemerken, vorausgesetzt, alle Aufnahemeinstellungen sind optimiert. Man kann mit dem T.Bone sehr gute Qualität produzieren. Ich spreche hier ausschließlich von Sprachaufnahmen, nicht von Gesang oder Instrumentalaufnahme.
Ich habe die Mikros aber nicht wegen des Klangs getestet, sondern wegen der Lösung des Mundgeräusche-Problems.
Und hier erzielte ich mit dem Neumann Mikro bessere Ergebnisse als mit dem Brauner und dem T.Bone.
Höreindruck:
(Achtung 100% subjektiv, d.h. es handelt sich um MEINEN Höreindruck):
Klicksen und Knistern von Spucke wird (logischerweise) von allen 3 Mikros wiedergegeben.
Das Neumann Mikro scheint in bestimmten Positionen diese Laute nicht ganz so
aggressiv wiederzugeben, manchmal hatte ich auch den vorsichtigen Eindruck, diese Laute wäre (teilweise!) leiser als bei den anderen und teilweise (!) etwas dumpfer im Klang.
Das Brauner Mikro gibt diese Geräusche gewissermaßen von vorne besprochen ungebremst sehr spitz und hell wieder, wie kleine Nadelstiche
Das T.Bone Mikro erscheint mir am selbstverständlichsten und lautesten diese Geräusche wiederzugeben, also breit und laut, das ganze Spektrum. Dieser Eindruck kann aber auch
subjektiv verfärbt sein, weil man von einem teuren Mikro wie dem Brauner (ca. 950 Euro) einfach prinzipiell bessere Ergebnisse
erwartet als von einem günstigeren Mikro (ca. 220 Euro) wie das T.Bone.
Für alle drei Mikros gilt: ein direktes von-vorne-Besprechen (Abstand 20-30 cm Mund-Mikro incl. Ploppschutz dazwischen) erhöht eindeutig den Anteil an Mund-Spucke-Geräuschen. Jedes kleinste Knistern ist hörbar. Nun lese ich zwar allerortens, dass ein Mikro von vorne besprochen werden sollte. Und ja: die Stimme wird zweifelsohne am großartigsten beim Sprechen direkt auf die Membran wiedergegeben. Um die Nebengeräusche zu reduzieren oder abzuschwächen, habe ich jedoch bei allen drei Mikro gefunden, dass es besser ist,
nicht direkt von vorne auf die Membran zu sprechen. Beim Neumann Mikro fand ich, dass ein besseres Ergebnis entsteht, wenn das Mikro ‚etwas zu hoch‘ steht, also wenn der Mund ca. auf Höhe des roten Neumann-Labels ist und man das Mikro ein klein wenig dreht, ca. 20-30° (um die Senkrecht-Achse) und der Abstand ca. 20-30 cm beträgt. Sozusagen (bei Sprachaufnahmen) nicht direkt vor, sondern schräg neben/vor dem Sprecher steht das Mikro.
Meine
Vermutung ist, dass dies mit der
Nierencharakteristik dieses Mikros zusammenhängt. Befindet sich der Mund selbst außerhalb der Niere (oder am Rand), so werden auch (die leisen) die Mundgeräusche nicht mehr so deutlich aufgenommen. Lautes Klicksen kommt natürlich immer noch genauso an.
Auch beim Brauner und beim T.Bone fand ich Positionen, von denen mein Eindruck eine etwas reduzierterer Wiedergabe der Mund-Störgeräusche war. Jedoch konnte ich in der Kombination mit Einstellungen des Gates als Abwärts-Expander sowie bei verschiedensten Versuchen mit / ohne Kompressor mit dem Neumann Mikro die besten Ergebnisse erzielen.
Natürlich ist die
Stimmwiedergaben nicht so 1000%ig wie beim Besprechen direkt von vorne. Hier kommt vermutlich die
Qualität des Mikros ins Spiel. Ich fand (Achtung, subjektiv), dass sowohl das Brauner als auch das Neumann weniger Stimmqualitäts-Verlust zeigten beim Besprechen einer Alternativ-Position als das T.Bone-Mikro. Auch hier schlägt das Brauner das Neumann meiner Meinung nach noch. Es scheint das Spektrum der Stimmfülle regelrecht einzufangen.
Bzgl. T.Bone – Brauner/Neumann ist es vielleicht
wie mit Autos. Ein solider VW Käfer fährt prima, ist ein wunderbares Auto und auch mal richtig schnell auf der Autobahn. Aber ein Porsche Carrera bleibt bei hoher Geschindigkeit noch in der scharfen Kurve auf der Spur, den VW Käfer haut es raus.
Ich habe von Mikrofontechnik wenig Ahnung, aber mein Gedanke war, ob nicht der ‚Preis‘ für den
goldenen Klang des Brauner-Mikros (und für den wirklich guten Klang des T.Bone!) die Tatsache ist, dass event. genau solche Frequenzen, die auch die Stimme in Brauner so göttlich klingen lassen, im Brauner stärker wiedergeben werden als im Neumann, diese Frequenzen dann aber auch ausgerechnet diejenigen sind, welche in den Spuck-Klicksern etc, auch mit hohem Anteil enthalten sind und insofern eine weniger starke Wiedergabe diese Frequenzen die Stimme zwar nicht ganz so seidig-schön erklingen lassen, aber dafür ein etwas leichteres tontechnisches Handeln der vergleichweise ganz leicht reduzierten Spuckgeräusche erlauben. Auch nur so 'ne Vermutung.
Warum schreibe ich das alles?
Erstens: interessiert mich natürlich Eure Meinung dazu. Vielleicht gibt’s auch ähnliche Erfahrungsberichte oder weitere Tipps?
Zweitens: sicher gibt es Leute mit ähnlichen Fragen, die per Google oder so auf dieses prima Forum stoßen ... also so eine Art ‚Geben (Euren Rat) und Nehmen (meinen Erfahrungsbericht)‘
Meinungen, Erfahrungen, Kommentare?? Ich freu mich drauf!!
Herzliche Grüße von Imogen
P.S. ich habe mich übrigens für das Neumann Mikro entschieden.