Ich habe mit ca. 5 Jahren einen
Recorder meines Vaters beschlagnahmt - das Gerät hatte aber kein Radio. Also nahm ich "Hörspiele" auf - selbst erfunden, ohne Drehbuch, live, spontan und mit dem eingebauten Mikrofon. Zum Glück (!) ist nichts davon erhalten geblieben.
Als ich 9 oder 10 war, hatten wir den Rundfunk der DDR in der Schule, die nahmen da mit unserer Klasse für den Kinderfunk auf, es war ein Kinderbuchautor anwesend. Hartmut Biewald war das, sein damals aktuelles Buch war wohl "Bau mir einen Drachen, Vater". Ich erinnere mich an dicke Kabel, die durchs Fenster des Klassneraumes im Erdgeschoß gezogen waren, an einen B1000-Kleinbus vor der Tür und an ein graues Mikrofon, das wohl ein MD421 gewesen sein dürfte. Und an eine Frau, die mit dem Mikrofon in der Klasse herumlief und ab und an "bitte schneiden, bitte schneiden" sagte. Ich war glaube ich nicht zu hören in der Sendung und ich habe auch keinen Mitschnitt.
Mit etwa 10 begann ich, ganz normale Musik aufzunehmen, also Popmusik. Dabei kannte ich das "Coolness-Problem" noch nicht, also: Musik aufzunehmen, die die anderen in der Klasse nicht aufgenommen hätten. So kamen auch DDR-Rockbands aufs Tape, vom DDR-Rundfunk aufgenommen. Der Mitgliedsausweis der Kinder- und Jugendbibliothek ermöglichte mir auch, die Schallplattenbibliothek zu nutzen. Ich erinnere mich daran, Karat und Electra auf LP nach Hause getragen zu haben im Alter von vielleicht 11 Jahren.
Mit 12 begann ich dann, die westliche Chartsmucke aufzunehmen, zuerst von Bayern 3 und danach von RIAS 2, zeitweise auch NDR 2 und hr3 ging auch manchmal rein. In dieser Zeit gab es die bescheuertsten Situationen: im Sommer 1986 oder 1987 verbrachte meine Mutter mit mir und den zwei Jungs einer befreundeten Familie sowie deren Mutter Urlaub im Thüringer Wald. Die kleine, aber schöne Hütte hatte einen Plattenspieler und Henrik, etwa 3 Jahre älter als ich, kaufte sich in Suhl im Centrum Warenhaus die damals aktuelle "Bataillon d'Amour" von Silly. Als er sie im Ferienhaus abspielen wollte, verließ ich unter Protest das Gebäude - ich wollte keine Ostmusik hören. 3 Jahre vorher habe ich selbst noch Ostplatten aus der Bibliothek nach Hause getragen.
Mit dem Ende der DDR änderte sich das alles wieder. Ich war inzwischen 16, DT64 wurde Stammsender, der Musikgeschmack änderte sich zunehmend in Richtung Indie und Punk. Auch das ist nun lange vorbei. Heute höre ich so gut wie keine Musik mehr im Radio, sondern fast nur noch "Wortsendungen".