AW: Talkradio 1000MIKES
Ja, kultiger, es klingt gut, aber ich glaube es nicht.
An der Stelle ein Outing: Ich bin selber ein "Mike", betreibe dort drei Kanäle, einen regelmäßig nach festem Plan und die anderen je nach Bedarf und Lust, aber immer mit Vorankündigung. Mindestens einmal die Woche bin ich da zu hören. Heute habe ich mit Kollegen die neue Qualität getestet.
Wer hier den Thread verfolgt, kann nachlesen, dass ich das Projekt stets kritisch, aber mit wachsender Neugier begleitet habe.
Der jetzt vollzogene Qualitätsfortschritt (Ergänzung: 64 kbps / 22 kHz /
mono) ist sehr angenehm für die webcaster und eignet sich dennoch nicht für die ordentliche Musikübertragung.
Mit dieser Einschätzung dürfte ich die Mehrheit
dieses Forums hinter mir haben. Allerdings bin ich mir sicher, dass viele Zuhörer das anders sehen werden.
Mit der im verlinkten Forenbeitrag von "bigmike" getroffenen Aussage...
Musik gehört irgendwie einfach zum Radio dazu, und wir sind sehr glücklich, daß das auf 1000MIKES jetzt auch gut möglich ist.
... hat sich 1000Mikes jetzt endgültig von der Idee des Talkradio verabschiedet.
Ich persönlich bedauere das sehr (auch wenn ich die bessere Qualität begrüße). Da werden heute schon Sendungen wie im "normalen" Internetradio auch gefahren - warum gehen diese "Mikes" nicht da hin? Die Gema listet knapp 1.500 Internetradios auf, zum Teil mit mehreren Kanälen, die alle händeringend Moderatoren (und auch deren Formate) suchen.
Folge: Jeder Depp spielt Internetradio (man betrachte sich nur mal die Zugänge, die Namensgebungen, die Namensrechtsverletzungen usw.). Und 1000Mikes stellt sich hin und sagt "können wir doch nichts für, wir sind doch nur die Plattform". Nun ja, euer Hausjurist wird euch das so freigeschossen haben - es wäre dumm, ein solches Wagnis unberaten einzugehen.
Doch gerade heute wieder hat ein neuer "Mike", frisch angemeldet, eine Sendung gefahren, mit lizenzpflichtiger Musik (hat er sogar in die Kommentare zu seiner Sendung geschrieben). Später hat er in jedem sendenden Kanal einen platten Kommentar hinterlassen und - rein zufällig - bekamen mindestens zwei Kanäle an dem Abend schlechte Bewertungen (die ansonsten - zu Recht - gute Bewertungen bekommen).
"Wir sind ja nur die Plattform".
Liebe Leute, ihr könnt es nicht kontrollieren.
Wenn erstmal mehrere Webstreams gleichzeitig eine Sendung bei 1000Mikes zusätzlich senden (das kann auch mal eine einzelne Sendung eines auf Zuhörerzahlen fixierten Moderators ohne Wissen seiner Sendeleitung sein), dann bekommt ihr es nicht mehr hin. Jeder "Mike" müsste bei der Gema anmelden, dass einer seiner webstreams 1000mikes.de ist. Genauer kann man es ja nicht spezifizieren.
Für mich seid ihr Radiobetreiber.
Es ist wie mit ebay, die auch sagten: Wir sind nur der Marktplatz, der Rest geht uns nichts an. Auch da hat sich einiges getan; manches nicht ganz freiwillig.
Es kommt noch etwas anderes hinzu.
1000Mikes hat nicht nur deutsche Zuhörer und Sender, sondern zusätzliche Einwahlnummern in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Großbritannien. Gerade von der Insel kommen aber neuerdings viele Anmeldungen und auch Sendungen (Kinderzimmer-Radio).
Jetzt die große Frage: Wo sitzen die Zuhörer? Welche Lizenzrechte greifen da? Was ist mit den grenzüberschreitenden Vereinbahrungen der Verwertungsgesellschaften?
Liegt das wirklich alles allein in der Verantwortung der "Mikes", weil man selber ja nur eine Plattform ist?
Spätestens mit dem Verlassen der Talkradio-Plattform und dem Bekenntnis "Musik gehört irgendwie einfach zum Radio dazu" hat sich 1000Mikes verhoben. Finde ich zumindest. Die klassischen Talker und ihre treue Zuhörerschaft werden das vermutlich nicht honorieren - oder sie spielen auch Musik.
Aber, das muss man 1000Mikes zugute halten, es ist nun mal eine Kapitalgesellschaft und sie wollen Zuhörer und eben genau die Macher, die die Zuhörer bringen. Sei's drum.
Tut mir leid, wenn ich dem ganzen Frieden nicht traue.
Ein Talkradio mit einzeln genehmigten Sondersendungen zur Musik, ja, erlaubten Pausenschnipseln (freie Loops) - sicher gern. Doch so, wie es im Augenblick läuft, finde ich das .... hm ... unschön.
Was zum Teufel aber mache ich dann bei dem Laden?
Wie passt mein "Ich finde kein gutes Internetradio für meine zu hohen Ansprüche" mit meiner Sendetätigkeit ausgerechnet bei 1000Mikes zusammen?
Ganz einfach: Ein sehr schönes Moderatorentraining für lange Wortstrecken und die Herausforderung, eine spannende Sendung zu machen, auch wenn keine Anrufe oder Kommentare kommen (weil die Hörer ganz gebannt lauschen
). Eine bessere Übungsgelegenheit gibt es gar nicht.
Sollte mir also mal bei einer anderen Gelegenheit alles zusammenbrechen und nur noch das Mikrofon und ich funktionieren (wie es beispielsweise Anette Herbst erging (
Hörbeispiel aus radiopannen.de)), dann bekäme ich jedenfalls mehr zusammen als ein "Ähm"-Gestammel.
Außerdem wäre ich mit dem jetzt wöchentlich stattfinden Format einer einstündigen reinen Talksendung mit interaktiven Elementen bei den meisten Internetradios ja sowas von vor die Wand gekracht - da tobe ich mich doch lieber bei 1000Mikes aus.
Ein bisschen Spaß muss auch mal sein.
Gruß, Uli