Was ebenfalls eine interessante Diskussion auslösen könnte, wären Fragen, die den Einfluss der Presseverlage auf die Vergabe von UKW-frequenzen in Deutschland anbelangen. Gibt es bspw. in diesem Zusammenhang einen freien Markt und wenn nicht, weshalb?
Da es hier eigentlich um Bayern geht, möchte ich kurz auf diesen Themenvorschlag eingehen. Für die im Privatfunkbereich beherrschenden Zeitungskonzerne dienen die Radiobeteiligungen bekanntermaßen als Kompensation ihres Verlagsgeschäft. Neben geringfügig rückläufiger Verkaufs- und Auflagezahlen will man mit seichten, anspruchslosen Hitwellen bei jüngeren Zuhörern Werbeeffekte erzielen, die als Käufer der hauseigenen Regionalblätter kaum in Frage kommen. Während sich Presseanzeigen in Deutschland vorwiegend an ältere Adressaten richten, wurden die im konzerneigenen Radiogeschäft involvierten Werbeagenten und Berater auf eine junge Zielgruppe angesetzt.
Wie wir wissen haben sich im Bereich der Radiowirtschaft kartellartig-erpresserische Strukturen etabliert, die von einer Werbewirtschaft getragen werden, die teilweise tief in die Sender und Anstalten hineinragt. Betrachtet man das Hörfunkprogramm des Bayerischen Rundfunks, so erkennt man bei sämtlichen Wellen die überdeutliche Handschrift der Werbezeitvermarkter. Die gesamte Wellenflotte wurde nach den Vorstellungen der im BR-Hörfunk maßgeblichen Werbeclique umgekrempelt und ans gängige Beraterideal angeglichen. Somit hat sich der Bayerische Rundfunk ohne Not in die Fänge einer von Printunternehmen getragenen Beratungsindustrie begeben, die von der Umfrage bis zum pekuniären Füllhorn der Werbeetatzuteilung alle Schalthebeln im Radiogeschäft fest im Griff hat.
Ich wäre nie so vermessen, einen Privatsender zu kritisieren, weil er sich wirtschaftlichen Zwängen beugt oder sich den Bedingungen des Marktes unterwirft. Wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender zum verlängerten Arm der Werbewirtschaft verkommt, haben wir es aber mit einer ganz anderen Gemengelage zu tun. Alle Pioniere, die sich dem rigiden Zielgruppenvorgaben des Zeitungsoligopols und des damit einhergehenden Werbegeflechts entziehen wollen, müssen zwangsläufig auf die Nase fallen. Ich spreche hier insbesondere von wirtschaftlich unabhängigen Kleinanbietern, die mit ihren Versuchen Alternativformate zu etablieren und Nischen zu besetzen an den zentralistischen Strukturen gescheitert sind und mit einem Werbebann belegt wurden.
Die Kollaboration zwischen BR und Werbewirtschaft schlägt sich mittlerwewile im gesamten Hörfunkangebot nieder:
Bayern 1: Durchkommerzialisierte Oldiewelle nach dem Vorbild des in den 80er-Jahren eingeführten Oldiebased-AC-Strickmusters mit überflüssigen wie niveaulosen Comedyrubriken, Selbstbeweihräucherung und Spruchweisheiten aus dem Beraterlehrbuch. Hauptgegner: Die bayerische Lokalkette.
Bayern 2: Das einzige Programm, das Gebühren rechtfertigt. Ein qualitativ hochwertiges journalistisches Wortprogramm mit vielen Eigenproduktionen, hohem Rechercheaufwand und breiter Themenvielfalt. Zum Zwecke der Werbezeitenvermarktung mit einem höchst umstrittenen Musikprogramm ummantelt.
Bayern 3: Kommerzielles Hitradio, Kommentar überflüssig.
Bayern Klassik: Der durchkommerzialisierte Klassik-Dudler ist ein Ebenbild der privaten Konkurrenzwelle "Klassik Radio". Wirbt mit den Schlagworten "Klassik-Hits", Filmmusik und Lounge-Chill-Out-Sounds. Der am schlimmsten verwässerte Sender der letzten fünf Jahre ist der neueste Coup der BR-Radiowerbung.
B5 aktuell: Nachrischtenschnellversorgung mit wenig Tiefgang, manchmal ganz nützlich aber kein großer Wurf. Wie nicht anders zu erwarten wurde auch diese Welle auf den mobilen Zwischendurchhörer zugeschnitten und ganz auf Quote getrimmt.
Trauriges Fazit: Von 5 Wellen könnte man getrost 4 dem Markt überlassen.
Dazu kommt eine machtlose Hörfunkdirektion, die dem "Staat im Staate" (dem Werbemanagmant) das Feld überlassen musste.