Der Vergleich hinkt so sehr, dass er selbst dringend einer Krankenversicherung bedürfte.
Das eine ist ein Solidarsystem zur Sicherstellung von Mindeststandards der Gesundheitsversorgung - die es sonst nicht gäbe.
Das andere ist ein Zwangssystem zur Aufrechterhaltung eines Informations- und Unterhaltungsangebotes, für das es tausenderlei Alternativen und einen gut funktionierenden privaten Wettbewerb gibt.
Und das ist ärgerlich, weil es erstens einen Haufen Geld verschlingt und weil ARD/ZDF es technisch (Ton- und Leitungsprobleme, Kameraführung, Ostseestrand-Studios etc.) nicht halb so gutgebacken kriegen wie die Privaten, dafür aber den doppelten Aufwand treiben. Wo die besseren Moderatoren sitzen (Marcel Reiff versus Bela Rethy) kann man in diesem Zusammenhang auch diskutieren.
Ach komm, Mannis Fan,
warum muss diese Diskussion immer und immer wieder auf einer so unsachlichen, undifferenzierten und polemischen Ebene geführt werden? Immer nur an den beiden gegensätzlichsten Polen des Spektrums?
Im gesamten Privatfernsehen gibt es eine einzige erträgliche und wirklich durchweg gute Nachrichtensendung, nämlich Punkt RTL um 18.45h. Immer wieder dient diese als Beleg dafür, dass "die Privaten" das genauso gut machen würden wie die Öffis, wenn nicht sogar besser. Verglichen wird am besten direkt mit Brisant, als sei das der alleinige Maßstab für öffentlich-rechtlichen Journalismus und nicht die diskussionswürdige boulevardeske Spitze desselben.
Es ist sicherlich richtig, dass auch die Leute im Privatfernsehen in der Lage sind, Sportberichterstattung in gleicher Qualität abzuliefern. Ich möchte allerdings auch daran erinnern, welche Zeitung mit 4 Großbuchstaben vor wenigen Jahren die ÖR in einer Kampagne aufgefordert haben, die Bundesliga im Free TV zu halten, weil die Privaten die Rechte nicht mehr bezahlen konnten und wollten. Und im Unterhaltungsbereich stammen die wesentlichen Innovationen seit 15 Jahren von den Privaten.
Es gibt aber "tausenderlei" öffentlich-rechtliche Angebote, für die es absolut keine private Alternative gibt und niemals geben wird. Wir reden von Informations- und Kulturprogrammen, von Klangkörpern, von regionaler Kompetenz in Berichterstattung.
Ich bin als Vater heilfroh über den Kika, weil ich das Grauen kriege, wenn ich sehe, wie verantwortungslos bei vergleichbaren privaten Angeboten vermeintliches Kinderfernsehen gemacht wird und die Kinder mit Werbung vollgeballert werden (und ich bin nun wirklich kein Konsumkritiker).
Ja, es gibt von allem zu viel im ÖR. Zu viel Verwaltung, zu viel Programme. Und zu viele Programme, die weit hinter den Möglichkeiten bleiben, was öffentlich-rechtlich eigentlich sein könnte und müsste angesichts des Gebührenaufkommens. Und es ist deren Pflicht, ihre Struktur zu überdenken und radikal zu verschlanken. Und wenn sie es selbst nicht hinkriegen (was leider anzunehmen ist), muss man ihnen den entsprechenden Druck machen.
Aber diese Debatte hat einfach überhaupt nichts Verhältnismäßiges mehr. Wegen 18 Euro dieser Anti-Gebühren-Dschihad im Land. Als wenn wir echt keine anderen Probleme hätten. Guckt euch mal an, was Kabelgebühren kosten. 15,-€ ist sicher ein guter Schnitt. 15 Euro für die reine technische Verbreitung von Programmen. Kein Schwein regt sich darüber auf, aber dass wir alle für 2,98€ mehr von unserem "Staatsfunk" ausgenommen und unserer Menschenrechte beraubt werden.
Und dann kommt wieder: Jaaa, aber ich muss kein Kabelfernsehen haben. Ich kann es mir aussuchen, es ist freiwillig. Hier werde ich gezwungen. Skandal. Die Abzocker. Und nichts, überhaupt gar nichts, was ansonsten als Solidarprinzip funktioniert, lässt sich vergleichen.
Ist ja auch einfach, ein System, das für sich absolut einmalig ist, lässt sich nicht vergleichen. Natürlich nicht mit der KV, es ist immer ein Äpfel und Birnen-Vergleich. Jeder Vergleich ist Äpfel und Birnen und oft nicht mal auf der gleichen Wiese. Aber deshalb immer rumzuschreien, dass das Gebührensystem nirgends so fürchterlich ist wie bei uns, höchstens noch in Nordkorea, weil man einfach auslässt, dass es das natürlich in sehr vielen europäischen Ländern gibt (teilweise übrigens mit höheren monatlichen Gebühren als bei uns), man das aber einfach auslässt, denn die voneinander mehr oder weniger leicht abweichenden Gebührensysteme lassen natürlich die Freiheit zu, so zu tun, als sei es dort völlig anders als bei uns, und eben und zuallervorderst nicht so schlimm.
Im Prinzip geht es aber immer um das Gleiche:
Die Finanzierung dessen, was sich selbst nicht refinanzieren liesse, weil es einfach nicht wirtschaftlich ist, aus der Solidargemeinschaft.
Wer das nicht möchte, kann ja auf ne einsame Insel ziehen.
Man kann über vieles diskutieren, auch ob es öffentlich-rechtliche Unterhaltungsangebote braucht, oder Popsender. Das ist legitim. Ich möchte in meinem Leben öffentlich-rechtliche Unterhaltungsprogramme nicht missen. Ich finde vieles schlecht und traurig, und vieles machen die Privaten besser. Aber nicht alles. Und die Deutungshoheit möchte ich denen nicht überlassen.
Private Radiosender finde ich unerträglich und halte ich keine 10 Minuten aus. Das gilt leider auch für manche, oder gar viele ÖR-Sender: SWR 3, NDR 2, Jump...bekomme ich schlechte Laune.
Aber es gibt viele Alternativen, da muss ich gar nicht erst in den Kulturbereich gehen, sondern auch bei den ÖRs, wo ich den wohltuenden Unterschied zu Privaten deutlich höre. Und darauf möchte ich nicht verzichten.
Die Kampagne, die BILD und andere Verlage gegen die ÖRs fahren, ist beschämend für unsere Berufszunft als Journalisten. Weil hier journalistische Standards nicht auf das niedrigste Level gezogen werden, sondern schlicht gar nicht mehr vorhanden sind.
Ich hoffe nur, dass diese immer blindwütiger und verlogener werdende Hetze vielleicht auch bei dem ein oder anderen zum Umdenken führt.
Allerdings nehme ich deshalb nicht alle Zeitungen in Sippenhaft. Das sollte andersrum aber auch mal gegenüber den Öffis aufhören.
Hier ist eine Hysterie in dieser Debatte, dass man sich wirklich fragen muss, ob noch alle Leute ganz bei Trost sind.