In diesem Jahr war das schon zu erwarten dass es so kommen würde und es war leichtsinnig, die Planungen für das Event überhaupt so weit voranzutreiben.
Die Planungen waren doch im Kern schon fertig, bevor in China die erste Covid-Diagnose gestellt wurde ...? Angesetzt wurde die Veranstaltung für Mitte Mai, was für mich bei einer Veranstaltung dieser Größenordnung bedeutet, daß ein Großteil der Konzeptionierung und der Abläufe noch im alten Jahr fix war; die Deadline zum Abgeben von Liedgut lag wenigstens in Deutschland auf dem 1. Oktober 2019, und so eine Deadline setzt man erst dann, wenn bereits ein Großteil des Rests in trockenen Tüchern ist - alte Fyre-Festival-Weisheit. Abgesagt wurde Mitte März 2020; das war vielleicht etwas später als von anderen oder mir selbst erwartet, aber da internationaler Wettbewerb, wird bei so einer Entscheidung wahrscheinlich etwas Abstimmungsbedarf bestehen ...
Im nächsten Jahr nun erneut so zu verfahren, wo schon überall um uns herum die Großveranstaltungen aus dem 2021er Kalender gestrichen werden, ist nicht nur törricht sondern auch dummdreist und Betrug am Beitragserbringer!
Warum sollte das so sein ...?
Klar, mir persönlich gefällt's auch nicht, wenn bei Kulturveranstaltungen das Publikum fehlt oder stark dezimiert ist, aber auf der anderen Seite braucht man doch nur mal ein halbes Ohr in die aktuellen Diskussionen der Kulturszene reinzuhalten, um mitzukriegen, woher aktuell der Wind weht - #AlarmstufeRot etc. Ich persönlich halte es für Betrug am Beitragserbringer, wenn diejenigen, die in - nicht nur in Krisenzeiten - eine Plattform für Veranstalter und Künstler stellen könnten, sich aus der Verantwortung stehlen. Will sagen: worüber diskutieren wir hier denn unter anderem? Darüber, daß das Kultur-/Unterhaltungsprogramm in weiten Fällen der Radiolandschaft deutlich weniger facettenreich und mutiger ist als die Realität, und dann fordern wir gleichzeitig, daß sie in Zukunft gleich noch weniger facettenreich und mutiger wird ...? Und Du selbst erzählst an anderer Stelle etwas davon, daß man in Corona-Zeiten automatisch mit Depressionen zu kämpfen habe, gleichzeitig willst Du ein beliebtes Unterhaltungsformat einstampfen, das wenigstens etwas Abwechslung bringen könnte ...?
An anderen Stellen werden auch Experimente unternommen, um irgendwie Veranstaltungen oder sogar Wettbewerbe irgendwie stattfinden zu lassen. Ich hab' da schon einige schöne Ideen mitbekommen, bei denen sogar mitunter (Web)Radio, Videoplattform und Internet Hand in Hand gehen (oder zumindest gehen sollen), bin auch in einem solchen Experiment aktuell involviert und dankbar dafür, daß es Leute gibt, die innerhalb weniger Wochen etwas zum Funktionieren bringen wollen, auch wenn noch nicht klar ist, wie weit ein Konzept angenommen wird und wie zukunftsfähig es ist. Auch wenn keiner der Beteiligten darüber spricht, ist doch jedem Beteiligten klar, daß die Veranstaltungen im nächsten Jahr bereits geschlossen auf der Kippe stehen, und daß 2022 auch besser nicht fix geplant werden sollte. Aber die Hände in den Schoß legen, sich von seinem Schicksal überrollen lassen, will auch keiner. Lieber begibt man sich in ungewisses Terrain und macht dort den Pfadfinder. Die Flinte kann man später immer noch ins Korn werfen. Und genau solche Experimente erwarte ich auch als Beitragzahler vom ÖR und von eben solchen Veranstaltungen wie dem ESC. Von "töricht" und "Betrug" kann ich immer noch sprechen, wenn ich rausfinde, daß die Leute im Hintergrund für 2021 mit denselben Voraussetzungen planen wie 2020 oder 2019.
Wer davon ausgeht, dass Zehntausende Menschen in den Städten oder in einer Halle in knapp 6 Monaten diesen Wettbewerb um die bunteste Bühnenshow feiern werden, dem muss man leider mangelnden Realismus und eine gehörige Portion Naivität und Weltfremdheit attestieren.
Da bin ich beruhigt, denn das tu ich nicht. Der ESC ist ein Autorenwettbewerb. Ein Lied braucht nicht zwangsläufig die bunteste Bühne der Welt.
Es wird 2021 (und sehr wahrscheinlich auch 2022) keine derartigen Aktivitäten geben! Das ist so sicher wie das Amen vor der (geschlossenen) Kirche zum Weihnachtsgottesdienst.
Och, ich glaube schon, daß es derartige Aktivitäten geben wird, allerdings in einer anderen Form und wahrscheinlich auch vor einem anderen Publikum als bislang üblich.
Gruß
Skywise