Die großen Abendshows sind keineswegs billig produziert, die Recyclingware in manchen Dritten hingegen schon; über die Musik kann man geteilter Meinung sein, mitunter ist die Bandbreite ganz beachtlich, oft sogar zu groß, um alle Zuschauer bei der Stange zu halten.
Vor Jahren moderierte Meister Gottschalk eine mit großem Pomp angekündigte und mit internationalen Stars garnierte Oldies/Classic-Rock-Show, die jeden Berater in Verzückung versetzt hätte. Die Gesamtquote fiel aber höchst enttäuschend aus und die meisten Zuschauer waren erwartungsgemäß Silberlocken, die man in ähnlicher demographischer Zusammensetzung, jedoch in größerer Zahl auch bei den bunten Volksmusikfesten antrifft. Der trotz Starbesetzung grandios gescheiterte, aber sündteure Versuchsballon lehrt uns, dass kaum ein Fernsehzuschauer unter 50 den Samstagabend einer bebilderten Chartshow opfert, wenn zeitgleich attraktive fiktionale Formate über den Bildschirm flimmern - ganz unabhängig von Genre oder Gästeliste. Auch das Musikfernsehen macht in Deutschland keine großen Sprünge, was nicht zuletzt mit dem langweiligen Einheitsgedudel im Beraterradio zu tun hat, das keinen vom Hocker reißt aber viele Leute bitter grämt.
Die beleidigten Kommentare von "laser558" (Schmalzschlager etc.) legen ein beredtes Zeugnis von den herrschenden Zuständen in weiten Teilen des deutschen Radiobetriebs ab. Herablassung, Hörerverachtung und Zielgruppenverengung geben sich die Hand, wenn ein Sender nach dem anderen auf die einseitigen Bedürfnisse der Werbungsvermarkter zugeschnitten wird und die Erwartungen der Gebührenzahler mit Füßen getreten werden. Bei "Radio Bremen" scheint die externe Fachexpertise längst zum freudig rezitierten Glaubensbekenntnis avanciert zu sein, schließlich ist dieser Sender zwingend auf fremde Mittel angewiesen und wes Brot ich ess' des Lied ich sing'; dass "Bremen 1" vor Schmalz und englischsprachigen Schlagerschnulzen nur so strotzt, sei nur nebenbei bemerkt, die deutsche Sprache gilt dort schon lange als unfein.
Das Showurgestein Rudi Carrell brachte es vor Jahren mal auf den Punkt, als er sagte: "Wenn man bei Radio Bremen durch die Pforte geht heißt es erst 'Guten Morgen' und gleich darauf 'wir haben kein Geld'. Und genau hier liegt der Hund begraben - erst kommt die Kohle, dann das Hörerwohl.
Und für all diejenigen, die es noch immer nicht verstanden haben möchte ich abermals verdeutlichen, dass es im Grunde gar nicht um den Schlager geht, sondern um deutsche Musikproduktionen insgesamt, egal mit welchen Gattungsbegriffen man die einzelnen Titel am Ende belegt.