Aber: habe in einer Sendung auf PHOENIX mal gehört, dass eher das bayerische das frühere "Hochdeutsch" gewesen sein soll...
Da hast du nur die Hälfte verstanden.
Bayerisch-Österreichisch (zusammenfassend "Bairisch" genannt),
Schwäbisch / Alemannisch (oft nur Alemannisch genannt), die schwäbisch-alemannisch unterwanderten
südfränkischen Idiome um Pforzheim und Karsruhe und die südlichen Ausläufer des Ostfränkischen bilden zusammengenommen die
Oberdeutschen Mundarten.
Die unter dem Namen "Rheinfränkisch" zusammengefassten Großmundarten
Hessisch,
Pfälzisch (inkl. Saarland),
Moselfränkisch (inkl. Luxemburg) und
Ripuarisch (das rheinische "Mittelfränkisch" bis auf die Höhe von Düsseldorf, "Benrather Linie"),
Obersächsisch (eigtl. "Sächsisch", gesprochen in Sachsen, im Großteil Thüringens und darüber hinaus),
Niederlausitzisch mit
Berlinerisch (heute auch der gesamte Regiolekt
Berlinisch-Brandenburgisch),
Erzgebirgisch (ein altertümlicher, mit dem Ostfränkischen korrespondierender Restdialekt, der auch noch im Zentralharz gesprochen wird) sowie das beinahe untergegangene
Schlesische bilden gemeinsam die
Mitteldeutschen Dialekte.
Das
Ostfränkische (Nordbayern, um Würzburg, Bamberg, Nürnberg) ist von der Vokalisierung her großteils Mitteldeutsch, vom Konsonantenstand her eindeutig Oberdeutsch) rechnen einige Sprachwissenschaftler zum Ober-, andere zum Mitteldeutschen (das nordbairisch geprägte Nürnbergische und das mit alemannischen Elementen versehene südliche Unterfränkische etwa sind reines Oberdeutsch). In den wichtigen Verwaltungszentren des habsburgischen Südens (Wien, Prag) und in Mitteldeutschland (Meißen, Dresden) bildeten sich in der frühen Neuzeit
Kanzleisprachen heraus, die zur Grundlage der
Hochdeutschen Schriftsprache wurden, dem Vorläufer des modernen Deutschen.
Die ober- und die miiteldeutschen Dialekte werden dementsprehend zusammenfassend als
Hochdeutsche Dialekte bezeichnet, im Gegensatz zum
Niederdeutschen nördlich der Benrather Linie, das auf der zu Hansezeiten verbindlichen
Mittelniederdeutschen Schriftsprache aufbaut, die wiederum zur Grundlage der modernen
Niederländischen Schriftsprache wurde und alle niederdeutschen Dialekte überdachte (
Niedersächsisch,
Niederfränkisch,
Märkisch-Brandenburgisch, das niedersächsisch unterwanderte
Mecklenburgische und die ostniederdeutschen Varietäten
Pommersch und
Niederpreußisch). Die Niederdeutsche Schriftsprache hielt sich in einigen Teilen Deutschlands zumindest auf Verwaltungsebene bis in die Neuzeit, sank ansonsten aber flächendeckend auf Dialektniveau herab und zerfiel in ihre regionalen Versionen ("Plattdeutsch").
Diese groben Abgrenzungen wurden aufgrund des Lautstandes definiert; so unterscheidet sich das mitteldeutsche Pfälzische vom oberdeutschen Südfränkischen durch die p/pf-Abweichung (pfälz. "Pund", südfränk. "Pfund"), vom Hessischen unterscheidet sich das auch in Südhessen gesprochene Pfälzische wiederum durch den alemannischen Einfluss ("Luscht" statt "Lust"). Das Ripuarische, das um Köln, Bonn und Aachen gesprochen wird, unterscheidet sich vom Niederfränkischen nördlich der Benrather Linie durch markante Lautveränderungen, die ganz allgemein das Hochdeutsche vom Niederdeutschen und damit vom restlichen Westgermanischen trennen: "brechen" wird zu "breken", "Wasser" zu "Water" usw. usf.
Die Unterscheidungen sagen nichts über die innere Verwandtschaft der Dialekte aus, sondern aussließlich über den Lautstand! So sind die niederdeutschen Mundarten des Niederrheins recht eng mit dem Ripuarischen verwandt. Übrigens: das
Ruhrdeutsche ist ein Regiolekt, der längs der Spannungsachse zwischen dem zum Niedersächsichen gehörenden Westfälischen und dem mitteldeutschen Ripuarischen (Rheinländisch) entstanden ist und heute wegen der starken Urbanisierung viele Merkmale des Hochdeutschen aufweist.