AW: Was ist mit Antenne Bayern los?
Kurz noch die Antworten zum Posting von Heidi, weil sie mich direkt angesprochen hat:
>>>Sorry Pirni, so ganz kann ich Dir nicht zustimmen. Bestimmt gibt es immer weniger Zuhörer. Doch Radio war schon vor 25 Jahren ein "Sekundärmedium", d.h. Radios haben schon immer nebenher vor sich hingedudelt. <<<<<
Radio war AUCH vor 50 Jahren ein Sekundärmedium, die Betonung liegt auf AUCH. Aber es war auch ein Zuhörmedium und das Image war folgendes:
Im Radio habe ich schon öfter etwas Gutes / Interessantes / Glaubwürdiges gehört, momentan tue ich zwar was anderes ( arbeiten, mit wem anderen reden...) und das Radio läuft im Hintergrund und es ist mir klar, daß ich was Gutes/Interessantes/Schönes versäume, weil ich grade nicht zuhöre. Das Radio wurde immer AUCH als Nebenbeimediuem genützt, aber in der Einschätzung, daß, wenn ich jetzt zuhören möchte, es sofort zu einem Zuhörmedium wird. Es liegt in meiner Hand des Hörers, ob ich es als Sekundärmedium nebenbei nütze, oder ob ich es aufmerksam als Zuhörmedium nütze.
Heute aber ( jetzt immer abgesehen von den Ausnahmen DLF) ist im Unterhaltungsbereich ja NUR NOCH als Hintergrundmedium nutzbar. Man würde ja verrückt werden, wenn man das eine Stunde aufmerksam verfolgen würde !
Es gibt auch folgende Erscheinung: Auf das berühmte TEASING hereinfallend hat eine Hörerin dann einen angekündigten Beitrag von 90 Sekunden aufmerksam verfolgt, ist von der Arbeit weggangen, hat lauter gedreht udn ZUGEHÖRT. Dann war sie maßlos enttäuscht: "Waas, wegen dieses Blödsinns machen die eine Programmankündigung und ich setzte micht vors Radio, dabei ist es schon gleich wieder vorbei. Es zahlt sich wirklicht nicht mehr aus, sich im Radio etwas anzuhören !"
Das meinte ich mit der Entwicklung in den Hintergrund: Das Sekundärmedium war es früher WAHLWEISE vom Rezipienten aus gesehen. Heute ist es ein
unbedeutendes Hintergrundmedium und man kann es gar nicht mehr anders nützen ! ( Immer mit ein paar Ausnahmen abgesehen, klar...)
Heute hat niemand mehr das Gefühl, daß er im Radio etwas versäumt, wenn er nicht genau hinhört !
Mich würde mal interessieren, wo Du die 4% her hast!
Das ist bei einer Schulung von Mitarbeitern eines großen österr. Privatradios vom Schulungsleiter gesagt worden, außerdem habe ich das auch schon intern von Beratungsunternehmen (BCI) gehört. Es wurden Hörer eines Privatradios gefragt, welche Platte, welcher Moderationshinhalt war gerade in der letzten Viertelstunde im Radio. Nur 4% konnten sagen, was gerade gelaufen ist bzw. über was gerade gesprochen wurde.
[/I]Außerdem haben gerade die letzten Glaubwürdigkeitsumfragen ergeben, dass Radio immer noch eine enorme Glaubwürdigkeit bei der Mehrheit der Befragten genießt - sogar mehr als die Zeitungen, bei denen man ja immerhin die Artikel im Zweifelsfall an den Kühlschrank pinnen kann.
Welche Radiohörer hat man da gefragt( DLF-Hörer ?) ? Weiters ist das alles zu oberflächlich: Den normalen Nachrichten schenkt man sicher noch Glaubwürdigkeit, auch dem Wetterbericht. Aber wie schaut es mit der übrigen
Moderations - Sendefläche aus.
Außerdem sind diese von der Werbewirtschaft in Auftag gegebenen Umfragen sowieso nicht glaubwürdig !
Und dass die Stimulus-Response-Theorie bei der Werbung (und auch sonst)eigentlich nie so richtig funktioniert, hat wird leider von manchen Werbekunden immer noch ignoriert. Der Effekt der Imagewerbung funktioniert aber gerade beim (Format)-Radio ganz gut. Man denke nur an "Jüüürgen, oder "wohnst Du noch?...".
Das sind typische Worthülsen der Marketing-Parteihochschulen. Den Werbekunden interessiert nur eines: Ich mache eine Woche lang eine Werbekampagne für mein Geschäft. Wenn sich auf die Radiowerbung nichts rührt, dann war sie eben umsonst !
Den Niedergang der Response auf Radiowerbung habe ich in 25 jähriger Radiootätigkeit einfach selbst erfahren. Gegen empirische Erfahrung könnt ihr mir mit noch so tollen Reseaches und Marketing-Worthülsen daherkommen. Ich kenne einfach die Tatsache. Nur ein kleines Beispiel:
Im Jahre 1988, kleines Lokalradio in Bayern, ca. 150.000 Einwohner technische Reichweite: Eine einzige Moderatoren-Durchsage, daß man einen Preis von 100 DM bei einem Werbekunden gewinnen kann: Es kamen ca. 100 Postkarten.
Wir haben so einen Test dann 1995 nochmal gemacht, da kamen 25 Reaktionen, 2002 kam dan NICHTS !
Ein Werbekunde hat auch den Test gemacht: Suchte dringend Arbeitskräfte als Fernfahrer, hat eine wochenlange Aktion in einem Dudelradio gemacht: NICHTS, keine einzige Bewerbung.
Dann hat er eine Annonce in einer Zeitung geschalten und es kamen 38 Bewerbungen.
Wenn Du diesen Werbekunden dann noch was von Imagewerbung usw. erzählst und wie toll das Radio doch für sein Produkt wirbt, dann lacht er nur.
Außerdem: IMAGE ! Für gewisse Luxusartikel ist es geradezu eine Imageverlust, in einem Dödelradio zu werben.
Bisserl positiver denken, dann klappts auch mit dem Aufschwung (siehe BILD von heute).
Das positive Denken sollte endlich mal die versteinerten Theorien aus den Köpfen der Radio- Ideologen entsorgen. Derzeit ist das positive Denken bei mir durchaus vorhanden: Radio, das ist sicher was zum Lachen !