Lärm macht krank!
Eines der wichtigsten Sinnesorgane des Menschen sind seine Ohren. Mit ihrer Hilfe kann der Mensch Schallereignisse aus seiner Umgebung wahrnehmen, recht genau lokalisieren (in 3D mit 2 Ohren!), herannahende Gefahren erkennen, sich im Dunkeln orientieren (fast so wie eine Fledermaus), Gespräche verfolgen (oder auch einfach ignorieren) und natürlich Musik hören - alles Dinge, die einen beträchtlichen Teil unseres Lebens(gefühls) ausmachen. Im Gegensatz zu anderen Körperteilen sind die Ohren immer auf 'Empfang' und geben selbst im Schlaf wichtige Informationen an das Gehirn weiter. Es sorgt dann dafür, daß uns bekannte Geräusche - die durchaus laut sind (vorbeifahrende Autos etc.) - nicht stören. Sobald aber zum Beispiel ein Blatt leise von der nicht gegossenen Pflanze fällt, wird man unter Umständen sofort unsanft aus den Träumen gerissen...
Was noch vor einigen Jahrzehnten ein großes Problem bei vielen Berufsgruppen war - die Schädigung des Gehörs durch Lärm am Arbeitsplatz, verlagert sich immer mehr in den Freizeitbereich. Heute stehen in fast jedem Haushalt Stereoanlagen und Fernsehgeräte mit 'reichlich' Leistung. Im Auto ist es bei einigen auch selbstverständlich das Motorengeräusch mit einem Musikteppich zu überdecken - oft hört man als Außenstehender die Musik eher als das Fahrzeug. Am Wochenende ist natürlich 'Partytime' angesagt: Abtanzen bis in den Morgen...
Es geht hier nicht darum irgend jemanden den Spaß zu verderben, aber wie immer ist der Grat zwischen Genuß und Gefahr sehr schmal und jeder sollte wissen auf was er sich einläßt. Leider ist es aber so, daß viele diese Gefahren für die Ohren gar nicht kennen, unterschätzen, oder einfach ignorieren. Das besonders heikle daran ist, daß zwischen den schädigenden Ereignissen und dem Feststellen einer Hörschädigung oft sehr viele Jahre vergehen. Diese Informationen sollen einfach etwas dazu beitragen, daß dieses Thema ein klein wenig mehr ins Bewußtsein gerückt wird.
Fast jeder hat es schon erlebt, daß es einem beim Besuch von Discotheken, Konzerten, Motorsportereignissen etc. zu Beginn etwas laut vorkommt. Nach einiger Zeit gibt sich das - alles scheint normal. Viele meinen, daß sich die Ohren dann an die Lautstärke gewöhnt haben. Beim Verlassen der Veranstaltung stellt man fest, daß die ganze Umwelt auf einmal viel ruhiger ist - vielleicht auch etwas anders klingt. Beim Autofahren kommt es einem dann so vor, als ob man ein Elektoauto fährt. Zuhause angekommen vernimmt man mitunter ein leises 'Singen'. Erst nach einigen, mitunter auch vielen Stunden legt sich das 'Singen' und alles ist (hoffentlich) wieder so laut wie eh und je.
Was ist passiert?
Der erste Eindruck hat nicht getäuscht - es war etwas (zu) laut. Die Ohren haben sich aber nicht an die Lautstärke gewöhnt, sondern die sogenannten Haarzellen der Schnecke (Cochlea) im Innenohr sind ermüdet (man kann es auch krasser mit 'wurden überlastet' ausdrücken). Dadurch werden nicht mehr alle Informationen, die eigentlich an den Ohren anliegen, ins Gehirn transportiert - es wird leiser. Dieses Symtom nennt man den TTS (Temporary Threshold Shift) - Effekt und bezeichnet damit eine zeitweilige Verschiebung der unteren Hörschwelle durch längere Schalleinwirkung mit hohem Pegel. Je nach Dauer und Intensität der Schalleinwirkung benötigen die Haarzellen danach eine gewisse Zeit, um sich wieder zu erholen.
Wer jetzt denkt, daß TTS nicht weiter schlimm ist, da sich die Ohren ja wieder erholen, dem sei gesagt, daß die Ohren nichts vergessen! Es mag zunächst durchaus viele, viele Male gutgehen, die fortwährende Überlastung der Ohren führt aber über die Jahre zu einem beschleunigten Absterben der Haarzellen. Damit einher geht dann eine Verschlechterung des Hörvermögens - PTS entsteht. PTS (Permanent Threshold Shift) bedeutet nichts anderes, als das sich die Hörschwelle bei den verschiedenen Frequenzen für immer verschiebt. Das kann einzelne Frequenzbänder betreffen - vor allem die Höhen, oder auch den gesamten Hörbereich. Dann ist es zu spät! (für die Kids: Game over!) Auch die längste Abstinenz von lauten Geräuschen hilft dann nicht mehr. Nicht nur das man etwas 'schwerer' hört - nein, man büßt damit auch Lebensqualität ein. Ganz besonders deutlich wird dies bei der Kommunikation mit anderen Menschen. Man kann Gesprächen nicht mehr so richtig folgen (...häh?), oder man stellt den Fernseher so laut, daß alle Hausbewohner auch etwas davon haben, zirpende Grillen auf einer Wiese vernimmt man gar nicht mehr... Und wohlgemerkt, es geht hier nicht um Schwerhörigkeit im Rentenalter - vielleicht wie bei Oma und Opa, sondern mit 50 oder gar 40 Jahren! Natürlich ist die langsame Abnahme der oberen wahrnehmbaren Grenzfrequenz mit zunehmenden Alter. Die berühmten 20 kHz hören effektiv nur Kinder und Jugendliche bis 20 Jahren. Schon mit etwa 35 Jahren liegt sie bei etwa 15kHz und fällt auf rund 8 bis 5kHz im Greisenalter.
All diese Folgen sind schlimm, für einen DJ bedeutet es aber, daß er seinen Job an den berühmten Nagel hängen kann. Ein sicheres Zeichen für eine Schädigung des DJ - Gehörs ist, wenn vermehrt Gäste zum DJ kommen und ihm sagen, daß es ihnen zu laut ist, bzw. daß ihnen bald die Ohren 'wegfliegen', weil die Mitten und Höhen viel zu weit angehoben sind - es 'quäkt' und 'zwitschert'.
Klar ist, daß die DJ's wohl diejenigen sind, die die höchste Schalldosis abbekommen. Jeder kann sich auch selbst ausrechnen wieviele Stunden er im Jahr am Mixer steht. Gleiches gilt mit kaum nennenswerten Unterschieden auch für das Personal, daß ja auch immer von Anfang an vor Ort ist! Es ist also ratsam sich soweit es geht zu schützen. Dabei entscheiden mitunter nur wenige Dezibel Unterschied über 'gerade noch OK', oder 'schon gefährlich'.
Neben einigen vom DJ selbst beeinflußbaren Faktoren - die gleich besprochen werden - gibt es aber auch Dinge, die schon beim Einbau der Beschallungsanlage in einer Discothek Beachtung finden sollten, um alle Beteiligten (auch die Gäste!) etwas zu schützen. Das dabei immer ein Kompromiß aus den Kosten, dem Aufwand und den baulichen Gegebenheiten gefunden werden muß liegt auf der Hand. Ziel sollte aber immer die möglichst hohe Konzentration des Schalldrucks auf der Tanzfläche sein. Schon in geringer Entfernung davon sollte der Schalldruck spürbar abfallen. Meistens wird die Beschallungsanlage von einschlägigen Fachfirmen installiert - die kennen sich damit aus. Man kann dann davon ausgehen, daß man eine maßgeschneiderte Lösung angeboten bekommt. Für alle, die die Installation (Ton und Licht) selber machen wollen (oder müssen), gibt es eine kleine Zusammenstellung mit hoffentlich nützlichen Tipps, die Sie in Ihre Überlegungen einbeziehen können.
Die 'selfmade' Discothek
An dieser Stelle soll es nun um die direkt vom DJ beeinflußbaren Faktoren gehen. Egal ob man als DJ alle, oder nur einige Hinweise irgendwie umsetzt, helfen wird es auf jeden Fall die Ohren weniger zu belasten.
1. Die Lautstärke im Allgemeinen
Ein schwieriges Thema. Die Meinungen darüber gehen weit auseinander. Je nach Charakter der Discothek und gebotenen Musikstil gibt es 'Gesetze' die die zu benutzende Lautstärke 'vorschreiben'. Darüber braucht man sich an dieser Stelle nicht unterhalten. Auf der anderen Seite ist es in modernen Discotheken so laut, daß die Ohren aller nach einiger Zeit 'zu' sind (TTS beginnt). Was hindert also den DJ daran, gleich von Anfang an, etwas unterhalb des in der Discothek geltenden 'Status Quo' zu bleiben? Abgesehen davon, daß der TTS-Effekt später einsetzt, wird nach einiger Zeit kaum jemand überhaupt einen Unterschied bemerken. Gewonnen haben dabei auf jeden die Ohren, denn bei einer Lautstärke von 92dB - anstatt 95dB - erhöht sich die Zeitdauer, die man sich 'ungestraft' dieser Lautstärke aussetzen kann, von 4 auf 6 Stunden...
(Zahlen aus 'Ontario Health and Savety Act')
2. Mixing, Monitor, Kopfhörer
Jeder DJ hat so seine eigenen Methoden beim mixen der Beats. Die einen benutzen den ganzen Kopfhörer, andere nur eine Seite. Den meisten Spaß macht aber das Mixen mit Hilfe von kleinen Monitorboxen. Zum einen entfällt das lästige Tragen des Kopfhörers und die Laufzeitdifferenzen, zum anderen hat man damit genau den gleichen Klangeindruck wie die Leute auf der Tanzfläche - ein feines Arbeiten. Der größte Nachteil von Kopfhörern ist, daß das Signal von der Tanzfläche immer mit 'reindrückt'. Egal ob offenes oder geschlossenes System, die für das Mixen wichtigen tiefen Frequenzen (Bassline) werden übertönt. In der Konsequenz wird man also den Kopfhörer noch lauter einstellen, damit man überhaupt etwas hört. Damit tut man seinen Ohren (oder nur dem einen 'Mixohr') keinen Gefallen, denn der - oft unterschätzte - Schalldruck in unmittelbarer Nähe der Kapseln ist so groß, daß es im Laufe der Zeit mit Sicherheit zu Schädigungen kommt. Um sich zu schützen, sollte man also die Kopfhörer nur so kurz wie möglich benutzen. Gleiches gilt für die Monitorboxen: Nach dem Mix sofort leise drehen!
Noch eine kleine Bemerkung: Wer nur mixen kann wenn es so richtig 'hämmert' macht etwas falsch ('Ich hör sonst nichts'). Mit etwas Übung klappt es auch leiser - man muß sich nur dazu zwingen...
3. Gehörschutz
Etwas gewöhnungsbedürftig, aber sehr wirkungsvoll, ist das Tragen von Gehörschutzpfropfen für Musiker. Damit wird die Schallintensität auf ungefährliche Werte abgesenkt ohne daß der Frequenzgang 'verbogen' wird. Diese muß man sich extra anfertigen lassen. Dafür fällt das Tragen aber auch nicht sehr auf.
Hörschwelle
Die untere Hörschwelle ist die (Laut) Stärke, die ein Ton mit bestimmter Frequenz mindestens haben muß um gerade noch wahrgenommen zu werden. Sehr tiefe und sehr hohe Töne erfordern größere Stärken. Am empfindlichsten ist das menschliche Gehör im Bereich von 1000 bis 4000 Hz. Bei etwa 2300 Hz ist die Empfindlichkeit sogar so groß, daß wir fast im Stande wären das thermische Rauschen (zufällige Bewegung der Moleküle) der Luft zu vernehmen.