Aus neun mach vier: ARD vor Fusions-Marathon

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Als vor ein paar Jahren die BILD "exklusiv" meldete, die Bundesregierung plane Änderungen in der ARD, wurde das auch fleißig abgeschrieben. Allein der Umstand, dass die Bundesregierung für die ARD gar nicht zuständig ist, hätte alle Warnlampen aufblinken lassen müssen. So auch hier: Die ARD kann sich gar nicht selbst fusionieren. Zuständig sind die Bundesländer. Dass beispielsweise Hessen oder gar Bayern mal eben auf ihren Landessender verzichten, ist völlig an den Haaren herbeigezogen. Oder eine Fusion des roten RBB mit dem schwarzen MDR würde zu erheblichem parteipolitischen Geplänkel führen. Falls die Fusion irgendwann mal kommt, geht das sicherlich nicht geräuschloser ab als etwa die SFB-ORB-Fusion vor ein paar Jahren.

Inwiefern eine Fusion sinnvoll wäre, darüber gehen die Meinungen auseinander. Klar, es ist schon irgendwie absurd, dass Saarland und Bremen jeweils eigene Anstalten haben, die größeren Nachbarn Niedersachsen und Rheinland-Pfalz aber nur eine Außenstelle einer in einem dritten Bundesland beheimateten Anstalt. Und eine Reduzierung der Anstalten statt der immer wieder an die Wand gemalten Einheitsanstalt für ganz Deutschland würde immerhin noch Pluralität bewahren. Aber sonst? Die Fusion von SDR und SWF zum SWR hat bekanntlich zu keinen Einsparungen geführt, wohl aber zu einem erheblichen Abbruch in der Programmqualität und -vielfalt im Südwesten.

Was aus meiner Sicht tatsächlich sinnvoll ist, und tatsächlich auch immer mehr gemacht wird, ist, Zuständigkeiten zu konzentrieren. Um es mal überspitzt zu formulieren: in der ARD wird nicht zu wenig kooperiert (wie man so oft liest), sondern zu viel. In den Abstimmungsprozessen zwischen den Anstalten gehen erhebliche Energien verloren, die stattdessen im Programm besser aufgehoben wären. Das kann man natürlich durch eine Vereinheitlichung der Anstalten lösen, so dass dann leichter "durchregiert" wird. Oder man dockt die Verantwortung für die jeweiligen Teilbereiche fest bei einer Anstalt an, die diese dann eigenverantwortlich auch im Namen der anderen Anstalten durchführt. Beispielsweise werden die Nachtprogramme der ARD-Radios seit einiger Zeit nicht mehr abwechseln von den Anstalten gestaltet, sondern sind jeweils einer Anstalt fest zugeordnet. Das jeweilige Tagesprogramm des "Ersten" wird nicht mehr, wie früher, in Schaltkonferenzen beschlossen; stattdessen gibt es einen Programmdirektor. Das ZDF dringt darauf, die alleinige Zuständigkeit für 3sat zu bekommen, und es gibt immer wieder Pläne, eine feste ARD-Sportredaktion zu bilden statt der Rotation der Zuständigkeiten der einzelnen Anstalten. SR und HR haben Teile ihrer Verwaltung und Technik zum SWR ausgelagert. Und bei "Funk", dem neuesten Projekt von ARD&ZDF, muss auch nicht jeder Youtube-Kanal erst von zehn Rundfunkräten beschlossen werden, sondern es gibt eine feste Zuständigkeit beim SWR, und die anderen Anstalten liefern zu, was sie möchten.

Klar, wahrscheinlich wäre es immer noch sinnvoll, SR und Radio Bremen bei ihren größeren Nachbarn einzugliedern. Aber man sollte nicht dem Glauben erliegen, dadurch würde dann plötzlich sehr viel eingespart oder Ressourcen frei. SR und RB produzieren praktisch nur noch Landesprogramme und steuern fast nichts mehr zur ARD bei. Die Landesprogramme würde aber auch in einem Landesstudio weitergeführt werden, aber viel ändern an der grundsätzlichen Situation würde das nicht.
 
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Die ARD kann sich gar nicht selbst fusionieren. Zuständig sind die Bundesländer.
Danke für diesen Hinweis, das ist auch mir im Eifer des Gefechts untergegangen.

Oder eine Fusion des roten RBB mit dem schwarzen MDR würde zu erheblichem parteipolitischen Geplänkel führen.
Warte mal bis kommendes Jahr. Dann kannste möglicherweise noch eine neue Farbe als relevant hinzunehmen. Der RBB käme dann sowieso in eine fiese Grätsche zwischen dem aufgeklärten (West)berlin und der Provinz, die immer finsterer sein will.

Die Fusion von SDR und SWF zum SWR hat bekanntlich zu keinen Einsparungen geführt, wohl aber zu einem erheblichen Abbruch in der Programmqualität und -vielfalt im Südwesten.
Genau solche Bilder habe ich auch vor mir, wenn fusioniert wird. In Thüringen will man ja gerade eine Gebietsreform durchpeitschen, die der dortigen Landesregierung das Genick brechen wird, aber an finanziellen Einsparungen im großen Stil mag ich auch nicht glauben - nur an Einsparungen in der Bürgernähe.
 
Mag jemand ein Fazit der Fusion von ORB und SFB ziehen, oder eines verlinken?
Finanziell entziehen sich die Folgen meiner Kenntnis. Als einstiger Hörer nahm ich massive Verschlechterungen im Rundfunk wahr (bis 2011 dann mein Kontakt abbrach, weil ich kein Hörer mehr war). Aber diese Verschlechterungen waren perfekt im Zeitgeist, wären auch anderswo gekommen und müssen deshalb nicht zwangsläufig dieser Fusion angedichtet werden. Zumal ja auch erhebliche Teile der Fusion vorab in gemeinsamen Programmen realisiert wurden. Rock Radio B wurde schon 1993 zugunsten von Fritz gekippt und Radio Brandenburg (für mich weiterhin das beste, was es jemals in der Region und wohl auch darüber hinaus gab) starb 1997 zugunsten von Radio Eins. Zählen wir diesen extremen Substanzverlust da mit dazu oder nicht?
 
Soweit ich mich entsinne, hing der SFB völlig am Tropf des ARD-Finanzausgleichs, während der ORB stolz darauf war, eine schlanke Anstalt zu sein. Trotzdem hat es der ORB geschafft, im Radio ganz erhebliches zu leisten, wofür in deutlich größeren Anstalten vorgeblich nie Geld da war: Nicht nur RaBra und später Radio Eins und das (im Vergleich zu anderen ARD-Jugendwellen) vielfältige und deutlich politischere Fritz, sondern auch die vielen Spezialsendungen auf Antenne Brandenburg. Gespart hat man dagegen im Fernsehen und bei der klassischen Radiokultur, mit dem überhaupt nicht abwegigen Argument, dass es hier ja schon genug von den anderen Anstalten gebe, was man ja mitnutzen könne. Allerdings, das muss man auch im Kopf behalten, hat der ORB auch deutlich geringere Löhne gezahlt, sowohl den Festen als auch den Freien.

Mit der Fusion wurde der RBB dann ein Stückweit eine "normalere" Anstalt, mit dem Anspruch, das übliche regionale Programmgeplenkel, was es woanders schon lange gab, endlich auch anzubieten. Gespart wurde dagegen an den "Rändern": Radio Multikulti und der Antenne-Brandenburg-Abend. Und man beschäftigt deutlich weniger Leute als zuvor.

Wäre es eine realistische Alternative gewesen, den SFB implodieren zu lassen und den ORB weitgehend unverändert fortzuführen? Ich denke nicht. Schon aus politischen Gründen, aber wahrscheinlich wäre der ORB dann Gefahr gelaufen, mit der Zeit finanziell an die Wand gedrückt zu werden. Wie die Partnerschaft mit SFB dann weitergegangen wäre, ist schwer zu sagen. NDR und MDR, die stattdessen hätten einspringen können, hätten dann womöglich versucht, den ORB eng an sich zu binden, um über das Vehikel ORB das prestigeträchtige Berlin zu erobern. Möglicherweise kann der ein oder andere Insider aber mehr dazu sagen.
 
Dass die kleinen und verlustreichen Anstalten in den größeren Nachbarn aufgehen macht sicherlich Sinn.
Aber den BR mit dem SWR zusammenzulegen ist schon rein von der Mentalität der Menschen Unsinns!
Das wäre ja so als käme man auf die Idee den ORF mit der RAI zusammenzulegen. Völlig unmöglich!
Schon heute gibt es große kulutrelle Unterschiede zwischen Bayern, Franken und Schwaben. Und dann
in Zukunft mit den Baden oder Rheinländern? Soll da nur noch Karneval in der Abendschau laufen?
 
Zu #31: Es gab ja sogar zum Ende hin eine Koperation aus NDR, SFB und ORB bzw. zum Schluss nur noch NDR und ORB, die sich Radio 3 nannte und aus NDR 3, Radio Brandenburg und SFB 3 hervor ging, die sich damals im Gebiet des heutigen RBB in die Programme *radio kultur und Radio 3 aufteilten. Mehr kann ich dazu aber nicht sagen, da ich die Programme nie verfolgt habe.

P.S.: Um die Abendprogramme von 88acht und Antenne Brandenburg ist es wirklich schade. Ich vermisse sie heute noch.
 
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Diese Fusion gab es früher auch im (West) Fernsehen. Im 3. Programm von NDR und SFB nämlich.
Und noch sehr viel früher im gemeinsamen Nord West Deutschen Rundfunk.
 
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Von dem mal ganz abgesehen gibt Radio Bremen eh erst seit 1945. Davor gehörte das auch schon zu Hamburg.

Wie bitte ? Radio Bremen ist die älteste ARD-Anstalt !

Was darf man unter "gehörte das auch schon zu Hamburg" verstehen, Bremen als amerikanisches Besatzungsgebiet, war nie Teil des (britischen) NWDR. Oder spielst du auf die NORAG und deren Sender Bremen an, dessen Rechtsnachfolge Radio Bremen ist. Aufgrund der Beteiligung bremischer Kaufleute kann von "gehörte (...) zu Hamburg" allerdings keine Rede sein.
 
Ich wage also die Zusammenfassung: in der Praxis haben Fusionen von ARD Anstalten zu mehr oder wenig massiven Programm- und Qualitätsverlusten geführt.

Meine These dazu: Das Programm war besser weil SWF & SDR, wie SFB & ORB konkurrierten, da es technisch jeweils große Überschneidungen des Sendegebiets gab.
 
1. Die BILD hetzt seit Jahren massiv gegen die ARD, da wäre ich beim Abschreiben vorsichtig.
2. Ich verstehe immer nicht, warum an Programmen gespart werden soll. Das große Problem sind doch die völlig übertriebenen Verwaltungsapparate und nicht zu begreifende Führungsebenen
3. Schade, dass auch in diesem Forum wieder als erstes gefordert wird, die ollen Popwellen sollen zusammengelegt werden. Mag ja aus persönlichem Geschmack richtig sein, aber das sind doch genau die Programme, die am wenigsten kosten. Also rasiert man viele Arbeitsplätze und Lokalkolorit weg und gewinnt so gut wie nichts? Verstehe ich nicht.
4. Fände es trotzdem richtig, den SR an den SWR und RadioBremen an den NDR anzugliedern.
 
Die Fusionsgedanken mit dem SR sind eh ein alter Hut. ich erinnere nur an die Fusionsdiskussionen aus den 1970er und 1980er Jahren. Damals SWF, SDR, SR und HR (siehe http://ejournal.communicatio-socialis.de/index.php/cc/article/viewFile/625/624)
Wir haben das zwar schon xmal durchgekaut, aber erneut: In 70ern- und 80ern- wurde immer nur eine SDR-SWF-SR-Fusion diskutiert, oder alternativ eine Auflösung des SWF und eine Ausdehnung des SDR auf ganz Baden-Württemberg und des SR auf Rheinland-Pfalz. Die Eigenständigkeit des Hessischen Rundfunks stand bis zu den 90ern nie zur Debatte. Das steht im übrigen auch genauso in dem von Dir verlinkten Artikel.
 
Oder eine Fusion des roten RBB mit dem schwarzen MDR würde zu erheblichem parteipolitischen Geplänkel führen.
Warte mal bis kommendes Jahr. Dann kannste möglicherweise noch eine neue Farbe als relevant hinzunehmen. Der RBB käme dann sowieso in eine fiese Grätsche zwischen dem aufgeklärten (West)berlin und der Provinz, die immer finsterer sein will.
Sollte das so kommen. sei die neue Intendantin des rbb, Patricia Schlesinger, davor. Sie hat es als erstem Paukenschlag gerade geschafft, das "ARD-Mittagsmagazin" dem mächtigen BR aus der Hand zu reißen. Hut ab!

Ansonsten: Die Mühlen der ARD mahlen langsam. Selbst wenn versehentlich zu viel verlautbart wurde: ein solches Versehen ist immer gut geeignet, die Diskussion zu beginnen, an deren Ende ein Teilerfolg stehen könnte.
 
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Die Fusion von SDR und SWF zum SWR hat bekanntlich zu keinen Einsparungen geführt, wohl aber zu einem erheblichen Abbruch in der Programmqualität und -vielfalt im Südwesten.

Gerade das sehe ich im Norden von Rheinland-Pfalz ganz anders ! :D Das kann man nicht verallgemeinern und es ist wohl abhängig von der Region !

Im Westerwald konnten wir immer nur die Programme vom Südwestfunk (SWF) empfangen, aber nicht den Süddeutschen Rundfunk (SDR). Mit der Fusion von beiden Anstalten zum Südwestrundfunk gab es im Norden von Rheinlad-Pfalz mit SWR1 und SWR3 auf einmal 2 Popwellen. Also die Qualität der Programme hat sich ganz sicherlich nicht verschlechtert und die Programmanzahl höchstens für die Hörer im Grenzgebiet die sowohl SWF wie SDR empfangen konnten.

Für diese Hörer gibt es heute auch noch 2 unterschiedliche SWR1 Programme mit RP und BW, nur SWR3 ist halt SWR3 und das ist nicht weiter schlimm. Dafür gibt es zusätzliche Angebote wie z.B. die Jugendwelle DASDSING und SWR Info.
 
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Ich weiß, dass Leute, die nur den SWF, aber nicht den SDR kannten (also in Süd-BaWü und in Nord- und West-RLP) über die Fusion bisweilen anders denken als die, die zuvor beide Anstalten nutzten und bisweilen gezielt die "falsche" hörten. Aber trotzdem: Was hat sich denn aus Nord-rheinlandpfälzischer Sicht verbessert? Früher: 1. Welle: Traditionelles Mischprogramm mit Rheinland-Pfalz, und darin (bis 80er) Rheinland-Fenster, 2. Welle: Breites Kulturprogramm, 3. Welle: Vielfältiges Popprogramm. Dann kurzzeitig eine relativ aufwändig produzierte vierte Landeswelle. Heute: Zwei für RLP moderierte populäre Programme (eines schlager-, eines oldielastig), zwei "jüngere" Popprogramme für den ganzen Südwesten, alle vier mit geringem und meist oberflächlichem Wortinhalt, dazu ein breites, wenngleich zu damals modernisiertes Kulturprogramm, und auf DAB noch einen äußerst billig anmutenden Infodudler. Ist das eine Verbesserung? Ach ja, und im Fernsehen eine völlig überdehnte statt früher kompakte Landesschau.
 
Das war ein sog. " Testballon".
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Um die Reaktionen zu testen....! Man wird das Thema weiter bearbeiten und in ca. 10 Jahren kommt es zum Vollzug.
 
Da geriet vermutlich wieder mal eines der vielen internen Strategiepapiere mit fiktiven Planspielen in die falschen Hände, und die klopften gleich bei den Medien an.
 
Dass der WDR oder gar der BR ihre Eigenständigkeit aufgeben, kann ich mir hingegen nicht vorstellen.
Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass WDR 2 das Nachtprogramm von NDR 2 übernimmt, und sich somit der Dudelei aus Hamburg unterordnet. Aber da wurde ich ja eines besseren belehrt. ;)

In 70ern- und 80ern- wurde immer nur eine SDR-SWF-SR-Fusion diskutiert, oder alternativ eine Auflösung des SWF und eine Ausdehnung des SDR auf ganz Baden-Württemberg und des SR auf Rheinland-Pfalz.
Das wäre auch viel logischer gewesen als der jetzige Zustand.
 
Wie bitte ? Radio Bremen ist die älteste ARD-Anstalt !

Was darf man unter "gehörte das auch schon zu Hamburg" verstehen, Bremen als amerikanisches Besatzungsgebiet, war nie Teil des (britischen) NWDR. Oder spielst du auf die NORAG und deren Sender Bremen an, dessen Rechtsnachfolge Radio Bremen ist. Aufgrund der Beteiligung bremischer Kaufleute kann von "gehörte (...) zu Hamburg" allerdings keine Rede sein.

@UKWler : Genau auf die NORAG spiele ich an. Meines Wissens war Bremen seiner Zeit (Weimarer Republik und Drittes Reich) "nur" (man beachte die Anführungszeichen) ein Nebensender zu Hamburg. siehe auch : http://www.radiobremen.de/unternehmen/chronik/norag102.html

und

https://de.wikipedia.org/wiki/Nordische_Rundfunk_AG
 
Eigenständigkeit des Hessischen Rundfunks stand bis zu den 90ern nie zur Debatte. Das steht im übrigen auch genauso in dem von Dir verlinkten Artikel

Genau das meinte ich aber: Als es dann Mitte der 1990er Jahre wieder um die Fusion zwischen SDR und SWF ging waren seinerzeit mehrere Optionen im Gespräch. Siehe beigefügter Artikel aus dem SDR-Magazin

Sofern gewünscht scanne ich diese Artikel gerne erneut ein um sicher zu stellen, dass der Text auch vollständig lesbar ist.

SDR-Magazin-Nov. 1995-Fusion 002.jpg
 
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