Wir driften etwas ab.
Eine ähnliche Entwicklung ist auch in anderen Bereichen feststellbar. Der ALDI bei mir um die Ecke wird - mit Ausnahme der Filialleiterin, die schätzungsweise Mitte, Ende 40 ist - nur von Azubis gestemmt. Ob diese armen Jungs und Mädels auch in 10 Jahren (mit Mitte 30) noch einen gescheiten Job bei ALDI kriegen, ist freilich eine andere Frage. Immerhin stehen dann die nächsten Azubis auf der Matte, die sich für einen Hungerlohn verheizen lassen.
Mich besorgt die allgemeine Entwicklung, die die Radiosender in Deutschland in den vergangenen 15 Jahren mitgemacht haben. Die zunehmende Amerikanisierung hat nach meiner Beobachtung zu einer Verflachung und Angleichung untereinander geführt. Ob Privat oder ÖR, ist oftmals kaum noch zu erkennen. Überall dieselbe langweilige Musik, Majer Promos und Gewinnspiele (möglichst anspruchslos, wie uns Frau Weber ja sehr eindrucksvoll beschrieben hat). Die Hörerzahlen gleichen sich immer weiter an, alles klingt irgendwie gleich. Dann kriegen die Programmdirektoren Schnappatmung, weil sie feststellen, dass die jungen Leute kaum noch oder gar kein Radio mehr hören. Oder aber sie stellen in ihren Researches fest, dass die Leute kein "Gelaber" hören wollen. Anstatt aber anständiges Programm zu machen, wird dann alles NOCH flacher: NOCH engere Rotationen, NOCH kürzere Wortbeiträge. Und damit die Wiedererkennbar künstlich wieder hergestellt wird (denn die gibt es ja auch nicht mehr, weil ja alles gleich klingt), werden die MOderatoren gezwungen, jede Moderation mit Sendernahmen und Claim einzuleiten. Individualismus ist verpönt, alles soll zu jeder Zeit gleich klingen. Gleich langweilig nämlich. Mit dem Ergebnis, dass das Radio zunehmend verflacht und Leute mit etwas Grips im Kopf lieber Zeitungen lesen und den iPod oder vielleicht noch CD-Player und Plattenspieler bemühen. Das Radio macht sich doch selbst kaputt!
Wenn dann die wenigen motivierten jungen Leute, die trotz der Misere noch anständiges Radio machen wollen, vergrault werden mit Begründungen wie "Ich würde Sie ja gerne nehmen, aber ich muss gerade 25% rauswerfen, weil wir nämlich keine Hörer mehr haben, weil wir sie durch jahrelange Verblödung weggeekelt haben", dann geht mir der Hut hoch. In mir keimt noch ein Funke idealistischer Resthoffnung. Und solange dies der Fall ist, werde ich weiter Bewerbungen schreiben und alles dafür tun, eines Tages selbst in eine Position zu gelangen, in der ich die Möglichkeit habe, Moderatoren wieder Moderatoren sein zu lassen und zu beweisen, dass es ohne Hot-Rotation, Claims und Major Promos und ohne diesen ganzen Amerikanisierungskäse auch geht.