Also ich bekenne mich: Ich finde Radio von heute ziemlichen Mist und schalte trotzdem ein. Ich zappe herum. Ich höre dies und das. Ich rege mich über Flachfunk auf. Ich rege mich über nervige Trailer auf. Ich rege mich über geschwätzige Moderatoren auf. Ich rege mich über alles auf, was man besser machen könnte. Ich freue mich über Perlen. Ich freue mich über musikalische Überraschungen. Ich freue mich über gut gemachte Reportagen, über solide Nachrichten, über schöne Stimmen, wenn sie was zu sagen haben.
Also ein Kriterium erfüllt Radio der Gegenwart bei mir immer noch: es emotionalisiert.
Ich habe lange genug (13 Jahre) Radio in verantwortlicher Position gemacht, um beurteilen zu können, welche Chancen und Möglichkeiten es aus Dummheit, Ignoranz und Geldgier liegen lässt. Das emotionalisiert! Ich habe mehr als ein Dutzend Volontäre ausgebildet, die es alle in Funk und Fernsehen zu etwas gebracht haben und auf die ich stolz bin, wenn ich sie höre oder sehe. Das emotionalisiert!
Ich habe zahlreiche Flaschen und Pfeifen kennengelernt, die es irgendwie auch zu etwas gebracht haben. Das emotionalisiert!
Ich habe den Glauben und die Hoffnung noch immer nicht aufgegeben, dass eines Tages einer kommt und aus dem Medium alles das herauskitzelt, was in ihm steckt. Und das ist sicher mehr als Grillparty und Wochenendwetter.
Die Diskussionen in diesem Forum zeigen mir, dass ich mit dieser Hoffnung nicht alleine stehe. Die Gegenstimmen, hämisch, besserwisserisch, von oben herab, schulterzuckend oder siegesgewiss, egal wie, zeigen mir, dass das Argumentieren Wirkung zeigt, sonst käme das schlechte Gewissen nicht aus seiner Deckung. Die Art und Weise der Diskussionen belegt allerdings, dass gelackte Borniertheit ein Faktor ist, mit dem man immer rechnen muss. Aber auch das emotionalisiert.
Fazit: Radio emotionalisiert (Gott sei Dank immer noch). Drum: Lasst es uns weiter austragen. Wer die Diskussion nicht aushält, der kann sich gerne verabschieden.